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Full text of "Aus Dem Grossen Verhor Uber Die Erloschung Mahaparinibbanasuttam Des Pali-kanons Ubersetzt"

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DIE LETZTEN TAGE 
GOTAMO BUDDHOS 




DIE LETZTEN 
TAGE GOTAMO 

BUDDHOS 

\US DKM GROSSEN VERHÖR ÜBER 
DIE ERLÖSCHUNG MAHÄPARTNIRBÄNA- 
SUTTAM DES PÄI.I-KANONS fJBERSETZT VON 

KARL EUGEN NEUMANN 


/ WE ITE AU F LAG E 


ALLE RECHTE VORBEHALTEN 


ZWEITES BIS ELFTES TAUSEND 


R. PIPER A CO. • G. M. B. H. • MÜNCHEN 



VORBEMERKUNG 


Der eben erschienenen dritten Auflage der Mitt- 
leren Sammlung der Reden Euddhos folgt hier in 
gleiqhem Gewände ein weiterer Band der geplanten 
Gesamtausgabe der Werke Karl Eugen Neumanns : als 
Ergänzung zu den Reden des Meisters, die Erzählung 
von seinen Letzten Tagen. Noch vor dem Erscheinen 
des zweiten Teiles der Längeren Sammlung, der 
den Bericht enthält, veröffentlichte Karl Eugen 
Neumann seine Übertragung dieses Hauptstückes ge- 
sondert; auch insofern der Bedeutung dieser einzig- 
artigen Urkunde Rechnung tragend. Denn keiner 
der zahlreichen Texte der Mittleren Sammlung, oder 
sie alle zusammen nicht, geben auch nur annähernd 
ausführlich Kunde vom Leben des Meisters wie eben 
jene i6. Rede der Längeren Sammlung, das Maliä- 
parinibbänasuttam oder Große Verhör über die Er- 
löschung. Sonst beschränken sich die Reden meist 
auf den kargen Vermerk, dass der Erhabene zu der 
und der Zeit bei Sävatthi oder Räjagaham geweilt 


VTT 



liabts als er diese oder jene Unterweisung gegeben. 
Und selten nur greift auch der Meister Ereignisse ans 
der Erinnerung heraus und erzählt von den Anfängen 
seinerPilgerschaft,wiein der4., der 12., 14., 19., 26., 
56. und 85. Rede der Mittleren Sammlung, oder vom 
Leben, das er vorher geführt habe, wie in der 75. Rede. 
Im Gegensatzhioizu,undimGegensatzzur Indifferenz, 
mit der die alten Inder allem bloß Zeitlichen begeg- 
neten, um desto besser das ewig Geltende aufzube- 
wahren, steht die Genauigkeit und Ausführlichkeit, 
mit der dann in diesem Päli-Text über die Letzten 
Tage Gotamo Buddhos berichtet wird. 

Die Pilgerschaft des Meisters neigt sich dem Ende 
zu. Als Achtzigjähriger noch immer von Ort zu Ort 
wandernd, ermahnt er die Jünger tapfer auszuharren ; 
in der Übung der Tugenden, die das Heil der Ver- 
tiefung, der Weisheit und schließlich die Freiheit 
bringen, nie zu erlahmen, 

»Denn Übung kann beinah Naturgepräg verändern, 
Entweder zähmt sie, oder sie verstößt 
Den Satan wundermächtig.« 

Gotamo hat als vollendeter Meister auch hierüber 
Gewissheit gefunden. Und so kommen sie ihm auch 


VIII 



auf seinen letzten Wanderungen, inmitten von be- 
wegtem und wmndersamem Geschehen, von überall 
entgegen, die Anhänger aus den verschiedensten 
Ständen, wie königliche Minister, Hausväter, eine 
Tänzerin, junge Prinzen, Handwerker, Pilger: sie 
alle werden noch vom Meister belehrt und erhei- 
tert, und nachdem er den Jüngern — in tristitia 
hilaris — die letzten Unterweisungen erteilt hat, 
scheidet er in ihrem Kreise Maren Bewusstseins, in 
Schauung eingegangen, und aus ihr emporge- 
kommen ganz unmittelbar verlöschend. 

Dieses großartige Gemälde, voll von Anmut, Kraft 
und Farbigkeit, erschließt sich nicht gleich dem Be- 
schauer, und schon gar nicht dem eiligen. Wie bei 
den Reden utid jedem echten Kunstwerk, denn zu 
einem solchen ist der schlichte Pali-Text geworden, 
ist Versenkung nötig, um es ganz zu erfassen. Mehr 
noch ist freilich vonnöten zur Beherzigung der Lehren, 
die nicht nur damaligen Hörern gegolten haben, 
sondern immer und immer den Menschen ein Führer 
sein können, wahrer Faden der Ariadne, sofern sie 
nämlich leiden, und unwissend, oder mit aller ver- 
meintlichen Weisheit ihren Lab^nrinthen nicht zu 
entrinnen vermögen. 


IX 



Der innere Adel des Berichtes findet seinen adä- 
quaten Ausdruck in einer Sprache von wunderbarem 
Klange, und der gleiche Zauber, ‘heilig nüchtern’, 
lebt in der Nachschöpfung Karl Eugen Neumanns 
weiter, zu dessen letzten Meisterwerken diese Über- 
tragung zählt. 

Es wäre noch zu erwahncni, dass der Wortlaut der 
vorliegenden Ausgabe dem zweiten Bande der Län- 
geren Sammlung entnommen ist, der, ein Jahr spater 
als der Sonderdruck der ersten Auflage der »Letzten 
Tage« erschienen, gleichfalls die Übertragung des 
großen Berichtes über die Erlöschung enthält, nur 
dort noch in einigen Punkten verbessert. Der ersten 
Ausgabe waren Bilder beigegeben, Ansichten der in 
der Rede erwähnten historischen Stätten, die nun- 
mehr, bei dem verringerten Format, allzu klein ausge- 
fallen wären. Ein Teil der Anmerkungen, und zwar 
der vorwiegend philologischen, ist entfallen, weil die 
jetzt in Vorbereitung befindliche vollständigeTaschen- 
ausgabe der Längeren Sammlung ohnehin auch alle 
Anmerkungen zur 1 6. Rede ungekürzt bringen wird. 
Diese Ausgabe wird auch den bisher ungedruckten 
Nachlass, die Anmerkungen zum dritten Band enthal- 
tend, umfassen. Vorangehn werden die Neuausgaben 


X 



der Lieder der Mönche und Nonnen und der Samm- 
lung der Bruchstücke der Reden, womit dann das 
Werk Karl Eugen Neumanns einheitlich erschlossen 
vorliegen wird. 

Wien, im Herbst 1922. 

E. IL 




VORREDE 


Der Bericht über die letzten Tage des Meisters 
ist das dritte Stück im zweiten Bande der liängeren 
Sammlung der Reden Gotamo Buddhos. Durch 
wohlerfahrene Jünger sorgsam überliefert führt er 
uns alsbald in jene große klassische Zeit zurück, 
ln schlichten Zügen erstehn die Orte, Personen, 
Geschehnisse wieder vor unserem Blicke, so anschau- 
lich und acht, wie sie nur der Aiagen- und Ohren- 
zeuge darstellen konnte. Da empfängt man denn oft 
den Eindruck, als ob man sich unmittelbar in einer 
gewaltigen Gegenwart befände, weil unserem Sinn 
und Verstand doch noch gar manches Bedeutende 
und Schöne naheliegt, uns menschlich verwandt 
sogleich anspricht, so fremdartig, herb und seltsam 
auch sonst die Umrisse der Orte, die Sitten der 
Zeiten, das Betragen der Personen, der Verlauf der 
Ereignisse in der längst entschwundenen, uns sehr 
fernen Vergangenheit vom Alltäglich gewohnten ab- 
weichen. 


xm 



Der liohe Werth dieser Urkunde war in Indien 
verhültnissmäßig früh erkannt. Es müssen wohl die 
Begebenheiten der letzten Tage des Meisters aucli 
den weiteren Volkskreisen vertrant geworden sein. 
Denn es sind uns auf den noch vorhandenen Resten 
der Bauten und Steindenkmale der folgenden Zeiten 
die einzelnen Szenen des abschließenden Lebens in 
ungemein zahlreichen Bildern erhalten, auf den 
uncndlicli vielen, freilich meist minderwerthigen, 
zuweilen aber in künstlei'ischer Vollendung ausge- 
führten Skulpturen jener verschütteten Ruinen, mit 
denen von Afghanistan an nach Süden und nach 
Osten das indische Festland weithin übersät ist, oft 
alsogleich sichtbar, öfter noch in geringerer oder 
tieferer Erd- und (jeröllschicht verborgen. Wäh- 
rend diese Kunst nun auf indische;m Boden längst 
in Trümmer versunken und verschollen war, sind 
die Anliänger und Verbreiter des Ordens über die 
Gränzen nach Hochasien und Tibet bis nach China 
vorgedrungen. Überall dort ist dann das große Erbe 
freudig angetreten und landesthümlich verwerthet 
und ausgestaltet worden. Schon die äußeren, grob 
sichtbaren Umstände zeigen also an, wie weit die 
Wirkung unserer alten Urkunde sich erstreckt ha|. 


XIV 



Daraus ergiebt sich schon hier, dass mau bestrebt 
gewesen sein musste den Text an sich richtig weite r- 
zuüberliefern : ein Unternehmen, das bei fremden, 
zwar recht kultivierten, doch nacli indischem Maaße 
barbarischen \ ölkern fast unübersteiglicben Schwie- 
rigkeiten und Hindernissen begegnete. Ein beispiel- 
loser l^rfolg aber krönte das Wagniss. (.sonia Körösi 
hat uns von dieser mächtigen Wendung der Ereig- 
nisse, und wie die Erben des Sakyers nach und nacli 
flen halben hirdkreis eroberten, einen sehr guten 
Bericht aus der Einleitung zur hundertbändigen 
Vusgabe des Käh-gyur erstattet, der ebenso knapp 
als zutreffend besagt: die Lehre sei von Indien all- 
malig überallhin in die Runde ausgegangen, in das 
Sanskrit, lÜbetische, (Chinesische, weiter sodann in 
noch manche gangbare Desi oder dialektische Mund- 
art und »allerhand Sprachen der Mlecchäs« über- 
tragen und als Ganzes je einzeln bewahrt worden. 
Und so ist es ohne Zweifel geschehn. Vorzüglich 
sind es die tibetischen und chinesischen Forscher 
und Übersetzer gewesen, die da in Gemeinschaft 
mit den indischen Sendboten in kurzer Zeit ihren 
Ländern einen buddhistischen Kanon geschaffen 
und eine unermessliche Fülle neuen geistigen Reich- 


XV 



thums sich erworben haben. Dies konnte, nördlich 
vom Ganges, nur insofern gelingen, als die Inder 
mit den vollendeten Werkzeugen ihrer Sprache und 
Kultur das fremde, rothwälsche Wortgut erst wie 
eine Glockenspeise einschmolzen, um es sodann in 
herrlich neu funkelnden Gebilden wiedererstehn zu 
lassen. Bei diesen so zustande gebrachten Schöpfun- 
gen musste ach, vieles wohl oder übel eine Färbung 
nach der Landesart annehmen, mochten Gehalt und 
Gestalt auch ehrlich indisch bleiben ; die eigen- 
artig glitzernden Griffe und Henkel der bodenstän- 
digen Kultur und ihrer Sagen durften nicht fehlen, 
um dem Volke zunächst als Handhabe dienen zu 
können. 

Von solchen fremdartigen Stoffen und Zuthaten 
ist nun unser im Süden, von Magadhä her, gar treu 
überlieferte Text ziemlich frei. Die Geschichte 
seiner Entstehung ist sehr einfach. Nach dem Tode 
des Meisters haben die Jünger auch noch die letzten 
Reden und Ereignisse nach altbewährter vedischer 
Methode ihrem Gedächtnisse fugenartig eingeprägt, 
wie sie ja schon vorher die Meisterreden ganz ebenso 
von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr rein bewahrt 
imd erhalten hatten, indem bei den regelmäßigen 


XVI 



Zusammenkünften vor und nach der Regenzeit, und 
wo sich außerdem wandernde Jünger aus den vier 
Weltgegenden trafen, eben immer ein jeder berich- 
tete, was er selbst auf seiner mehr oder minder län- 
geren Wanderschaft mit dem Meister von Angesicht 
gehört, von Angesicht vernommen hatte. Daher be- 
ginnt eine jede der uns also überlieferten Reden mit 
den Worten: Das hab’ ich gehört, wobei der Nach- 
druck auf dem Ich liegt: andere haben das gehört, 
ich habe das gehört. Auf diese Weise ist die urn- 
1 assende Sammlung der Reden Gotamo Buddhos 
nach und nach zustande gekommen, unverkennbar 
ächt gezeichnet mit dem Stämpel seines Geistes. 
Wesentlich erleichtert wutrde diese Art der Über- 
lieferung durch das Mittel des damals eben kulmi- 
nierenden l^äli, der beliebten Umgangsprache, die, 
den unerschöpflichen Gehalt, Reichthum und 
Wohlklang des Sanskrit noch um neue jugend- 
kräftige Ausdrucksmöglichkeiten vermehrend, zu 
einer klaren lebendigen Quelle täglicher Mitthei- 
lung geworden war : einer wunderbar reinen lingua 
franca, die sich au Feinheit der Form am besten 
dem Foskaner Dialekt des Trecento im Verhältniss 
zum Latein vergleichen lässt. 


II l.T 


XVII 



Nachdem Golamo selbst, mit seinen Jüngern ein 
halbes Jahrhundert hindurch in ganz Mittelindien 
immer von Ort zu Ort wandernd, nur während der 
drei Monate der Regenzeit seßhaft und einsam 
zurückgezogen, allenthalben schon als der beste 
Künder und Verkünder erschienen war, pflegten 
nun die Mönche nach dem Verscheiden des Meisters 
bald noch in weitere Fernen hinauszuziehen. Sie 
waren ja Bürger der vier Weltgegenden, wie der be- 
schwingte Vogel nur mit der Last seiner Federn 
dahinfliegt, hatten sie nur mit (jewand und Al- 
mosenschaale beschwert weiterzu pilgern. So wirkten 
sie geistiges Werk durch Beispiel und Wort. Aber 
^ach Jahren und Jahrzehnten, nach einem Jahr- 
hundert und darüber begann die lebendig fließende 
Sprache allmälig zu vertrocknen, auch sie natürlich 
wie alles dem Wandel und Verfall unterworfen. Da 
hatten denn die Nachfolger von nun an Silbe um 
Silbe, Wort um Wort der Satzung in erstarrter (je- 
stalt, in der absterbenden und endlich todten Sprache 
weiterzuüberliefern. So musste freilich in Indien wie 
außerhalb Indiens der ursprünglich rein asketische 
Orden mehr und mehr in gelehrte Schulen ausarten. 
Gerade diesem Umstande verdanken wir aber den so 


XVIII 



erstaunlich getreu erhaltenen alten Text, der alsbald 
auf Stein, Metall, Holz, zumeist aber auf Palmblatt- 
karton dauernd fixiert wurde. 

Während in den folgenden Jahrhunderten wilde 
Barbarenstürme über Indien dahinfegten, die erst 
mit der englischen Herrschaft völlig beschwichtigt 
wurden, Stürme, die fast die ganze alte Kultur wie 
Spreu durcheinanderwirbelten, hatten jene alten Päli- 
lexte im Süden und Osten einen sicheren Hort gefun- 
den. Bei den fremden Völkerschaften in Zeilon,Barma 
und Siam herzlich willkommen geheißen, haben die 
indischen, nunmehr hochgelehrten Sendboten ein- 
heimische Meister herangebildet und Musterschulen 
philologischer Forschung geschaffen, unseren Text 
von Generation zu Generation schlechthin automa- 
tisch übertragen : eine Kunst und Arbeit, bei der jene 
Doktoren außerhalb Indiens peinlich saubere Selbst- 
zucht und Selbstverleugnung bewähren mussten, 
wenn das feinste Filigrangewebe vergangener Jahr- 
hunderte überhaupt noch Bestand haben konnte. 

Um die Reden herum hatte sich im Laufe der 
Zeiten schon von Indien her ein mythischer Rah- 
men, ein Sagenkreis gebildet, dessen Stäbe und 
Klammern aus der vedischen Kultur herstammten. 


II* 


XIX 



Waren auch die Reden selbst unverziert und un- 
ausgeschmückt überliefert worden, der Rahmen 
musste eine derbere Handhabe bieten, musste auf 
viele Generationen Vorhalten. Diesem technisch öko- 
nomischen Zwecke kamen nun die Anschauungen 
und Sagen der großen heroischen Vorzeit trefflich 
zustatten. Schon Gotamo hatte ja gelegentlich auf 
die Ansichten und Vorstellungen dervedischen Seher 
gern Bezug genommen, an sie angeknüpft, davon 
ausgehend seine eigene Anschauung entwickelt. Die 
Ordner der Texte haben nun den Kranz und Rahmen 
jeweilen entsprechend verwerthet, meist mit glück- 
lichem Gelingen, dem Geiste der Darstellung an- 
gemessen. Selten nur kommt es vor, dass ein Riss 
oder eine Schramme hemmt oder stört. Dieser äuße- 
ren Fassung darf natürlich keine überragende Wich- 
tigkeit zuerkannt werden. Die Botschaft und Person 
Gotamos kann aus dem Kreise und Rahmen der 
Sagen wohl verklärt angedeutet, aber nie richtig er- 
schlossen werden. So nennt sich beiläufig einmal 
Gotamo zum Sonnenstamme gehörig: und in der 
That hatte das fürstliche Geschlecht der Sakyer unter 
manchen anderen Beinamen auch diesen, nämlich : 
sonnen verwandt, ein Titel, der den Sakyern als ge- 


XX 



rühmten Abkotnmen der Okkäkiden und Raghuiden 
mit anderen Herrscherstämmen gemeinsam zukam 
und der in die vedische Urzeit hinaufreicht. Einer 
solchen Angabe aber etwa entnehmen wollen, (to- 
tamo selbst habe nie gelebt, er sei ein Symbol dei* 
Sonne usw., ist genau so zutreffend wie der Nach weis 
jenes witzigen Franzosen, dass Napoleon nie gelebt 
habe, ein Anagramm oder Kr}'ptogramm für Apollon 
sei, von Leto, das ist Letizia geboren, zwölf Marschälle 
gehabt habe, das sind die zwölf Zeichen des Thier- 
kreises, mit dem Namen Buonaparte natürlich den 
guten Theil, das Reich des Lichts personifizieren 
sollte usw. Wie das nun bei diesem Welteroberer alles 
überraschend gut zutrifft, treffen atich bei unserem 
Weiterleuchter ganz analoge Angaben prächtig 
zu, bis herab zu dem von einem holländischen 
Astrophilologen genau berechneten Horoskop, dass 
(iotamos Sohn Rähulo nicht etwa im Hinblick 
auf den Ahnherrn Raghus so genannt wurde, viel- 
mehr das Produkt von Sonne und Fjrde, das ist eine 
Mondesfinsterniss war: gleichwie Napoleons Sohn 
als Horos, das Produkt von Isis und Osiris, ausge- 
rechnet wurde. Es lässt sich in dergleichen Dingen, 
wenn man will und sie nur etwas geistvoll behan- 



delt, eine gewisse prastabilierte Harmonie eines Ge- 
waltigen mit der Natur entdecken : aber der nüch- 
terne Forscher, versteht sich, kann von solchen 
Zügen nicht irregeleitet werden. 

Nach Europa ist ein einigermaaßen verlässlicher 
Bericht über die Grundgedanken Gotamos zuerst 
durch Spence Hardy gedrungen. Dieser Mann war 
ein tüchtiger wesleyanischer Missionar, seit 1825 
auf Zeilon, der nach zwanzigjährigem täglichen 
Umgang mit sinhalesischen Priestern uns die erste 
eigentliche Bekanntschaft mit dem Buddhismus 
vermittelt hat. Ohne Kenntniss des Päli, nur aus 
den volksthümlichen Quellen schöpfend, konnte er 
gleichwohl drei vortrefflich unterrichtende Werke 
herausgeben, von denen das erste, der 1850 in 
London erschienene Band Eastern Monachism mit 
seiner lebendigen, unmittelbar anschaulichen und 
zugleich tief wurzelnden Darstellung bleibenden 
Werth hat. Nebenbei sei hier bemerkt, dass Schopen- 
hauer, wenige Jahre vor seinem Tode, die Bedeu- 
tung solcher Quellen natürlich sofort erkannt hatte : 
es war ja das Beste gewesen was er, schon am Ende 
seiner Laufbahn, von jenen Lehren je hatte erfaÜren 
können. Denn was vor Spence Hardy bekannt ge- 


XXII 



worden war, mochte immerhin gar viel des Guten 
bieten, zumal in den Veröffentlichungen des fein- 
sinnigen Burnouf, und zwei Jahrzehnte früher in 
den Abhandlungen des Petersburger Akademikers 
Isaak Jakob Schmidt, deren Forschungen vorwie- 
gend der späten nördlichen Iradition nachzuschür- 
fen hatten : aber der antike 'Forso war vor lauter 
grotteskem Schutt und Geröll kaum wahrzunehmen. 
Tiefer schauende Geister konnten freilich auch hier 
mit ihrem Scharfblicke durchdringen und die edlen 
Umrisse schon deutlich sehn. Aus eben diesen letz- 
teren Arbeiten und dem verwandten Buche Köppens 
hatte sich um 1858 Richard Wagner eine bewun- 
dernswerthe Kenntniss erworben. »Ja«, sagte er, da- 
mals noch unverhutzelt, zur Wesendonk, »das ist eine 
Weltansicht, gegen die wohl jedes andere Dogma 
kleinlich und bornirt erscheinen muss! Der Philo- 
soph mit seinem weitesten Denken, der Naturforscher 
mit seinen ausgedehntesten Resultaten, der Künstler 
mit seinen ausschweifendsten Phantasien, der Mensch 
— mit dem weitesten Herzen für Alles Athmende und 
I_.eidende, finden in ihm, diesem wunderbaren, ganz 
unvergleichlichen Weltmythos alle die unbeengteste 
Statt.« Und zwar schrieb er dies, nachdem er nicht 


XXIII 



lange vorher bekannt hatte, wie unerquicklich und 
widerwärtig es ihm geworden war, sich durch den 
ganzen breiten Wust ungeschlachter Darstellungen 
und Fratzen hindurchzuarbeiten : »Den Cakya-Sohn, 
den Buddha, mir rein zu erhalten, ist mir, trotz der 
chinesischen Karikatur, aber doch gelungen«, spricht 
er dann am Schlüsse naiv aus. — .lene Zerrbilder zu 
bevorzugen ist neuerlich gelehrte Mode geworden : 
aber das ist eine Welle, die bald vorüber sein wird. 

In fremden J äindern, bei mongolischen Stämmen 
und bei den näher benachbarten dravidischen und 
indonesischen Völkerschaften, den arischen Typus 
rein zu bewahren war allerdings schwer, sehr 
schwer. VjS ist eben auch nur der schier übermensch- 
lichen Mühe jener alten Gilde von Wortbehütern 
zu verdanken, dass die sprechenden Urkunden, 
vornehmlich im Süden, heute nocli unverkümmert 
bestehn. Zeiloii hat diesen Schatz emsig gehegt, 
emsiger noch Barma und Siam. Die Ausgabe des 
buddhistischen Kanons, die unter der Regierung des 
kürzlich verstorbenen Königs Cülälankarn 1 894 voll- 
endet wurde, erweist sich bei kritischer Vergleichung 
und Prüfungimmermehr und mehr als jeneUrquellc^ 
der Überlieferung, aus welcher der wohlausge* 


XXIV 



rüstete europäische Philologe sein Wissen und Ver- 
ständniss zu schöpfen hat. Die Lesarten dieser siame- 
sischen Ausgabe bewähren sich nach Anlegung aller 
kritischen Sonden, nach Verwerthung des kompli- 
zierten archäologischen Apparats in der Regel durch- 
gängig als der besser bestätigte, ja zuweilen, durch 
epigraphisches Material gestützt, als der sichere 
klassische Text, Silbe für Silbe, Satz um Satz. Jeder 
Vergleich, wo immer man ansetzen mag, zeigt dies 
sehr bald ; so insbesondere auch hier, bei unserem 
Text, im Großen Verhör über die Erlöschung. So 
hoch verdienstvoll auch seiner Zeit die erste euro- 
päische Textausgabe war, die der unvergessliche 
Childers auf Grundlage der sinhalesischen Hand- 
schriften vor etwa vierzig Jahren musterhaft vor- 
bereitet und zustande gebracht hat, kann man 
dieselbe, von späteren zu geschweigen, heute ebenso- 
wenig mehr ernstlich benützen, als wie etwa eine 
aldinischellomer-Ausgabe: ein so großes, ein so un- 
geheueres Stück Weges haben uns die Wortbewahrer 
und Wortbehüter am Gestade des Menam vorwärts- 
gebracht. 

An neueren Übersetzungen unseres Textes hat 
es bisher keineswegs gemangelt. Bruchstücke davon 


m LT 


XXV 



giebt Oldenberg, ȧuddha^^, 5. Auflage Stuttgart 
1906, Pischel, »Leben und Lehre des Buddha«, 
Leipzig 1906, Windisch in der Studie »Mära und 
Buddha«, I.eipzig 1895, Warren in der Sammlung 
»Buddhism in Translations«, Cambridge, Mass., 
1896, ferner hat Kern das ganze Stück im »Buddhis- 
mus«, Leipzig 1882 — 1884, mehr oder weniger 
vollständig bearbeitet, viel genauer und sorgfältiger 
für seine Zeit aber Turnour vor schon über siebzig 
Jahren im Journal of the Asiatic Society of Bengal, 
Kalkutta 1838, und neuerdings hat noch Fleet im 
Journal of the Royal Asiatic Society, London 1906 
bis 1909 das letzte Kapitel ungemein eingehend 
untersucht, behandelt und zumeist übersetzt. Als 
erster Versuch einer unverküi*zten Wiedergabe ist 
die Arbeit von Rhys Davids zu nennen, »The Book 
of the Great Decease«, Sacred Books of the East 
vol. XI Oxford 1881, jetzt im Verein mit Mrs. Rhys 
Davids wiederum erschienen in den »Dialogues of 
the Buddha«, Part II, London 1910. Endlich ist 
noch anzuführen Dutoit, »Das Leben des Buddha«, 
Leipzig 1906, und Samarasekera mit seiner »Singha- 
lese Translation«, Buddhist Pali Texts, Kolombo 
2448 (= 1905), zwei Übersetzer, die ebenso wie 


XXVI 



die beiden Rhys Davids schon das Ganze befassen. 
Alle diese sehr schätzenswerthen Arbeiten haben 
freilich das w^ichtige, reiche archäologische Material 
gar nicht benutzt, in keiner Weise zum philologi- 
schen Verständnisse herangezogen, beruhen aus- 
schließlich auf dem sinhalesischen l'ext und auf 
seinen Kommentaren. Diese letzteren nun, statt das 
^ erständniss zu fördern, lenken weit davon ab, auf 
(»des versandetes Gebiet, wo nur mehr das Unkraut 
des verkrüppelten Wortkrams üppig gedeiht. Nach 
längerem Studium der Kommentare an Ort und Stelle 
in freundlichem Verkehr mit den gelehrten Mön- 
chen der Insel habe ich mich bereits vor Jahren von 
dieser betrübenden Thatsache überzeugen lassen und 
mit ihr abfind en müssen. Aus solchen Kommentaren 
einer tausend und mehr Jahre späteren Zeit ist ge- 
wiss allerhand VortrefQichcs zu lernen, nur kein 
Einblick in die alten Urkunden. Diese müssen in 
sich selbst zur Sprache gebracht werden, und zwar 
durch eine vollkommen umfassende, Wort um Wort 
ab wägende und vergleichende Analyse, der die 
vSynthese zu folgen hat ; zugleich aber müssen die 
Quellen der vereinigten indischen Philologie und 
Alterthumskunde unversieglich fließen, zur rich- 


XXVII 



tigen Wiederbelebung verwendet werden, aus den 
Schaehten und Vorräthen der einzelnen Disziplinen : 
sonst bleibt es bei dürrer verstaubter Scholastik. 
UnserTextist ja ein organischer Theil der Gesammt- 
kviltur Indiens: nach allen Richtungen laufen die 
Röhren, Adern, Äderchen, Netzenden aus, die das 
Kleinste und Feinste wie auch das Grobe und Große 
mit einander im Zusammenhänge halten. Was wir 
brauchen ist also ein verlässlicher Atlas, oder besser 
ein, so zu sagen, anatomischer und physiologischer 
Kommentar. Und der kann gewiss nicht aus einem 
isolierten Text, oder aus einer Textgruppe, nicht 
einmal aus dem ganzen Kanon und seinen Kommen- 
taren und Superkommentaren zusammengestellt 
werden ; der kann nur mit Geduld, Fleiß und Aus- 
dauer, bei großer Muße und immer zunehmender 
Fach- und Sachkenntniss auch jenseit der grünen 
I.arnpe, durch vereinte Kräfte vielleicht einmal ge- 
schaffen werden. 

V^ien, 1. März 1911. 


Karl Eugen Neumann. 



ZUR ERLÖSCHUNG 


D as HAB’ ICH GEHÖRT. ZU EINER 
Zeit weilte der Erhabene bei Räjaga- 
ham, am Geierkulm, im Gebirge. 
Um diese Zeit nun war der König von Ma- 
gadhä, Ajätasattu, der Sohn der Videherin, 
Willens die Vajjiner zu bekriegen. Er hatte 
gesagt: »Ich werde diese Vajjiner, die so mäch- 
tigen, so gewaltigen, ausrotten, werde die 
Vajjiner vertilgen, werde die Vajjiner vom Bo- 
den verschwinden lassen, die Vajjiner !« Da 
gab denn der König von Magadhä, Ajätasattu, 
der Sohn der Videherin,Vassakäro dem Priester, 
dem Mägadher Marschall, den Auftrag : 
»Komme du, Priester, und geh’ zum Er- 


1 LT 


1 



habenen hin und bring’ dem Erhabenen zu 
Füßen meinen Gruß dar und erkundige dich in 
meinem Namen nach Gesundheit undFrischej 
Munterkeit, Stärke und Wohlbefinden: >Der 
König<, sage, >o Herr, von Magadhä, Ajäta- 
sattu, der Sohn der Videherin, bringt dem 
Erhabenen zu Füßen Gruß dar und lässt Ge- 
sundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und 
Wohlbefinden wünschen<^ und füge hinzu: 
>Der König, o Herr, von Magadhä, Ajätasattu, 
der Sohn der Videherin, ist Willens die Vajjiner 
zu bekriegen. Er hat gesagt : ^Ich werde diese 
Vajjiner, die so mächtigen, so gewaltigen, aus- 
rotten, werde die Vajjiner vertilgen, werde die 
Vajjiner vom Boden verschwinden lassen, die 
Vajjiner !’< Wie aber der Erhabene dir antwor- 
ten wird, das merke dir gut und melde mir. 
Denn die Vollendeten reden nicht unvoll- 
kommen.« 

»Jawohl, Herr!« sagte da Vassakäro der 
Priester, der Mägadher Marschall, gehorsam 


2 



zum König von Magadhä, Ajälasattu^ dem 
Sohn der Videherin. Dann ließ er prächtige 
Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen 
und fuhr, gefolgt von manchen anderen, von 
Räjagaham hinaus, nach dem Geierkulm im 
Gebirge, da fuhr er hin. So weit gekommen 
als man fahren konnte, stieg er vom Wagen 
ab und schritt dann zu Fuße dorthin, wo der 
Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er 
den Erhabenen höflich, tauschte freundliche, 
denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und 
setzte sich beiseite nieder. Beiseite sitzend 
sprach nun Vassakäro der Priester, der Mä- 
gadher Marschall, zum Erhabenen also: 

»Der König, o Gotamo, von Magadhä, Ajä- 
tasattu, der Sohn der Videherin, bringt Herrn 
Gotamo zu Füßen Gruß dar und lässt Gesund- 
heit und Frische, Munterkeit, Stärke und 
Wohlbefinden wünschen ^ und er lässt sagen: 
der König, o Gotamo, von Magadhä, Ajätasattu, 
der Sohn der Videherin, ist Willens die Vaj- 



jiner zu bekriegen. Er hat gesagt: Ich werde 
diese Vajjiner, die so mächtigen, so gewaltigen, 
ausrotten, werde die Vajjiner vertilgen, werde 
die Vajjiner vom Boden verschwinden lassen, 
die Vajjiner!« 

Während der Zeit nun war der ehrwürdige 
Anando hinter dem Erhabenen gestanden und 
hatte dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Da 
wandte sich denn der Erhabene an den ehr- 
würdigen Anando : 

»Vielleicht hast du, Anando, gehört, ob die 
Vajjiner häufig Zusammenkommen, öftere Zu- 
sammenkünfte haben?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
häufig Zusammenkommen, öftere Zusammen- 
künfte haben.« 

»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
häufig Zusammenkommen, öftere Zusammen- 
künfte haben werden, ist eben ein Wachsen, 
Anando, der Vajjiner zu erwarten und kein 
Schwinden. — Vielleicht hast du, Anando, ge- 


4 



hört, ob die Vajjiner einträchtig Zusammen- 
kommen, einträchtig auseinandergehn, ein- 
trächtig ihre Angelegenheiten erledigen?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
einträchtig Zusammenkommen, einträchtig 
auseinandergehn, einträchtig ihre Angelegen- 
heiten erledigen.« 

»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
einträchtig Zusammenkommen, einträchtig 
auseinandergehn, einträchtig ihre Angelegen- 
heiten erledigen werden, ist eben ein Wachsen, 
Anando, der Vajjiner zu erwarten und kein 
Schwinden. — Vielleicht hast du, Anando, ge- 
hört, ob die Vajjiner keine neuen Gesetze er- 
lassen, bestehende Gesetze nicht aufheben, 
ihrer überlieferten alten Satzung getreu sich 
betragen ?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
keine neuen Gesetze erlassen, bestehende Ge- 
setze nicht aufheben, ihrer überlieferten alten 
Satzung getreu sich betragen.« 


5 



»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
keine neuen Gesetze erlassen, bestehende Ge- 
setze nicht aufheben, ihrer überlieferten alten 
Satzung getreu sich betragen werden, ist eben 
ein Wachsen, Anando, der Vajjiner zu erwarten 
und kein Schwinden. — Vielleicht hast du, 
Anando, gehört, ob die Vajjiner ihre Bejahrten 
im Lande als solche werthhalten, hochschätzen, 
achten und ehren und auf deren Rath etwas 
geben ?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
ihre Bejahrten im Lande als solche werth- 
halten, hochschätzen, achten und ehren und 
auf deren Rath etwas geben.« 

»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
ihre Bejahrten im Lande als solche werth- 
halten, hochschätzen, achten und ehren und 
auf deren Rath etwas geben werden, ist eben 
ein Wachsen, Anando, der Vajjiner zu er- 
warten und kein Schwinden. — Vielleicht 
hast du, Anando, gehört, ob die Vajjiner da 

6 



Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa mit 
Raub und Gewalt heimführen ?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
da Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa 
mit Raub und Gewalt heimführen.« 

»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
da Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa 
mit Raub und Gewalt heimführen werden \ 
ist eben ein Wachsen, Anando, der Vajjiner 
zu erwarten und kein Schwinden. — Viel- 
leicht hast du, Anando, gehört, ob die Vaj- 
jiner ihre Altarstätten da und dort im Lande, 
Tempel sowohl wie Grabmale, als solche 
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren 
und ihnen einstige Schenkungen, einstige 
Zuwendungen, die rechtmäßige Beisteuer, 
nicht etwa entziehn ?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
ihre Altarstätten da und dort im Lande, 
Tempel sowohl wie Grabmale, als solche 
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren 


7 



und ihnen einstige Schenkungen, einstige 
Zuwendungen, die rechtmäßige Beisteuer, 
nicht etwa entziehn.« 

»So lange aber, Änando, als die Vajjiner 
ihre Altarstätten da und dort im Lande, 
Tempel sowohl wie Grabmale, als solche 
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren 
und ihnen einstige Schenkungen, einstige Zu- 
wendungen, die rechtmäßige Beisteuer, nicht 
etwa entziehn werden, ist eben ein Wachsen, 
Anando, der Vajjiner zu erwarten und kein 
Schwinden. — Vielleicht hast du, Anando, 
gehört, ob die Vajjiner heiligen Pilgern wie 
sich’s gebührt Schutz und Schirm und Obhut 
richtig angedeihen lassen, damit etwa heilige 
Pilger, die noch nicht gekommen sind, das 
Reich besuchen, heilige Pilger aber, die schon 
gekommen sind, im Reiche sich Wohlbefinden 
möchten ?« 

»Gehört hab’ ich, o Herr, dass die Vajjiner 
heiligen Pilgern wie sich’s gebührt Schutz 

8 



und Schirm und Obhut richtig angedeihen 
lassen, damit etwa heilige Pilger, die noch 
nicht gekommen sind, das Reich besuchen, 
heilige Pilger aber, die schon gekommen sind, 
im Reiche sich Wohlbefinden möchten.« 

»So lange aber, Anando, als die Vajjiner 
heiligen Pilgern wie sich’s gebührt Schutz 
und Schirm und Obhut angedeihen lassen 
werden, damit etwa heilige Pilger, die noch 
nicht gekommen sind, das Reich besuchen, 
heilige Pilger aber, die schon gekommen sind, 
im Reiche sich Wohlbefinden möchten, ist 
eben ein Wachsen, Anando, der Vajjiner zu 
erwarten und kein Schwinden.« 

Nun aber wandte sich der Erhabene an 
Vassakäro den Priester, den Mägadher Mar- 
schall : 

»Es war einmal, Priester, da bin ich bei 
Vesäli gewesen, beim Grabmal an der Saran- 
dadä. Da hab’ ich den Vajjinern diese sieben 
unvergessbaren Dinge aufgewiesen. So lange 


9 



aber, Priester, diese sieben unvergessbaren 
Dinge bei den Vajjinern bestehn bleiben, und 
die Vajjiner an diesen sieben unvergessbaren 
Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, 
Priester, der Vajjiner zu erwarten und kein 
Schwinden.« 

Nach diesen Worten sprach Vassakäro der 
Priester, der Mägadher Marschall, zum Er- 
habenen also: 

»Auch nur mit einem, o Gotamo, von den 
sieben unvergessbaren Dingen begabt, wäre 
ein Wachsen bei den Vajjinern zu erwarten 
und kein Schwinden: geschweige mit allen 
sieben ! Nichts anhaben kann wohl, o Gotamo, 
der König von Magadhä, Ajätasattu, der Sohn 
der Videherin, den Vajjinern, wenn es zum 
Kampfe kommt, es sei denn durch Verrath 
oder Zwietracht. — Wohlan denn, o Gotamo, 
wir wollen nun aufbrechen : manche Pflicht 
wartet unser, manche Obhegenheit.« 

»Wie es dir nun, Priester, belieben mag.« 


10 



Da stand denn Vassakäro der Priester, der 
Mägadher Marschall, durch des Erhabenen 
Rede erfreut und befriedigt, von seinem Sitze 
auf und entfernte sich. 

Bald aber nachdem Vassakäro der Priester, 
der Mägadher Marschall, gegangen war, 
wandte sich der Erhabene an den ehrwür- 
digen Anando : 

»Gehe du, Anando: soviel da Mönche um 
Räjagaham her sich aufhalten, alle die lass’ 
in der Halle des Vorhauses sich einfinden.« 

»Ja, o Herr«, sagte da gehorsam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen ^ und soviel 
der Mönche um Räjagaham her sich auf- 
hielten, alle die hieß er in der Halle des Vor- 
hauses sich einfinden, kehrte dann zum 
Erhabenen zurück, begrüßte den Erhabenen 
ehrerbietig und stand beiseite. Beiseite stehend 
sprach nun der ehrwürdige Anando zum Er- 
habenen also : 

»Versammelt, o Herr, ist die Jüngerschaft: 



wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben 
mag.« ^ 

Da stand denn der Erhabene von seinem 
Sitze auf, begab sich nach der Halle des Vor- 
hauses hin und nahm, dort angelangt, auf 
dem angebotenen Sitze Platz. Dann wandte 
sich der Erhabene an die Mönche: 

»Sieben will ich euch, Mönche, der unver- 
gessbaren Dinge aufweisen: das höret und 
achtet wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, o Herr«, sagten da aufmerksam 
jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche 
häufig Zusammenkommen, öftere Zusammen- 
künfte haben werden, ist eben ein Wachsen, 
ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und 
kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, 
die Mönche einträchtig Zusammenkommen, 
einträchtig auseinandergehn, einträchtig die 
Angelegenheiten des Ordens erledigen wer- 


12 



den, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der 
Mönche zu erwarten und kein Schwinden. 
So lange als da, ihr Mönche, die Mönche keine 
neuen Gesetze erlassen, bestehende nicht auf- 
heben, dem überlieferten Regelpfade getreu 
sich betragen werden, ist eben ein Wachsen, 
ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und 
kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, 
die Mönche die Stützen der Jünger, die längst 
erprobten, erfahrenen Pilger, die Väter des 
Ordens, die Führer des Ordens, als solche 
werthhalten, hochschätzen, achten und ehren 
und auf deren Rath etwas geben werden, ist 
eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden. So lange 
als da, ihr Mönche, die Mönche dem sich 
meldenden Durste, dem Wieder dasein säen- 
den, keine Folge leisten werden, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu er- 
warten und kein Schwinden. So lange als da, 
ihr Mönche, die Mönche in waldiger Öde 


15 



gern Sitz und Lager erwählen werden, ist 
eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden. So lange 
als da, ihr Mönche, die Mönche eben bei sich 
selbst der Einsicht pflegen werden, damit 
etwa kundige Ordensbrüder, die noch nicht 
gekommen sind, herankommen, schon gekom- 
mene kundige Ordensbrüder aber sich Wohl- 
befinden möchten, ist eben ein Wachsen, ihr 
Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden. — So lange aber, ihr Mönche, 
als diese sieben unvergessbaren Dinge bei den 
Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche 
an diesen sieben unvergessbaren Dingen er- 
kannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr 
Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden. 

»Noch andere sieben, ihr Mönche, der i^n- 
vergessbaren Dinge will ich aufweisen: das 
höret und achtet wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, o Herr«, sagten da aufmerksam 


14 



jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche 
nicht froh der Geschäfte, nicht erfreut an Ge- 
schäften, nicht der Freude an Geschäften er- 
geben sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr 
Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die 
Mönche nicht froh der Gespräche, nicht er- 
freut an Gesprächen, nicht der Freude an 
Gesprächen ergeben sein werden, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwar- 
ten und kein Schwinden. So lange als da, ihr 
Mönche, die Mönche nicht froh zu schlafen, 
nicht erfreut am Schlafe, nicht der Freude am 
Schlafen ergeben sein werden, ist eben ein 
W achsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten 
und kein Schwinden. So lange als da, ihr 
Mönche, die Mönche nicht froh der Gesellig- 
keit, nicht erfreut an Geselligkeit, nicht der 
Freude an Geselligkeit ergeben sein werden. 


15 



ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden. So lange als 
da, ihr Mönche, die Mönche keine bösen Wün- 
sche hegen, bösen W ünschen keine F olge leisten 
werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der 
Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So 
lange als da, ihr Mönche, die Mönche keine 
bösen Freunde, keine bösen Gefährten, keine 
bösen Vertrauten haben werden, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten 
und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mön- 
che, die Mönche mit der Erlangung eines ge- 
ringfügigen Ergebnisses innen sich nicht ge- 
nügen lassen werden, ist eben ein Wachsen, ihr 
Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden. — So lange aber, ihr Mönche, als 
diese sieben unvergessbaren Dinge bei den 
Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an 
diesen sieben unvergessbaren Dingen erkannt 
werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der 
Mönche zu erwarten und kein Schwinden, 


l6 



»Noch andere sieben, ihr Mönche, der un- 
vergessbaren Dinge will ich aufweisen: das 
höret und achtet wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, o Herr«, sagten da aufmerksam 
jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche Zu- 
trauen haben, schaamhaft, bescheiden, Kenner 
des Wortes sein, tapfer ausharren werden, klar 
bewusst, witzig erfahren, ist eben ein Wachsen, 
ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden.^ So lange aber, ihr Mönche, als diese 
sieben unvergessbaren Dinge bei den Mönchen 
bestehn bleiben, und die Mönche an diesen 
sieben unvergessbaren Dingen erkannt werden, 
ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden, — Noch 
andere sieben, ihr Mönche, der unvergessbaren 
Dinge will ich aufweisen: das höret und achtet 
wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, o Herr«, sagten da aufmerksam 


2 LT 


17 



jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche der 
Einsicht Erweckung vollbringen werden, des 
Tiefsinns Erweckung vollbringen werden, der 
Kraft Erweckung vollbringen werden, der Hei- 
terkeit Erweckung vollbringen werden, der 
Lindheit Erweckung vollbringen werden, der 
Innigkeit Erweckung vollbringen werden, des 
Gleichmuths Erweckung vollbringen werden, 
ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden.^ So lange 
aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergess- 
baren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, 
und die Mönche an diesen sieben unvergess- 
baren Dingen erkannt werden, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu er- 
warten und kein Schwinden. — Noch andere 
sieben, ihr Mönche, der unvergessbaren Dinge 
will ich aufweisen : das höret und achtet wohl 
auf meine Rede.« 

i8 



»Gewiss^ o Herr«, sagten da aufmerksam 
jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche 
der Vergänglichkeit eingedenk sein werden, 
der Wesenlosigkeit eingedenk sein werden, der 
Unschönheit eingedenk sein werden, des Elends 
eingedenk sein werden, der Abkehr eingedenk 
sein werden, der Wendung eingedenk sein 
werden, der Auflösung eingedenk sein werden, 
ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden. So lange 
aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergess- 
baren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, 
und die Mönche an diesen sieben unvergess- 
baren Dingen erkannt werden, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu er- 
warten und kein Schwinden. 

»Weiter noch will ich euch Mönchen sechs 
unvergessbare Dinge aufweisen : das höret und 
achtet wohl auf meine Rede.« 



»Gewiss, o Herr«, sagten da aufmerksam 
jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche 
mit liebevoller That den Ordensbrüdern bei- 
stehn werden, so offen als verborgen, mit hebe- 
vollem Worte den Ordensbrüdern beistehn 
werden, so offen als verborgen, mit liebevollem 
Geiste den Ordensbrüdern beistehn werden, 
so offen als verborgen, ist eben ein Wachsen, 
ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und 
kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, 
die Mönche die empfangenen Gaben, die 
Ordenspenden, bis auf die Brocken in der Al- 
mosenschaale, bei jeder solchen Gabe nicht 
nach Willkür austheilen werden, um nach 
den tüchtig bewährten Ordensbrüdern gleich- 
mäßig mitzuvertheilen, ist eben ein Wachsen, 
ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein 
Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die 
Mönche die Tugendsatzungen ungebrochen, 


20 



unverletzt, ungemustert, ungesprenkelt, aus 
freiem Entschlüsse, als von Verständigen ge- 
priesen, nicht angetastet, zur Vertiefung taug- 
lich, bei jeder solchen Regel das Regelmaaß 
gemeinsam bewahren werden mit den Ordens- 
brüdern, so offen als verborgen, ist eben ein 
Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten 
und kein Schwinden. So lange als da, ihr 
Mönche, die Mönche jene Ansicht, die heilige, 
ausreichende, die dem Vollbringer zur gänz- 
lichen Leidensversiegung ausreicht, bei solch 
einer Ansicht die Ansicht gemeinsam bewahren 
werden mit den Ordensbrüdern, so offen als 
verborgen, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, 
der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. 
— So lange aber, ihr Mönche, als diese sechs 
unvergessbaren Dinge bei den Mönchen be- 
stehn bleiben, und die Mönche an diesen sechs 
unvergessbaren Dingen erkannt werden, ist 
eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche 
zu erwarten und kein Schwinden.« 


31 



Da hat denn nun der Erhabene^ bei Räja- 
gaham verweilend, am Geierkulm, im Gebirge, 
also noch weiterhin den Mönchen lehrreiche 
Rede gehalten: 

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist 
Weisheit j in Tugend ausgediehene Vertiefung 
verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Ver- 
tiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen 
Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausge- 
diehenes Herz wird eben von allem Wahne 
frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Da- 
seinswahn, vom Nichtwissenswahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei Räjagaham 
nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der 
Erhabene an den ehrwürdigen Anando: 

»Lass’ uns, Anando, nach dem Mangohage 
aufbrechen, dahin wollen wir gehn.« 

» W ohl, o Herr« , sagte da aufmerksam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen. Da ist nun der 
Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft 
begleitet, nach dem Mangohage hingezogen. 


22 



Am Mangohage weilte nun der Erhabene, 
im königlichen Rasthaus. Auch dort hat dann 
der Erhabene, am Mangohage verweilend, 
im königlichen Rasthaus, also noch weiterhin 
den Mönchen lehrreiche Rede gehalten : 

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertie- 
fung, das eben ist Weisheit j in Tugend ausge- 
diehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe 
Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weis- 
heit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, 
in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von 
allem Wahne frei, und zwar vom Wunsches- 
wahn, vom Daseinswahn, vom Nichtswissens- 
wahn.« 

Nachdem nun der Erhabene am Mango- 
hage nach Belieben geweilt hatte, wandte sich 
der Erhabene an den ehrwürdigen Anando : 

»Lass’ uns, Anando, nach Nälandä auf- 
brechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 


23 



nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach Nälandä hinge- 
zogen. 

Bei Näjandä weilte nun der Erhabene, am 
Saume des Mangowaldes der Stadt Pävä. Da 
ist denn der ehrwürdige Säriputto zum Er- 
habenen hingekommen, hat den Erhabenen 
ehrerbietig begrüßt und sich beiseite gesetzt. 
Beiseite sitzend sprach dann der ehrwürdige 
Säriputto zum Erhabenen also : 

»So klar geworden bin ich, o Herr, am 
Erhabenen: es war nicht und es wird nicht 
sein und ist auch gegenwärtig nicht ein 
anderer Asket oder Priester reicher als der 
Erhabene an Weisthum, und zwar im Er- 
wachtsein.« 

»Gewaltig ist, Säriputto, das kühne Wort, 
das du gesprochen, schlechthin behauptet, als 
Löwenruf hast erschallen lassen : ^So klar ge- 
worden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es 
war nicht und es wird nicht sein und ist auch 


24 



gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder 
Priester reicher als der Erhabene an Weis- 
thum, und zwar im Erwachtsein’ ^ wie denn, 
Säriputto : die da in vergangenen Zeiten Hei- 
lige, vollkommen Erwachte waren, alle jene 
Erhabenen hast du im Geiste geistig erfassend 
erkannt: >Also gelebt hatten jene Erhabenen, 
so und so, also gelehrt, also gewusst, also ge- 
weilt, also erlöst waren jene Erhabenen, so"* 
und so< ?« 

»Das wohl nicht, o Herr.« 

»Wie aber, Säriputto: die da in künftigen 
Zeiten Heihge, vollkommen Erwachte sein 
werden, alle jene Erhabenen hast du im Geiste 
geistig erfassend erkannt : >Also leben werden 
jene Erhabenen, so und so, also lehren, also 
wissen, also weilen, also erlöst sein werden 
jene Erhabenen, so und so< ?« 

»Das wohl nicht, o Herr.« 

»Wie aber, Säriputto : hast du gegenwärtig 
mich als Heiligen, vollkommen Erwachten 


^5 



im Geiste geistig erfassend erkannt: >Also 
lebt der Erhabene, so und so, lehrt also, weiß 
also, weilt also, also erlöst ist der Erhabene, 
so und so< ?« 

»Das wohl nicht, o Herr.« 

»So hast du eben da, Säriputto, von den 
vergangenen, künftigen, gegenwärtigen Hei- 
ligen, vollkommen Erwachten keine geistig 
durchdringende Kunde: wie denn also nur, 
Säriputto, konntest du das gewaltige, kühne 
Wort sprechen, schlechthin behaupten, als 
Löwenruf erschallen lassen : ^So klar gewor- 
den bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war 
nicht und es wird nicht sein und ist auch 
gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder 
Priester reicher als der Erhabene an Weis- 
thum, und zwar im Erwachtsein’ ?« 

»Freilich hab’ ich, o Herr, von den ver- 
gangenen, künftigen, gegenwärtigen Heiligen, 
vollkommen Erwachten keine geistig durch- 
dringende Kunde : gleichwohl hab’ ich folge- 


26 



recht erkannt. — Gleichwie etwa, o Herr, 
als wenn an des Königs Gränzen eine Burg 
steht, mit mächtigem Walle, mächtigen Mau- 
ern und Zinnen, und einem Eingang : da sei 
ein Thorhüter, klug, erfahren, besonnen, der 
Unbekannte ab weist. Bekannte einlässt. Der 
würde, indem er rings um die Festung im 
Kreisweg herumschritte, keinen Spalt in der 
Mauer, keinen Schlitz in der Mauer bemerken, 
nicht einmal um ein Kätzchen durchschlüpfen 
zu lassen, so dass er sich sagte: >Was auch im- 
mer für größeres Wesen diese Burg betreten 
oder verlassen will, ein jedes muss eben durch 
dieses Thor eintreten oder austreten.< Eben- 
so nun auch, o Herr, hab’ ich folgerecht er- 
kannt : die da, o Herr, in vergangenen Zeiten 
Heilige, vollkommen Erwachte waren, alle 
jene Erhabenen hatten die fünf Hemmungen 
aufgehoben, die Schlacken des Gemüthes ken- 
nen gelernt, die lähmenden, hatten bei den 
vier Pfeilern der Einsicht den Geist wohlauf- 


27 



gepflanzt^ die sieben Erweckungen der Wahr- 
heit gemäß erwirkt, waren in der unver- 
gleichlichen vollkommenen Erwachung auf- 
erwacht. Und die da, o Herr, in künftigen 
Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein 
werden, alle jene Erhabenen werden die fünf 
Hemmungen aufheben, die Schlacken des Ge- 
müthes kennen lernen, die lähmenden, bei den 
vier Pfeilern der Einsicht den Geist wohl- 
aufpflanzen, die sieben Erweckungen der 
Wahrheit gemäß erwirken, werden in der 
unvergleichlichen vollkommenen Erwachung 
auferwachen. Der Erhabene aber, o Herr, hat 
jetzt als Heiliger, vollkommen Erwachter die 
fünf Hemmungen aufgehoben, die Schlacken 
des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden, 
hat bei den vier Pfeilern der Einsicht den 
Geist wohlaufgepflanzt, die sieben Erweckun- 
gen der Wahrheit gemäß erwirkt, ist in der 
unvergleichlichen vollkommenen Erwachung 
aufer wacht.« 


28 



Da hat denn noch der Erhabene, bei Nä- 
landä verweilend, am Saume des Mango- 
waldes der Stadt Pävä, also auch weiterhin 
den Mönchen lehrreiche Rede gehalten : 

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertie- 
fung, das eben ist Weisheit 5 in Tugend ausge- 
diehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe 
Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weis- 
heit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, 
in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von 
allem Wahne frei, und zwar vom Wunsches- 
wahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissens- 
wahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei Nälandä 
nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der 
Erhabene an den ehrwürdigen Anando: 

»Lass’ uns, Anando, nach dem Dorfe Pätali 
aufbrechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jün- 


^9 



gerschaft begleitet, nach dem Dorfe Pätali hin- 
gezogen. 

Es hörten aber die Anhänger im Dorfe Pä- 
tali reden; >Der Erhabene, heißt es, ist bei 
unserem Dorfe angekommen !< Da begaben 
sich denn die Anhänger aus dem Dorfe Pätali 
zum Erhabenen hin, begrüßten den Erhabenen 
ehrerbietig und setzten sich beiseite nieder. 
Beiseite sitzend sprachen nun die Anhänger 
aus dem Dorfe Pätali zum Erhabenen also: 

»Beehren möge, o Herr, der Erhabene unser 
Gemeindehaus !« 

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte. 

Als nun die Anhänger aus dem Dorfe Pätali 
der Zustimmung des Erhabenen gewiss waren, 
standen sie auf, begrüßten den Erhabenen ehr- 
erbietig, gingen rechts herum und begaben sich 
nach dem Gemeindehause. Dort ließen sie 
den Boden ganz mit Matten bedecken, die 
Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser 
aufstellen und eine Öllampe zurechtmachen. 


30 



Dann kehrten sie wieder zum Erhabenen zu- 
rück^ begrüßten den Erhabenen ehrerbietig 
und standen beiseite. Beiseite stehend sprachen 
nun die Anhänger aus dem Dorfe Pä^ali zum 
Erhabenen also: 

»Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der 
Boden des Gemeindehauses, die Stühle sind 
bereit gerichtet, ein Eimer mit Wasser auf- 
gestellt, eine Öllampe zurechtgemacht: wie 
es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.« 

So begann denn der Erhabene gegen Abend 
sich zu rüsten, nahm Mantel und Schaale und 
begab sich, von einer zahlreichen Jüngerschaft 
begleitet, nach dem Gemeindehaus, da ging 
er hin. Dort angelangt spülte der Erhabene 
die Füße ab, trat in den Saal ein und setzte 
sich nahe dem mittleren Pfeiler, gegen Osten 
gewendet, nieder. Und auch die begleitenden 
Mönche spülten die Füße ab, traten in den 
Saal ein und setzten sich nahe der westlichen 
Wand, gegen Osten gewendet, nieder, so dass 

51 



der Erhabene ihnen voransaß. U nd auch die An- 
hänger aus dem Dorfe Pätah spülten die Füße 
ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe 
der östlichen Wand, gegen Westen gewendet, 
nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß. 
Dann aber wandte sich der Erhabene an die 
Anhänger aus dem pätalischen Dorfe: 

»Fünf giebt es, ihr Hausväter, der Kümmer- 
nisse für einen Untüchtigen durch sein Ab- 
weichen von Tugend: und welche fünf? Da 
geht, ihr Hausväter, ein Untüchtiger, von 
Tugend abgewichen, durch seinen Leichtsinn 
großem Verlust an Vermögen entgegen ^ das 
ist die erste Kümmerniss eines Untüchtigen 
durch sein Abweichen von Tugend. Ferner 
aber, ihr Hausväter, erfährt ein Untüchtiger, 
von Tugend abgewichen, übelberüchtigte 
Nachrede 5 das ist die zweite Bekümmerniss 
eines Untüchtigen durch sein Ab weichen von 
Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein 
Untüchtiger, von Tugend abgewichen, was 



für eine Versammlung er auch aufsuchen mag, 
sei es die Versammlung von Kriegern oder von 
Priestern, sei es die Versammlung von Haus- 
leuten oder von Asketen, mit unfreiem Antlitz 
sie aufsuchen, mit gedrückter Miene 5 das ist die 
dritte Bekümmerniss eines Untüchtigen durch 
sein Abweichen von Tugend. Ferner aber, ihr 
Hausväter, wird ein Untüchtiger, von Tugend 
abgewichen, wirren Geistes sterben 5 das ist 
die vierte Bekümmerniss eines Untüchtigen 
durch sein Abweichen von Tugend. Ferner 
aber, ihr Hausväter, wird ein Untüchtiger, von 
Tugend abgewichen, bei der Auflösung des 
Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf 
schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische 
Welt^ das ist die fünfte Bekümmerniss einesUn- 
tüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. 
Das sind, ihr Hausväter, die fünf Bekümmer- 
nisse eines Untüchtigen durch sein Ab weichen 
von Tugend. — Fünf giebt es, ihr Hausväter, 
der Fördernisse für einen Tüchtigen durch sein 


3 lt 


33 



Gewöhnen an Tugend: und welche fünf? Da 
geht, ihr Hausväter, ein Tüchtiger, an Tugend 
gewöhnt, durch seine Ausdauer großem Zu- 
wachs an Vermögen entgegen ^ das ist die 
erste Förderniss eines Tüchtigen durch sein 
Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr Haus- 
väter, erfährt ein Tüchtiger, an Tugend ge- 
wöhnt, rühmlich erfreuliche Nachrede 5 das ist 
die zweite Förderniss eines Tüchtigen durch 
sein Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr 
Hausväter, wird ein Tüchtiger, an Tugend ge*^ 
wöhnt, was für eine Versammlung er auch 
aufsuchen mag, sei es die Versammlung von 
Kriegern oder von Priestern, sei es die Ver- 
sammlung von Hausleuten oder von Asketen, 
mit freiem Antlitz sie aufsuchen, mit unverle- 
gener Miene 5 das ist die dritte Förderniss eines 
Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. 
Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Tüchtiger, 
an Tugend gewöhnt, nicht wirren Geistes 
sterben^ das ist die vierte Förderniss eines 


34 



Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. 
Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Tüchtiger, 
an Tugend gewöhnt, bei der Auflösung des 
Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte ge- 
rathen, in himmlische Welt 5 das ist die fünfte 
Förderniss eines Tüchtigen durch sein Gewöh- 
nen an Tugend. Das sind, ihr Hausväter, die 
fünf Fördernisse eines Tüchtigen durch sein 
Gewöhnen an Tugend.«^ 

So hatte dann der Erhabene die Anhänger 
aus dem Dorfe Pätali schon über die Nacht- 
zeit in lehrreichem Gespräche noch ermuntert, 
ermuthigt, erregt und erheitert, und mahnte 
nun: 

»Vorgerückt ist, ihr Hausväter, die Nacht: 
wie es euch nun belieben mag.« 

»Wohl, o Herr!«, sagten da gehorsam die 
Anhänger aus dem Dorfe Pätali zum Erha- 
benen, standen alsbald von den Sitzen auf, 
begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen 
rechts herum und entfernten sich. Nicht lange 


3* 


35 



aber nachdem sich jene Anhänger entfernt 
hatten, zog sich der Erhabene in ein leeres 
Gemach zurück. 


Um diese Zeit nun ließen Sunidho und Vassa- 
käro, die Mägadher Marschälle, bei dem Dorfe 
Pätali eine Feste aufführen, den Vajjinernzum 
Trutze. Damals aber hatten schaarenweise 
Gottheiten, zu tausenden, bei dem Dorfe Pä- 
tali von Grund und Boden Besitz ergriffen. 
An welchem Orte hochmögende Gottheiten 
von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, 
da waren bei den Werkführern der Könige 
von hoher Macht die Gedanken darauf ge- 
richtet Bauwerke aufzuführen 5 an welchem 
Orte mittlere Gottheiten von Grund und Boden 
Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werk- 
führern der Könige von mittlerer Macht die 
Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzu- 
führen ^ an welchem Orte mindere Gottheiten 

56 



von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, 
da waren bei den Werkführern der Könige 
von minderer Macht die Gedanken darauf ge- 
richtet Bauwerke aufzuführen.^ 

Es sah aber der Erhabene mit dem himm- 
lischen Auge, dem geläuterten, über mensch- 
liche Gränzen hinausreichenden, wie jene 
Gottheiten zu tausenden bei dem Dorfe Pä- 
tali von Grund und Boden Besitz ergriffen. 
Als nun die Dämmerung anbrach verließ der 
Erhabene, vor Sonnenaufgang, die Ruhstätte 
und wandte sich an den ehrwürdigen Anando : 

»Wer lässt wohl, Anando, bei dem Dorfe 
Pätali eine Feste aufführen?« 

»Sunidho und Vassakäro, o Herr, die Mä- 
gadher Marschälle, lassen bei dem Dorfe Pätali 
eine Feste aufführen, den Vajjinern zum 
Trutze.« 

»Gleichwie etwa, Anando, als wenn mit den 
Dreiunddreißig Göttern Sakko sich berathen 
hat^: ebenso auch nun, Anando, lassen da Su- 


57 



nidho und Vassakäro, die Mägadher Marschälle, 
bei dem Dorfe Pätali eine Feste aufführen, 
den Vajjinern zum Trutze. Gesekn hab’ ich da, 
Anando, mit dem himmlischen Auge, dem ge- 
läuterten, über menschliche Gränzen hinaus- 
reichenden, wie Schaaren von Gottheiten, 
zu tausenden, bei dem Dorfe Pätali von 
Grund und Boden Besitz ergriffen. An wel- 
chem Orte hochmögende Gottheiten' von 
Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da 
waren bei den Werkführern der Könige von 
hoher Macht die Gedanken darauf gerichtet 
Bauwerke aufzuführen ^ an welchem Orte 
mittlere Gottheiten von Grund und Boden 
Besitz ergriffen hatten, da waren bei den 
Werkführern der Könige von mittlerer Macht 
die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke auf- 
zuführen 5 an welchem Orte mindere Gott- 
heiten von Grund und Boden Besitz ergriffen 
hatten, da waren bei den Werkführern der 
Könige von minderer Macht die Gedanken 

58 



darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen. — 
Soweit, Anando, altehrwürdiges Gebiet reicht, 
soweit Handelsstraßen sich erstrecken, dies 
wird die größte Stadt werden: Pätaliputtam, 
in der Gabel der Ströme. Pätaliputtam, Anando, 
stehn dreierlei Gefährnisse bevor: durch Feuer, 
durch Wasser, durch Zwietracht.« 


D a nun begaben sich Sunidho und Vassakaro, 
die Mägadher Marschälle, zum Erhabenen hin. 
Dort angelangt boten sie höflichen Gruß dar, 
tauschten freundliche, denkwürdige Worte 
mit dem Erhabenen und stellten sich seitwärts 
hin. Seitwärts stehend sprachen dann Sunidho 
und Vassakaro, die Mägadher Marschälle, zum 
Erhabenen also: 

»Gewähre uns Herr Gotamo die Bitte, heute 
mit der Jüngerschaft bei uns zu speisen!« 

Schweigend gewährte der Erhabene die 
Bitte. 


39 



Ak nun Sunidho und Vassakäro, die Mä- 
gadher Marschälle, der Zustimmung des Er- 
habenen gewiss waren, begaben sie sich nach 
ihrer Behausung zurück. Dort angelangt ließen 
sie in ihrem Saale ausgewählte feste und flüs- 
sige Speise auftragen und sandten akbald einen 
Boten an den Erhabenen mit der Meldung: 
>Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.< 
So begann denn der Erhabene vor Mittag sich 
zu rüsten, nahm McOitel und Almosenschaale 
und ging, von der Jüngerschaft begleitet, dort- 
hin wo Sunidho und Vassakäro, die Mägadher 
Marschälle, wohnten. Dort angelangt nahm 
der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. 
Sunidho und Vassakäro aber, die Mägadher 
Marschälle, bedienten und versorgten eigen- 
händig den Erwachten voran und die Jünger- 
schaft mit ausgewählter fester und flüssiger 
Speise. 

Nachdem nun der Erhabene gespeist und 
das Mahl beendet hatte, nahmen Sunidho und 


40 



Vassakäro, die Mägadher Marschälle, ein paar 
niedere Stühle zur Hand und setzten sich zur 
Seite hin. Sunidho und Vassakäro, die Mä- 
gadher Marschälle, die da zur Seite saßen, 
wurden nun vom Erhabenen mit dieser Spruch- 
weise erfreut; 

»Wo immer er sein Haus bestellt, 

Ein Mann von kluger Sinnesart : 

Asketen, tugendächt, bezähmt, 

Er wird sie gern zu Gaste sehn. 

Und was an ihnen göttlich war 
Verehren so an ihrer statt. 

»Bei solcher Sorgfalt sorgen sie. 

In solcher Andacht denken sein 
Und hüten sie gar liebreich ihn. 

Gleichwie die Mutter hegt ihr Kind ; 

Ein göttlich mitgeliebter Mensch 
Erblickt an jedem Orte Heil.«® 

So hatte denn der Erhabene Sunidho und 
Vassakäro, die Mägadher Marschälle, mit dieser 

41 



Spruchweise erfreut, stand nun vom Sitze auf 
und ging von dannen. 


Damals aber gerade waren Sunidho und 
Vassakäro, die Mägadher Marschälle, dem Er- 
habenen rückwärts immer folgend, nachge- 
gangen : »Durch welchen Thorweg der Asket 
Gotamo heute hinausschreiten wird, der soll 
^Gotamo-Thorweg’ benannt werden, an wel- 
cher Furth der Asket Gotamo den Ganges- 
strom überfahren wird, die soll ^Gotamo-Furth’ 
benannt werden.« Der Thorweg nun, durch 
den der Erhabene hinausschritt, wurde ^Go- 
tamo-Thorweg’ benannt. Da kam denn der 
Erhabene zum Gangesstrom heran. Um diese 
Zeit aber war der Gangesstrom vollgeworden, 
gleich hoch der Düne, Krähen schlürfbar. 
Manche Leute bestiegen da einen Kahn, andere 
wieder bestiegen eine Fähre, und wieder andere 
banden ein Floss zusammen, in der Absicht 


42 



von hüben hinüberzugelangen. Da war denn 
der Erhabene, gleichwie etwa ein kräftiger 
Mann den eingezogenen Arm ausstrecken 
oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, 
auch schon vom diesseitigen Ufer der Ganges- 
fluthen verschwunden und am Ufer drüben 
zu stehn gekommen. Es sah aber der Erha- 
bene jene Leute, wie da manche einen Kahn 
bestiegen, andere wieder eine Fähre bestiegen, 
und wieder andere ein Floss zusammenbanden, 
in der Absicht von hüben hinüberzugelangen. 
Da ließ nun der Erhabene, bei solchem An- 
blick eben dazumal tief aufathmend, dies ver- 
lauten : 

»Wer die reißenden Wogen überkreuzen will, 

Auf eigener Brücke lässt er das Gestade zurück; 

Ein Floss wohl zusammen bindet der Mensch: 

Entronnen sind Weise hinübergelangt.« 


ende des ersten BERICHTES 



D a hat denn der Erhabene sich an den 
ehrwürdigen Anando gewandt; 

»Lass’ unSj Anando, nach dem Dorfe Koti 
aufbrechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach dem Dorfe Kop 
hingezogen. Bei dem Dorfe Koti hat dann der 
Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte 
sich der Erhabene an die Mönche; 

»Weil da, ihr Mönche, die vier heiligen 
Wahrheiten nicht verstanden, nicht durch- 
drungen waren, ist eben diese lange Lauf- 
bahn umwandelt worden, umkreist worden, 
von mir sowie von euch ; und welche vier ? 
Weil das Leiden, ihr Mönche, als heilige 

44 



Wahrheit nicht verstanden, nicht durch- 
drungen war, ist eben diese lange Laufbahn 
umwandelt worden, umkreist worden, von 
mir sowie von euch 5 weil die Leidensent- 
wicklung, ihr Mönche, als heilige Wahrheit 
nicht verstanden, nicht durchdrungen war, 
ist eben diese lange Laufbahn umwandelt 
worden, umkreist worden, von mir sowie von 
euch 5 weil die Leidensauflösung, ihr Mönche, 
als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht 
durchdrungen war, ist eben diese lange Lauf- 
bahn umwandelt worden, umkreist worden, 
von mir sowie von euch ; weil der zur Leidens- 
auflösung führende Pfad, ihr Mönche, als hei- 
lige Wahrheit nicht verstanden, nicht durch- 
drungen war, ist eben diese lange Laufbahn 
umwandelt worden, umkreist worden, von mir 
sowie von euch. Da ist jetzt, ihr Mönche, das 
Leiden als heilige W ahrheit verstanden, durch- 
drungen, die Leidensentwicklung als heilige 
Wahrheit verstanden, durchdrungen, die Lei- 


45 



densauflösung als heilige W ahrhei t verstanden, 
durchdrungen, der zur Leidensauflösung füh- 
rende Pfad als heilige Wahrheit verstanden, 
durchdrungen, abgeschnitten der Daseinsdurst, 
versiegt die Daseinsader, und nicht mehr giebt 
es Wiedersein.« 

Also sprach der Erhabene. Als der Will- 
kommene das gesagt hatte, sprach fernerhin 
also der Meister : 

»Vier Dinge sind es, heilig wahr : 

Und sieht man die nicht wirklich ein, 

Die lange Laufbahn kreist man um, 
Geburten um Geburten hin. 

»Jetzt also sind sie recht erkannt : 

Die Daseinsader ist versiegt. 

Des Leidens Wurzel abgesägt. 

Und nicht mehr giebt es Wiedersein.« 

Da hat denn noch der Erhabene, bei dem 
Dorfe Koti verweilend, also auch weiterhin 
den Mönchen lehrreiche Rede gehalten: 

46 



»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist 
Weisheit 5 in Tugend ausgediehene Vertiefung 
verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Ver- 
tiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen 
Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgedie- 
henes Herz wird eben von allem Wahne frei, 
und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseins- 
wahn, vom Nichtwissenswahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei dem Dorfe 
Koti nach Belieben geweilt hatte, wandte sich 
der Erhabene an den ehrwürdigen Anando : 

»Lass’ uns, Anando, nach Nädikä aufbrechen, 
dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach Nädikä hinge- 
zogen. Auch bei Nädikä hat dann der Erha- 
bene Rast gehalten, in der Steinernen Ein- 
siedelei. Da ist nun der ehrwürdige Anando 
zum Erhabenen hingekommen, hat den Er- 


47 



habenen ehrerbietig begrüßt und sich beiseite 
hingesetzt. Beiseite sitzend sprach dann der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen also : 

»Salho, wie er hieß, o Herr, der Mönch, ist 
bei Nädikä gestorben : wo ist er jetzt, was ist aus 
ihm geworden ? Die Nonne, o Herr, Nandä ge- 
heißen, ist bei Nädikä gestorben : wo ist sie jetzt, 
was ist aus ihr geworden? Sudatto, wie man 
ihn hieß, o Herr, der Anhänger, ist in Nädikä 
gestorben: wo ist er jetzt, was ist aus ihm ge- 
worden ? Sujätä, wie sie geheißen war, o Herr, 
die Anhängerin, ist in Nädikä gestorben: wo 
ist sie jetzt, was ist aus ihr geworden? An- 
hänger, o Herr, wie Kakudho, Käralimbho, 
Nikato, Katissaho, Tuttho, Santu^tho, Bha^o, 
Subhato, sind in Nädikä gestorben: wo sind 
sie jetzt, was ist aus ihnen geworden?« 

»SaUxo, Anando, der Mönch, hatte durch 
die Wahnversiegung die wahnlose Gemüth- 
erlösung, W eisheiterlösung noch bei Lebzeiten 
sich offenbar gemacht, verwirklicht und er- 

48 



rangen. Nandä, Anando, die Nonne, war nach 
Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln 
emporgestiegen um von dort aus zu erlöschen, 
nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. 
Sudatto, Anando, der Anhänger, war nach 
Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass 
und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur 
einmal wird er wiederkehren, nur einmal 
noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden 
ein Ende machen. Sujätä, Anando, die An- 
hängerin, war nach Vernichtung der drei 
Fesseln zur Hörerschaft gelangt, dem Ver- 
derben entronnen kann sie zielbewusst der 
vollen Erwachung entgegeneilen. Kakudho, 
Anando, der Anhänger, war nach Vernichtung 
der fünf niederzerrenden Fesseln emporge- 
stiegen um von dort aus zu erlöschen, nicht 
mehr zurückzukehren nach jener Welt. Kära- 
limbho, Nikato, Katissaho, Tu^tho, Santu^tho, 
Bhato, Subhafo, diese Anhänger, Anando, 
waren alle nach Vernichtung der fünf nieder- 


4 LT 


49 



zerrenden Fesseln emporgestiegen vim von 
dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzu- 
kehren nach jener Welt. Über fünfzig, Anan- 
do, der Anhänger, in Nädikä gestorben, waren 
nach Vernichtung der fünf niederzerrenden 
Fesseln empor gestiegen um von dort aus zu 
erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach 
jener Welt. Mehr als neunzig, Anando, der 
Anhänger, in Nädikä gestorben, waren nach* 
Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Hass 
und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur 
einmal werden sie wiederkehren, nur einmal 
noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden 
ein Ende machen. Etliche fünfhundert, Anan- 
do, der Anhänger, in Nädikä gestorben, waren 
nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörer- 
schaft gelangt, dem Verderben entronnen 
können sie zielbewusst der vollen Erwachung 
entgegeneilen. 

»Nichts Besonderes ist es ja, Anando, dass 
ein Menschenwesen zu sterben komme. Wenn 



ihr da bei jedem und jedem Verstorbenen an 
den Vollendeten herantreten und um eine 
Auskunft bitten wolltet, wäre das wohl eine 
Plage, Anando, für den Vollendeten. Darum 
will ich, Anando, den ^Spiegel der Lehre’, wie 
hier die Darstellung heißen soll, aufweisen, 
mit dem versehn der heilige Jünger, wenn 
ihn danach verlangt, eben selber sich auf- 
klären kann: > Versiegt hab’ ich die Hölle, 
versiegt den Schooß der Thierheit, versiegt das 
Gespensterreich, versiegt den Abweg, die üble 
Fährte, das Verderben: Hörer der Botschaft 
bin ich geworden, dem Verderben entronnen, 
eile zielbewusst der vollen Erwachung ent- 
gegen.< Was ist das aber, Anando, für eine 
Darstellung als Spiegel der Lehre, mit dem 
versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach 
verlangt, eben selber sich also aufklären kann ? 
Da ist, Anando, der heihge Jünger beim Er- 
wachten mit begründeter Zuversicht ausge- 
rüstet, so zwar : >Das ist der Erhabene, Hei- 


4 * 


51 



lige, vollkommen Erwachte^ der Wissens- und 
Wandelsbewährte, der Willkommene, der 
Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der 
Männerheerde, der Meister der Götter und 
Menschen, der Erwachte, der Erhabene< ^ ist 
bei der Lehre mit begründeter Zuversicht 
ausgerüstet: >Wohl kundgethan ist vom Er- 
habenen die Satzung, die ersichtliche, zeitlose^, 
anregende, einladende, den Verständigen von 
selbst verständlich< ^ ist bei der Jüngerschaft mit 
begründeter Zuversicht ausgerüstet: >Wohl 
vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschaar, 
ehrlich vertraut ist beim Erhabenen die Jün- 
gerschaar, recht vertraut ist beim Erhabenen 
die Jüngerschaar, geziemend vertraut ist beim 
Erhabenen die Jüngerschaar, und zwar vier 
Paare der Menschen, nach acht Arten von 
Menschen: das ist des Erhabenen Jünger- 
schaar, die Opfer und Spende, Gabe und Gruß 
verdient, heiligste Stätte der Welt ist.<^° Er hat 
Eigenschaften erworben, wie sie Heiligen lieb 


5 ^ 



sind, ungebrochen, unverletzt, ungemustert, 
ungesprenkelt, aus freiem Entschlüsse, als von 
Verständigen gepriesen, nicht angetastet, zur 
Vertiefung tauglich. — Das ist da nun, Anando, 
der dargestellte Spiegel der Lehre, mit dem 
versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach 
verlangt, eben selber sich aufklären kann: > Ver- 
siegt hab’ ich die Hölle, versiegt den Schooß 
der Thierheit, versiegt das Gespensterreich, 
versiegt den Abweg, die üble Fährte, das Ver- 
derben : Hörer der Botschaft bin ich geworden, 
dem Verderben entronnen, eile zielbewusst 
der vollen Erwachung entgegen<,« 

Da hat denn noch der Erhabene, bei Nädikä 
verweilend, also auch weiterhin den Mönchen 
lehrreiche Rede gehalten: 

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertie- 
fung, das eben ist Weisheit^ in Tugend ausge- 
diehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe 
Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weis- 
heit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in 


55 



Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von 
allem Wahne frei, und zwar vom Wunsches- 
wahn, vom Daseins wahn, vom Nichts wissens- 
wahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei Nädikä nach 
Belieben geweilt hatte, wandte sich der Er- 
habene an den ehrwürdigen Anando: 

»Lass’ uns, Anando, nachVesäli aufbrechen, 
dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach Vesäli hingezo- 
gen. Bei Vesäli hat dann der Erhabene Rast 
gehalten, im Haine der Ambapäli. Dort nun 
wandte sich der Erhabene an die Mönche : 

»Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, 
wohlbewusst: das haltet als unser Gebot. Wie 
aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch klar ? Da 
wacht, ihr Mönche, der Mönch beim Körper 
über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, 


54 



einsichtig, nach Verwindung weltlichen Be- 
gehrens und Bekümmerns^ wacht bei den Ge- 
fühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren 
Sinnes, einsichtig, nach Verwindung welt- 
lichen Begehrens und Bekümmerns^ wacht 
beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, 
klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung 
weltlichen Begehrens und Bekümmerns^ wacht 
bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, 
unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach 
Verwindung welthchen Begehrens und Be- 
kümmerns. Also, ihr Mönche, bleibt der Mönch 
klar. Wie aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch 
wohlbewusst? Da bleibt, ihr Mönche, der 
Mönch beim Kommen und Gehn wohlbewusst, 
beim Hinblicken und Wegblicken wohlbe- 
wusst, beim Neigen und Erheben wohlbewusst, 
beim Tragen des Gewandes und der Almosen- 
schaale des Ordens wohlbewusst, beim Essen 
und Trinken, Kauen und Schmecken wohlbe- 
wusst, beim Entleeren von Koth und Harn 


55 



wohlbewusst, beim Gehn und Stehn und 
Sitzen, beim Einschlafen und Erwachen, beim 
Sprechen und Schweigen wohlbewusst. Also, 
ihr Mönche, bleibt der Mönch wohlbewusst. 
Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, 
wohlbewusst: das haltet als unser Gebot.« 

Es vernahm aber Ambapäli die Tänzerin“: 
>Der Erhabene, heißt es, ist in Vesäli iange- 
kommen, hält bei Vesäli Rast, im Mangohaine 
bei mir !< Da ließ nun Ambapäli die Tänzerin 
prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst 
einen solchen und fuhr, gefolgt von manchen 
anderen, von Vesäli hinaus, nach ihrem Garten, 
da fuhr sie hin. So weit gekommen als man 
fahren konnte, stieg sie vom Wagen ab und 
schritt dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene 
weilte. Dort angelangt begrüßte sie den Er- 
habenen ehrerbietig und setzte sich beiseite 
nieder. Ambapäli die Tänzerin, die da beiseite 
saß, wurde nun vom Erhabenen in lehrreichem 

56 



Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und 
erheitert. Als dann Ambapäli die Tänzerin vom 
Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermun- 
tert, ermuthigt, erregt und erheitert war, 
sprach sie zum Erhabenen also: 

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die 
Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir 
zu speisen!« 

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte. 

Nachdem nun Ambapäli die Tänzerin der Zu- 
stimmung des Erhabenen gewiss war, stand sie 
vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrer- 
bietig, ging rechts herum und entfernte sich. 

Es hörten aber die licchavischen Fürsten 
von Vesäli reden: >Der Erhabene, sagt man, 
ist in Vesäli angekommen, hält in Vesäli Rast, 
im Haine der Ambapäli.< Da ließen denn jene 
Licchavier prächtige Wagen bespannen, be- 
stiegen selber solche und fuhren mit großem 
Gepränge aus der Stadt weg. Einige Licchavier 
hatten da blau gewählt, blaue Farben, blaue 


57 



Gewänder, blaue Geschmeide, andere Liccha- 
vier hatten gelb gewählt, gelbe Farben, gelbe 
Gewänder, gelbe Geschmeide, andere Liccha- 
vier wieder hatten roth gewählt, rothe Farben, 
rothe Gewänder, rothe Geschmeide, und wieder 
andere Licchavier hatten weiß gewählt, weiße 
Farben, weiße Gewänder, weiße Geschmeide. 

Da kam denn Ambapäli die Tänzerin den 
jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei 
Achse, Rad bei Rad, Ross bei Ross auf der 
Rückfahrt entgegen.^^ Da haben nun jene Li- 
cchavier Ambapäli der Tänzerin zugerufen : 

»Warum, he Ambapäli, kommst du uns 
jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei 
Achse, Rad bei Rad, Ross bei Ross entgegen- 
gefahren ?« 

»Weil ich ja eben, gnädige Herren, den Er- 
habenen eingeladen habe, für morgen zum 
Mahle, mit der Jüngerschaft.« 

»Lass' uns, he Ambapäli, dieses Gastmahl 
über, um hunderttausend!« 

58 



»Und wenn ihr, gnädige Herren, mir gleich 
Vesäli mit seinen Einnahmen zum Geschenke 
gäbt, so würd’ ich ein so gewichtiges Gast- 
mahl doch nicht hergeben.« 

Da haben denn jene Licchavier mit den 
Fingern geschnalzt: »Geschlagen hat uns, 
ei seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat 
uns, ei seht nur, die Mangodame !« 

So fuhren denn nun jene Licchavier weiter, 
nach dem Haine der Ambapäli hin. Es sah 
aber der Erhabene die Licchavier, wie sie von 
ferne heranzogen, und wandte sich bei die- 
sem Anblick an die Mönche : 

»Wer von den Mönchen, ihr Mönche, die 
Dreiunddreißig Götter noch nicht gesehn hat, 
der mag, ihr Mönche, die versammelten Li- 
cchavier ansehn, der mag, ihr Mönche, die 
versammelten Licchavier betrachten, der mag, 
ihr Mönche, die versammelten Licchavier den 
versammelten Dreiunddreißig als ähnlich ver- 
gleichen.« 


59 



Als nun jene Licchavier so weit gefahren 
waren als man fahren konnte, stiegen sie von 
den Wagenab und begaben sich dann zu Fuße 
dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort ange- 
langt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig 
und setzten sich beiseite nieder. J ene Licchavier, 
die da beiseite saßen, wurden nun vom Erha- 
benen in lehrreichem Gespräche ermuntert, 
ermuthigt, erregt und erheitert. Als dann jene 
Licchavier vom Erhabenen in lehrreichem Ge- 
spräche ermuntert, ermuthigt, erregt und er- 
heitertwaren, sprachen sie zum Erhabenen also : 

»Gewähre uns, o Herr, der Erhabene die 
Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei uns 
zu speisen !« 

»Gewährt hab’ ich, Licchavier, für morgen 
Ambapäli der Tänzerin die Mahlzeit.« 

Da haben denn jene Licchavier mit den 
Fingern geschnalzt: »Geschlagen hat uns, ei 
seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat 
unfe, ei seht nur, die Mangodame !« 

6o 



Alsbald nun sind jene Licchavier, durch des 
Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, von 
den Sitzen aufgestanden, haben den Erhabe- 
nen ehrerbietig begrüßt, sind rechts herum- 
gegangen und von dannen gezogen. 

Ambapäli aber die Tänzerin ließ am näch- 
sten Morgen in ihrem Garten ausgewählte 
feste und flüssige Speise auftragen und sandte 
alsbald einen Boten an den Erhabenen mit 
der Meldung : >Es ist Zeit, o Herr, das Mahl 
ist bereit.< So begann denn der Erhabene 
sich beizeiten zu rüsten, nahm Mantel und 
Almosenschaale und begab sich, von der Jün- 
gerschaft begleitet, nach dem Empfangsorte 
bei Ambapäli der Tänzerin hin. Dort ange- 
langt nahm der Erhaben^ efuf dem angebote- 
nen Sitze Platz. Ambapäli aber die Tänzerin 
bediente und versorgte eigenhändig den Er- 
wachten voran und die Jüngerschaft mit aus- 
gewählter fester und flüssiger Speise. 

Nachdem nun der Erhabene gespeist und 

6a 



das Mahl beendet hatte, nahm Ambapäli die 
Tänzerin einen von den niederen Stühlen 
zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur 
Seite sitzend sprach dann Ambapäli die Tän- 
zerin zum Erhabenen also: 

»Diesen Garten, o Herr, gebe ich dem Er- 
wachten voran und der Jüngerschaft.« 

Es nahm der Erhabene den Garten an. 

Dann hat noch der Erhabene Ambapäli die 
Tänzerin in lehrreichem Gespräche ermuntert, 
ermuthigt, erregt und erheitert, ist sodann auf- 
gestanden und von dannen geschritten.^^ 


Auch bei Vesäli hat der Erhabene, im Hain 
der Ambapäli verweilend, also noch weiter- 
hin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten : 

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist 
W eisheit ^ in Tugend ausgediehene V ertiefung 
verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Ver- 
tiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen 

62 



Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausge- 
diehenes Herz wird eben von allem Wahne 
frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Da- 
seinswahn, vom Nichtwissenswahn.« 

Nachdem nun der Erhabene im Hain der Am- 
bapäli nach Belieben geweilt hatte, wandte sich 
der Erhabene an den ehrwürdigen Anando: 

»Lass’ uns, Anando, nach dem Bilva- Weiler 
aufbrechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jün- 
gerschaft begleitet, nach dem Bilva-W eiler hin- 
gezogen. Bei dem Bilva-Weiler hat dann der 
Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte 
sich der Erhabene an die Mönche: 

»Geht hin, ihr Mönche, in die Gegend um Ve- 
sSli, und sucht womöglich freundliche, womög- 
lich gern gesehene, womöglich gefällige Orte 
für die Regenzeit auf^ ich aber mag eben hier 
am Bilva-Weiler die Regenzeit verbringen.« 

63 



»Wohl, o Herr«, sagten da gehorsam jene 
Mönche zum Erhabenen. Und in der Gegend 
um Vesäli suchten sie womöglich freundliche, 
womöglich gern gesehene, womöglich gefällige 
Orte für die Regenzeit auf. Der Erhabene aber 
mochte eben dort am Bilva- Weiler die Regen- 
zeit verbringen. 

Da hat nun den Erhabenen während der 
Regenzeit eine heftige Krankheit befallen, 
starke Schmerzen stellten sich ein, lebens- 
gefährliche. Die hat denn der Erhabene klar 
und wohlbewusst erduldet, ohne sich verstören 
zu lassen. 

Da sagte sich nun der Erhabene : >Das 
kommt mir nicht zu, dass ich, ohne die Nahe- 
stehenden^^ verständigt, ohne die Jüngerschaft 
bedeutet zu haben, zur Erlöschung einginge 5 
wie, wenn ich nun diese Krankheit durch 
Kraft von mir abwendete und auf den Lebens- 
gedanken gestützt verbliebe ?< Alsbald hat nun 
der Erhabene diese Krankheit durch Kraft 

64 



von sich abgewendet und ist auf den Lebens- 
gedanken gestützt verblieben. Da hat denn 
beim Erhabenen diese Krankheit sich be- 
schwichtigt.^^ 

Als nun die Beschwer gewichen war, bald 
nach dem Aufhören der Beschwerden, kam 
der Erhabene aus der Klause hervor und nahm 
an der Schattenseite der Wand auf dem be- 
reitstehenden Sitze Platz. 

Da ist denn der ehrwürdige Anando zum 
Erhabenen herangekommen, hat den Erha- 
benen ehrerbietig begrüßt und beiseite sich 
niedergesetzt. Beiseite sitzend sprach nun der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen also; 

»Zum Glücke, o Herr, geht es dem Erha- 
benen wohl, ein Glück ist’s, o Herr, dass es 
dem Erhabenen leidlich geht ! — Freilich war 
mir, o Herr, der Körper wie süßen Mostes 
trunken geworden, und ich wusste nicht links 
und nicht rechts und konnte an nichts mehr 
denken, bei den Beschwerden des Erhabenen^ 

5 LT 65 



aber ich hatte, o Herr, eben doch noch eine 
gewisse Zuversicht: >Nicht eher wird der Er- 
habene zur Erlöschung eingehn, nicht bevor 
der Erhabene in Betreff der Jüngerschaft noch 
etwas anordnet<.« 

»Was hat denn, Anando, die Jüngerschaft 
noch von mir zu erwarten? Aufgewiesen hab’ 
ich, Anando, die Satzung, und habe kein Innen 
und kein Außen gemacht: nicht giebt es, Anan- 
do, beim Vollendeten ein Aufsparen in der 
hohlen Faust/^ Wer da etwa, Anando, also 
dächte: >Ich habe die Jüngerschaft zu lenken<, 
oder: >Auf mich angewiesen ist die Jünger- 
schaft<, der hätte ja wohl, Anando, in Betreff 
der Jüngerschaft noch etwas anzuordnen. Der 
Vollendete hat, Anando, keine solchen Ge- 
danken, wie: >Ich habe die Jüngerschaft zu 
lenken<, oder: >Auf mich angewiesen ist die 
Jüngerschaf t<^ was sollte, Anando, der Voll- 
endete in Betreff der Jüngerschaft irgend noch 
anzuordnen haben? Ich bin doch, Anando, 


66 



jetzt alt geworden, ein Greisi, hochbetagt, bin 
meinen Weg gegangen, am Ziel angelangt, 
stehe im achtzigsten Jahre. Gleichwie etwa, 
Anando, ein abgeratterter Karren mit Ach 
und Krach weitergebracht wird, ebenso auch 
wird, Anando, mit Ach und Krach, so zu sagen, 
der Leib des Vollendeten weitergebracht. — 
Zu einer Zeit, Anando, wo der Vollendete 
keinerlei Vorstellungen Raum gegeben und 
einzelne Empfindungen aufgelöst hat, und also 
im Bereich einer geistigen Vertiefung ohne 
Vorstellen verweilt: Wohlsein, Anando, mag 
zu einer solchen Zeit der Leib des Vollendeten 
erwirken. 

»Darum aber, Anando, wahrt euch selber als 
Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zu- 
flucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als 
Zuflucht, ohne andere Zuflucht. Wie aber, 
Anando, wahrt der Mönch sich selber als 
Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zu- 
flucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als 

67 


5* 



Zuflucht, ohne andere Zuflucht? Da wacht, 
Anando, der Mönch beim Körper über den 
Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, 
nach Verwindung weltlichen Begehrens und 
Bekümmerns^ wacht bei den Gefühlen über 
die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, ein- 
sichtig, nach Verwindung weltlichen Begeh- 
rens und Bekümmerns^ wacht beim Gemüthe 
über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, 
einsichtig, nach Verwindung weltlichen Be- 
gehrens und Bekümmerns^ wacht bei den 
Erscheinungen über die Erscheinungen, uner- 
müdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach 
Verwindung weltlichen Begehrens und Be- 
kümmerns. Also, Anando, wahrt der Mönch 
sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, 
ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, 
die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht. 

»Die also da, Anando, jetzt eben oder nach 
meinem Verscheiden, sich selber als Leuchte, 
selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die 

68 



Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, 
ohne andere Zuflucht, zu wahren verstehn : 
in solchem Anbetracht nur werden diese, 
Anando, Mönche sein, die da eifrige Übung 
lieben.« 


ENDE DES ZWEITEN BERICHTES 



D a hat denn der Erhabene eines Morgens 
sich gerüstet, Mantel und Schaale ge- 
nommen und den W eg nach Vesäli beschritten, 
um Almosenspeise. In der Stadt von Haus zu 
Haus tretend kehrte der Erhabene mit den 
erhaltenen Brocken zurück, nahm das Mahl 
ein, und wandte sich nun an den ehrwürdi- 
gen Anando : 

»Versieh’ dich, Anando, mit der Sitzinatte: 
nach dem Päväler Baumfrieden, da wollen 
wir uns hinbegeben, bis gegen Abend dort 
verweilen.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen^ und er 
versah sich mit der Sitzmatte und ging, dem 
Erhabenen rückwärts immer folgend, nach. 

So begab sich denn der Erhabene nach dem 


70 



Päväler Baumfrieden hin und nahm, dort an- 
gelangt, auf dem vorbereiteten Sitze Platz. 
Der ehrwürdige Anando aber verbeugte sich 
ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzte sich 
beiseite nieder. An den ehrwürdigen Anando, 
der da beiseite saß, w^andte sich nun der Er- 
habene also: 

»Schön gelegen ist, Anando, Vesäli, schön 
gelegen der Udener l^ark, schön gelegen der 
Garten der Gotamiden, schön gelegen der 
Siebenmangohain, schön gelegen der Hügel mit 
dem Vielblätterlaub, schön gelegen das Grab- 
mal an der Sarandadä, schön gelegen der Päväler 
Baumfrieden. — Wer auch immer, Anando, 
die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausge- 
führt, ausgebildet, ange wendet, durch geprüft, 
durchaus entrichtet hat, der könnte, Anando, 
wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter 
durchbestehn, oder bis zu Ende des Welt- 
alters. Der Vollendete hat, Anando, die vier 
Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, aus- 


71 



gebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus 
entrichtet 5 bei Verlangen danach, Anando, 
könnte der Vollendete ein Weltalter durchbe- 
stehn, oder bis zu Ende des Weltalters.« 

Ob nun gleich also dem ehrwürdigen Anan- 
do vom Erhabenen ein wichtiger Wink, ein 
wichtiger Hinweis gegeben war, hat er es 
nicht zu merken vermocht, hat nicht den 
Erhabenen gebeten: >Bestehn, o Herr, möge 
der Erhabene das Weltalter durch, bestehn 
möge der Willkommene das Weltalter durch, 
vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus 
Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und 
Heile für Götter und Menschen !<, als wie da 
vom Bösen im Geiste umgarnt. 

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal 
hat der Erhabene sich also an den ehrwür- 
digen Anando gewandt: 

»Schön gelegen ist, Anando, Vesäh, schön 
gelegen der Udener Park, schön gelegen der 
Garten der Gotamiden, schön gelegen der 


72 



Siebenmaiigohain, schön gelegen der Hügel 
mit dem Vielblätterlaub^ schön gelegen das 
Grabmal an der Sarandadä^ schön gelegen 
der Päväler Baumfrieden. — Wer auch im- 
mer, Anando, die vier Machtgebiete geübt, 
gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, 
durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der 
könnte, Anando, wenn ihn danach verlangte, 
ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Knde 
des Weltalters. Der Vollendete hat, Anando, 
die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausge- 
führt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, 
durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, 
Anando, könnte der Vollendete ein Weltalter 
durchbestehn, oder bis zu Ende des W eltalters.« 

Ob nun gleich also dem ehrwürdigen Anan- 
do vom Erhabenen ein wichtiger Wink, ein 
wichtiger Hinweis gegeben war, hat er es nicht 
zu merken vermocht, hat nicht den Erhabenen 
gebeten : >Bestehn, o Herr, möge der Erhabene 
das Weltalter durch, bestehn möge der Will- 


75 



kommene das Weltalter durch, vielen zum 
Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur 
Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für 
Götter und Menschen !<, als wie da vom Bösen 
im Geiste umgarnt,'® 

Da hat denn der Erhabene zum ehrwürdigen 
Anando gesagt: 

»Geh’ hin, Anando, wie es dir nun belieben 
mag.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen, stand vom 
Sitze auf, verbeugte sich ehrerbietig vor dem 
Erhabenen, ging rechtsherum und setzte sich, 
nicht weit entfernt, an der Wurzel eines anderen 
Baumes nieder. 

Da ist nun Märo der Böse, nicht lange nach- 
dem der ehrwürdige Anando gegangen war, 
zum Erhabenen herangekommen und beiseite 
gestanden. Beiseite stehend hat dann Märo 
der Böse zum Erhabenen also gesprochen : 

»Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erha- 


74 



bene, erlöschen möge der Willkommene! Zur 
Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den 
Erhabenen. Verheißen hat ja einst, o Herr, 
der Erhabene die Worte: >Nicht eher werde 
ich. Böser, zur Erlöschung eingehn, solange 
Mönche bei mir nicht Jünger geworden sind, 
augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, 
in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter 
der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend 
auf dem geraden Pfade vorschreiten werden 
und der Lehre gemäß wandelnd die eigene 
Meisterschaft erworben haben und anzuzeigen, 
aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu ent- 
hüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen 
vermögen, einen von anderen vorgebrachten 
Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt 
abwehren können, gut erfassbar die Lehre auf- 
weisen werden.< — Heute nun aber sind, o 
Herr, Mönche des Erhabenen Jünger, augenfäl- 
lige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicher- 
heit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, 


75 



der Lehre lehr gemäß nachfolgend schreiten sie 
auf dem geraden Pfade vor, haben der Lehre 
gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft er- 
worben und vermögen sie anzuzeigen, aufzu- 
weisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, 
zu entwickeln, offenbar zu machen, können 
einen von anderen vorgebrachten Ein wand, 
mit Fug und Recht wohlabge wehrt ab wehren, 
weisen gut erfassbar die Lehre auf. Erlöschen 
möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen 
möge der Willkommene ! Zur Erlöschung ist es 
jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen. — Ver- 
heißen hat ja einst, o Herr, der Erhabene die 
Worte: >Nicht eher werde ich, Böser, zur Er- 
löschung eingehn, solange Nonnen bei mir 
nicht Jüngerinen geworden sind^ solange An- 
hänger und Anhängerinen bei mir keine Jünger 
geworden sind : augenfällige, auserprobte, mit 
freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vieler- 
fahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß 
nachfolgend auf dem geraden Pfade vor- 

76' 



schreiten werden und der Lehre gemäß wan- 
delnd die eigene Meisterschaft erworben haben 
und anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, dar- 
zustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar 
zu machen vermögen, einen von anderen vorge- 
brachten Einwand mit Fug und Recht wohlab- 
gewehrt abwehren können, gut erfassbar die 
Lehre aufweisen werden.< — Heute nun aber 
sind, o Herr, Nonnen des Erhabenen Jünge- 
rinen 5 sind Anhänger und Anhängerinen des 
Erhabenen Jünger: augenfällige, auserprobte, 
mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, viel- 
erfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrge- 
mäß nachfolgend schreiten sie auf dem geraden 
Pfade vor, haben der Lehre gemäß wandelnd 
die eigene Meisterschaft erworben und ver- 
mögen sie anzuzeigen, aufzu weisen, darzulegen, 
darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offen- 
bar zu machen, können einen von anderen 
vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht 
wohlabgewehrt abwehren, weisen gut erfass- 


77 



bar die Lehre auf. Erlöschen möge jetzt, o Herr, 
der Erhabene, erlöschen möge der Willkom- 
mene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, 
für den Erhabenen. 

»Verheißen hat ja einst, o Herr, der Erha- 
bene die Worte: >Nicht eher werde ich. Böser, 
zur Erlöschung eingehn, solange da bei mir 
das Asketenthum nicht mächtig wird aufge- 
diehen sein, nach allen Seiten hin, unter vielem 
Volke verbreitet, jedem zugänglich, bis es eben 
den Menschen wohlbekannt geworden ist.< 
Heute nun aber ist, o Herr, das Asketenthum 
des Erhabenen mächtig aufgediehen, nach allen 
Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet 
jedem zugänglich, lange schon den Menschen 
wohlbekannt geworden. Erlöschen möge jetzt, 
o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der 
Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt 
Zeit, o Herr, für den Erhabenen.« 

Also angegangen hat der Erhabene zu Maro 
dem Bösen da gesagt; 

78 



»Sei du unbesorgt, Böser, binnen kurzem 
wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung 
kommen: heute über drei Monate wird der 
Vollendete zur Erlöschung eingehn.« 


D. hat denn der Erhabene am Pavaler Baum- 
frieden klar und wohlbewusst den Dauerge- 
danken entlassen. 

Mit dem Entlassen des Dauergedankens 
durch den Erhabenen war aber ein gewaltiges 
Zittern über die Erde gegangen, ein Erschauern 
und ein Erschaudern, und der Wolken rollende 
Donner dröhnten dahin. Da ließ nun der Er- 
habene, bei solchem Anblick eben dazumal 
tief aufathmend, dies verlauten : 

»Gemein und ungemein, was geworden ist, 
Gedanken an Dasein entlassen hat der Mönch : 

In sich besäligt, innig geeint. 

Zerriss wie ein Panzerhemd er den Selbstbestand.« 


79 



Alsbald aber sagte sich da der ehrwürdige 
Anando : >Erstaunlich, fürwahr, außerordent- 


lich, fürwahr! Ein gewaltiges Zittern war es 
über die Erde, ein ganz gewaltiges Zittern 
über die Erde war’s, ein Erschauern und ein 
Erschaudern, und der Wolken rollende Donner 


dröhnten dahin. Was mag wohl, der Anlass, 
was der Umstand sein, dass ein gewaltiges 
Zittern über die Erde zur Erscheinung kam?< 
Da begab sich denn der ehrwürdige Anando 
zum Erhabenen hin, verbeugte sich vor dem 
Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite 
nieder. Beiseite sitzend sprach nun der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen also: 

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich, o 
Herr; ein gewaltiges Zittern, o Herr, ist über 
die Erde gegangen, ein ganz gewaltiges Zittern, 
o Herr, über die Erde war’s, ein Erschauern 
und ein Erschaudern, und der Wolken rollende 


Donner dröhnten dahin. Was mag wohl, o 
Herr, der Anlass, was der Umstand sein, dass 


8o 



ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Er- 
scheinung kam?« 

»Acht Anlässe giebt es, Anando, acht Um- 
stände, dass ein gewaltiges Zittern über die 
Erde zur Erscheinung kommt: und welche 
acht? Diese große Erde, Anando, hat ihren 
Bestand im Wasser, das Wasser hat seinen Be- 
stand im Winde, der Wind hat seinen Bestand 
im Raume. Zu einer Zeit nun, Anando, wo 
gewaltige Winde wehen, lassen die gewaltigen 
Winde mit ihrem Wehen das Wasser erbeben : 
und erbebt das Wasser, erbebt die Erde. Das 
ist der erste Anlass, der erste Umstand, dass 
ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Er- 
scheinung kommt. 

»Ferner aber, Anando, ist da ein Asket oder 
ein Priester, der ist machtvoll, hat die Herr- 
schaft über seinen Geist, oder ein Gott, hoch- 
mächtig, hochgewajtigj der hat die Vorstellung 
>Erde< mäßig entwickelt, unermesslich die 
Vorstellung > Wassere so macht er diese Erde 

8i 


6 LT 



beben und erbeben, wanken und schwanken. 
Das ist der zweite Anlass, der zweite Umstand, 
dass ein gewaltiges Zittern über die Erde zur 
Erscheinung kommt.®^ 

»Ferner aber, Anando: wann der Erwach- 
same aus Säliger Gestalt hinweggeschwunden 
klar bewusst in den Leib der Mutter herab- 
kommt, dann geräth diese Erde in Beben und 
Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist 
der dritte Anlass, der dritte Umstand, dass ein 
gewaltiges Zittern über die Erde zur Erschei- 
nung kommt. 

»Ferner aber, Anando: wann der Erwach- 
same klar bewusst aus dem Leibe der Mutter 
hervorkehrt, dann geräth diese Erde in Beben 
und Erbeben, in Wanken und Schwanken. 
Das ist der vierte Anlass, der vierte Umstand, 
dass ein gewaltiges Zittern über die Erde zur 
Erscheinung kommt. 

»Ferner aber, Anando: wann der Vollendete 
in der unvergleichlichen vollkommenen Er- 

82 



wachung auferwacht, dann geräth diese Erde 
in Beben und Erbeben, in Wanken und 
Schwanken. Das ist der fünfte Anlass, der 
fünfte Umstand, dass ein gewaltiges Zittern 
über die Erde zur Erscheinung kommt. 

»Ferner aber, Anando: wann der Vollen- 
dete das unvergleichliche Reich der Wahrheit 
darstellt, dann geräth diese Erde in Beben und 
Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist 
der sechste Anlass, der sechste Umstand, dass 
ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Er- 
scheinung kommt. 

»Ferner aber, Anando: wann der Vollen- 
dete klar bewusst den Dauergedanken entlässt, 
dann geräth diese Erde in Beben und Erbeben, 
in Wanken und Schwanken. Das ist der sie- 
bente Anlass, der siebente Umstand, dass ein 
gewaltiges Zittern über die Erde zur Erschei- 
nung kommt. 

»Ferner aber, Anando: wann der Vollen- 
dete in der ohne Hangen verbliebenen Art der 

83 


6 * 



Erlöschung zu erlöschen kommt, dann geräth 
diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken 
und Schwanken. Das ist der achte Anlass, der 
achte Umstand, dass ein gewaltiges Zittern über 
die Erde zur Erscheinung kommt.^^ — Das 
sind, Anando, dieacht Anlässe, acht Umstände, 
dass ein gewaltiges Zittern über die Erde zur 
Erscheinung kommt. 


»Acht giebt es, Anando, der Versammlungen : 
und was für acht ? Die Versammlung der Krie- 
ger, die Versammlung der Priester, die Ver- 
sammlung der Bürger, die Versammlung der 
Asketen, die Versammlung der Götter der vier 
Gegenden, die Versammlung der Götter der 
Dreiunddreißig, die Versammlung der sinn- 
lichen Götter und die Versammlung der hei- 
ligen Götter, 

»Nun weiß ich wohl, Anando, dass ich eine 
Versammlung von etlichen hundert Kriegern 

84 



besucht habe. Da hab’ ich denn zuerst eben 
Platz genommen, zuerst die Unterredung er- 
öffnet und zuerst die Unterhaltung in Gang 
gebracht. Welche Miene dort nun jene zeigten, 
solche Miene zeigte ich^ welchen Ton jene 
angaben, solchen Ton gab ich an, und in lehr- 
reichem Gespräche ermunterte, ermuthigte, 
erregte und erheiterte ich. Während ich aber 
sprach, kannte mich keiner. >Wer ist es nur, 
der da redet, ein Gott oder ein Mensch ?<, 
sagte man. Als ich aber in lehrreichem Ge- 
spräche ermuntert, ermuthigt, erregt und er- 
heitert hatte, schwand ich von dannen 5 und 
auch mich entschwundenen kannte keiner. 
>Wer war es nur, der da entschwunden ist, 
ein Gott oder ein Mensch ?<, sagte man. — 
Auch weiß ich wohl, Anando, dass ich eine 
Versammlung von etlichen hundert Priestern, 
Versammlung von etlichen hundert Bürgern, 
Versammlung von etlichen hundert Asketen, 
dass ich eine Versammlung von etlichen hun- 

85 



dert Göttern der vier Gegenden^ Versammlung 
von etlichen hundert Göttern der Dreiund- 
dreißig, Versammlung von etlichen hundert 
sinnlichen Göttern, Versammlung von etlichen 
hundert heiligen Göttern besucht habe. Da 
hab’ ich denn zuerst eben Platz genommen, 
zuerst die Unterredung eröffnet und zuerst die 
Unterhaltung in Gang gebracht. W eiche Miene 
dort nun jene zeigten, solche Miene zeigte ich^ 
welchen Ton jene angaben, solchen Ton gab 
ich an, und in lehrreichem Gespräche ermun- 
terte, ermuthigte, erregte und erheiterte ich. 
Während ich aber sprach, kannte mich keiner. 
>Wer ist es nur, der da redet, ein Gott oder ein 
Mensch ?<, sagte man: Als ich aber in lehrrei- 
chem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt 
und erheitert hatte, schwand ich von dannen; 
und auch mich entschwundenen kannte keiner. 
>Werwar es nur, der da entschwunden ist, ein 
Gott oder ein Mensch ?<, sagte man. — Das 
sind, Anando, die acht Versammlungen. 

86 



»Acht Grade giebt es, Anando, der Über- 
windung: und welche acht? Innen nimmt man 
Formen wahr, einige außen sieht man Formen, 
wenig, schöne und unschöne; solche über- 
windend sagt man sich ^Ich weiß es, ich seh’ 
es’, nimmt es also wahr: das ist der erste Grad 
der Überwindung. Innen nimmt man Formen 
Wahr, einig; außen sieht man Formen, uner- 
messlich, schöne und unschöne; solche über- 
windend sagt man sich ^Ich weiß es, ich seh’ es’, 
nimmt es also wahr: das ist der zweite Grad 
der Überwindung. Innen ohne Formwahr- 
nehmung, einig, sieht man außen Formen, 
wenig, schöne und unschöne; solche über- 
windend sagt man sich ^Ich weiß es^ ich seh’ 
es’, nimmt es also wahr: das ist der dritte Grad 
der Überwindung. Innen ohne Formwahr- 
nehmung, einig, sieht man außen Formen, 
unermesslich, schöne und unschöne; solche 
überwindend sagt man sich ^Ich weiß es, ich 
seh’ es’, nimmt es also wahr : das ist der vierte 

87 



Grad der Überwindung. Innen ohne Form- 
wahrnehmung, einig, sieht man außen For- 
men, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, 
blau aussehn. Gleichwie etwa eine Hanfblüthe 
blau ist, blau schimmert, blau scheint, blau aus- 
sieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf 
beiden Seiten blaugefärbt, blau schimmert, blau 
scheint, blau aussieht: ebenso auch sieht man, 
innen ohne Form Wahrnehmung, einig, außen 
Formen, blaue, die blau schimmern, blau 
scheinen, blau aussehn ^ solche überwindend 
sagt man sich ^Ich weiß es, ich seh’ es’, nimmt 
es also wahr; das ist der fünfte Grad der 
Überwindung. Innen ohne Form Wahrneh- 
mung, einig, sieht man außen Formen, gelbe, 
die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aus- 
sehn. Gleichwie etwa eine Zimmtblüthe gelb 
ist, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aus- 
sieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf 
beiden Seiten gelbgefärbt, gelb schimmert, gelb 
scheint, gelb aussieht : ebenso auch sieht man, 

88 



innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen 
Formen, gelbe, die gelb schimmern, gelb 
scheinen, gelb aussehn ^ solche überwindend 
sagt man sich ^Ich weiß es, ich seh’ es’, nimmt 
es also wahr: das ist der sechste Grad der 
Überwindung. Innen ohne Formwahrneh- 
mung, einig, sieht man außen Formen, rothe, 
die roth schimmern, roth scheinen, roth aus- 
sehn. Gleichwie etwa eine Malvenrose roth ist, 
roth schimmert, roth scheint, roth aussieht, 
oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf bei- 
den Seiten rothgefärbt, roth schimmert, roth 
scheint, roth aussieht: ebenso auch sieht man, 
innen ohne Form Wahrnehmung, einig, außen 
Formen, rothe, die roth schimmern, roth 
scheinen, roth aussehn 5 solche überwindend 
sagt man sich ^Ich Weiß es, ich seh’ es’, nimmt 
es also wahr : das ist der siebente Grad der 
Überwindung. Innen ohne Formwahrneh- 
mung, einig, sieht man außen Formen, weiße, 
die weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aus- 

89 



sehn. Gleichwie etwa der Morgenstern weiß ist, 
weiß schimmert, weiß scheint, weiß aussieht, 
oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden 
Seiten weißgebleicht, weiß schimmert, weiß 
scheint, weiß aussieht: ebenso auch sieht man, 
innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen 
Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß 
scheinen, weiß aussehn; solche überwindend 
sagt man sich ^Ich weiß es, ich seh’ es’, 
nimmt es also wahr: das ist der achte Grad 
der Überwindung. — Das sind, Anando, die 
acht Grade der Überwindung. 


»Acht giebt es, Anando, der Freiungen : und 
was für acht ? Formhaft ist man und sieht die 
Formen: das ist die erste Freiung. Innen ohne 
Form Wahrnehmung sieht man außen Formen: 
das ist die zweite Freiung. Schönheit nur hat 
man im Sinne: das ist die dritte Freiung. Durch 
völlige Überwindung der Formwahrnehmufi- 


90 



gen, Vernichtung der Gegen Wahrnehmungen, 
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen ge- 
winnt man in dem Gedanken > Gränzenlos ist 
der Raum< das Reich des unbegränzten 
Raumes: das ist die vierte Freiung. Nach 
völliger Überwindung der unbegränzten 
Raumsphäre gewinnt man in dem Gedanken 
>Gränzenlos ist das Bewusstsein< das Reich des 
unbegränzten Bewusstseins : das ist die fünfte 
Freiung. Nach völliger Überwindung der un- 
begränzten Bewusstseinsphäre gewinnt man in 
dem Gedanken >Nichts ist da< das Reich des 
Nichtdaseins: das ist die sechste Freiung. Nach 
völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre 
erreicht man die Gränzscheide möglicher 
Wahrnehmung: das ist die siebente Freiung. 
Nach völliger Überwindung der Gränzscheide 
möglicher Wahrnehmung erreicht man die 
Auflösung der Wahrnehmbarkeit: das ist die 
achte Freiung. Das sind, Anando, die acht Frei- 
ungen. 


91 



»His war einmal, Anando, da bin ich bei Uruvelä 
geweilt, am Flussgestade der Neranjarä, unter 
dem Feigenbaum der Ziegenhirten, soeben 
erst vollkommen auferwacht. Da ist nun, 
Anando, Maro der Böse zu mir herangekom- 
men und beiseite gestanden. Beiseite stehend, 
Anando, hat dann Märo der Böse zu mir also 
gesprochen: >Erlöschen möge jetzt, o Herr, 
der Erhabene, erlöschen möge der Willkom- 
mene ! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, 
für den Erhabenen.< Also angegangen, Anan- 
do, hab’ ich zu Märo dem Bösen da gesagt: 
>Nicht eher werde ich. Böser, zur Erlöschung 
eingehn, solange Mönche bei mir nicht Jünger 
geworden sind, augenfällige, auserprobte, mit 
freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vieler- 
fahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß 
nachfolgend auf dem geraden Pfade vorschrei- 
ten werden und der Lehre gemäß wandelnd 
die eigene Meisterschaft erworben haben und 
anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzu- 


9 ^ 



stellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar 
zu machen vermögen, einen von anderen vor- 
gebrachten Ein wand mit Fug und Recht wohl- 
abgewehrt ab wehren können, gut erfassbar die 
Lehre aufweisen werden. Nicht eher werde ich, 
Böser, zur Erlöschung eingehn, solange Non- 
nen bei mir nicht Jüngerinen geworden sind^ 
solange Anhänger und Anhängerinen bei mir 
keine Jünger geworden sind: augenfällige, 
auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit 
geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der 
Lehre lehrgemäß nachfolgend auf dem gera- 
den Pfade vorschreiten werden und der Lehre 
gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft er- 
worben haben und anzuzeigen, aufzuweisen, 
darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu ent- 
wickeln, offenbar zu machen vermögen, einen 
von anderen vorgebrachten Ein wand mit Fug 
und Recht wohlabgewehrt abwehren können, 
gut erfassbar die Lehre aufweisen werden. 
Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung 


95 



eingehn, solange da bei mir das Asketenlhum 
nicht mächtig wird aufgediehen sein, nach 
allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet, 
jedem zugänglich, bis es eben den Menschen 
wohlbekannt geworden ist.< Jetzt aber eben, 
Anando, heute am Päväler Baumfrieden, ist 
Märo der Böse zu mir herangekommen und 
beiseite gestanden. Beiseite stehend, Anando, 
hat nun Märo der Böse zu mir also gesprochen : 
>Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, 
erlöschen möge der Willkommene! Zur Er- 
löschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den 
Erhabenen. Verheißen hat ja einst, o Herr, 
der Erhabene die Worte: ^Nicht eher werde 
ich. Böser, zur Erlöschung eingehn, solange 
Mönche bei mir nicht Jünger geworden sind, 
solange Nonnen bei mir nicht Jüngerinen ge- 
worden sind, solange Anhänger und An- 
hängerinen bei mir keine Jünger geworden 
sind, solange da bei mir das Asketenthum nicht 
mächtig wird aufgediehen sein, nach allen 


94 



Seiten hin, unter vielemVolke verbreitet, jedem 
zugänglich, bis es eben den Menschen wohl- 
bekannt geworden ist.’ Heute nun aber ist, 
o Herr, das Asketenthum beim Erhabenen 
mächtig aufgediehen, nach allen Seiten hin, 
unter vielem Volke verbreitet, jedem zu- 
gänglich, lange schon den Menschen wohl- 
bekannt geworden. Erlöschen möge jetzt, o 
Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Will- 
kommene ! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, 
o Herr, für den Erhabenen.< Also angegangen, 
Anando, hab’ ich zu Märo dem Bösen da ge- 
sagt: >Sei du unbesorgt. Böser, binnen kurzem 
wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung 
kommen: heute über drei Monate wird der 
Vollendete zur Erlöschung eingehn.< Jetzt 
eben hat, Anando, heute am Päväler Baum- 
frieden, der Vollendete klar und wohlbewusst 
den Dauergedanken entlassen.« 

Nach diesen Worten sprach der ehrwürdige 
Anando den Erhabenen also an: 


95 



»Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das 
Weltalter durch, bestehn möge der Willkom- 
mene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, 
vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, 
zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter 
und Menschen!« 

»Lass’ es gut sein, Anando, bitte nicht den 
Vollendeten, die Zeit ist vorbei, Anando, den 
Vollendeten zu bitten.« 

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal 
sprach nun der ehrwürdige Anando den Er- 
habenen also an : 

»Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das 
Weltalter durch, bestehn möge der Willkom- 
mene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, 
vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, 
zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter 
und Menschen!« 

»Hast du, Anando, Vertrauen zur Wach- 
heit des Vollendeten?« 

»Gewiss, o Herr!« 

96 



»Wie denn also nur magst du, Anando, 
den Vollendeten bis zur dreimaligen Wieder- 
holung bedrängen?« 

»Von Angesicht hab’ ich es, o Herr, vom 
Erhabenen gehört, von Angesicht vernom- 
men: >Wer auch immer, Anando, die vier 
Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, aus- 
gebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus 
entrichtet hat, der könnte, Änando, wenn 
ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbe- 
stehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der 
Vollendete hat, Anando, die vier Machtgebiete 
geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, ange- 
wendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet ^ 
bei Verlangen danach, Anando, könnte der 
Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder 
bis zu Ende des Weltalters<.« 

»Und du hast es geglaubt, Anando ?« 

»Freilich, o Herr!« 

»Darum aber, Anando, hast du eben hier es 
versehn, hast du eben hier es versäumt, der 


7 lt 


97 



du, ob dir gleich also vom Vollendeten ein 
wichtiger Wink, ein wichtiger Hinweis ge- 
geben war, es nicht zu merken vermochtest, 
den Vollendeten nicht gebeten hast : >Bestehn 
möge der Erhabene das Weltalter durch, be- 
stehn möge der Willkommene das Weltalter 
durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, 
aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle 
und Heile für Götter und Menschen.< Hät- 
test du, Anando, den Vollendeten gebeten, 
so hätte wohl zweimal deine Worte der Voll- 
endete abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen 
entsprochen. Darum aber, Anando, hast du 
eben hier es versehn, hast du eben hier es 
versäumt. 

»Es war einmal, Anando, da bin ich bei 
Räjagaham geweilt, am Geierkulm, im Ge- 
birge. Auch dort, Anando, hab’ ich zu dir 
gesagt: >Schön gelegen ist, Anando, Räja- 
gaham, schön gelegen der Geierkulm, das Ge- 
birge. — Wer auch immer, Anando, die vier 

98 



Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, aus- 
gebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus 
entrichtet hat, der könnte, Änando, wenn ihn 
danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, 
oder bis zu Ende des Weltalters. Der Voll- 
endete hat, Anando, die vier Machtgebiete 
geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, an- 
gewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; 
bei Verlangen danach, Anando, könnte der 
Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder 
bis zu Ende des Weltalters.< Ob dir gleich 
also, Anando, vom Vollendeten ein wichtiger 
Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, 
hast du es nicht zu merken vermocht, hast 
nicht den Vollendeten gebeten : ^Bestehn möge 
der Erhabene das Weltalter durch, bestehn 
möge der Willkommene das Weltalter durch, 
vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Er- 
barmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und 
Heile für Götter und Menschen.’ Hättest du, 
Anando, den Vollendeten gebeten, so hätte 


7 * 


99 



wohl zweimal deine Worte der Vollendete 
abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen ent- 
sprochen. Darum aber, Anando, hast du eben 
hier es versehn, hast du eben hier es ver- 
säumt. 

»Es war einmal, Anando, da bin ich wieder 
eben bei Räjagaham geweilt, unter dem Fei- 
genbaum im Hirtenhain ^ und wieder bei 
Räjagaham, am Räubersprung ^ und wieder 
einmal am Abhange des Brockensteins, in der 
Siebenblätterlaubgrotte und wieder am Se- 
herschlunde, in der Schlucht beim Schwarzen 
Felsen 5 und im Kühlen Walde, in der Bucht 
am Schlangenweiher ^ und auch in der Aue 
am Tapodo^ auch wieder im Bambuspark, 
am Hügel der Eichhörnchen^ und wieder 
auch im Mangohaine Jivakos^^ ^ und auch eben 
bei Räjagaham im Wildgarten ober dem Eng- 
pass. Auch dort, Anando, hab' ich also zu dir 
gesprochen. — Es war einmal, Anando, da 
bin ich wieder hier, bei Vesäli geweilt, im 


100 



Udener Park 5 und hier bei Vesäli, im Garten 
der Gotamiden^ und wiederum hier im 
Siebenmangohain j auch wieder am Hügel 
mit dem Vielblätterlaub j und wieder auch 
am Grabmal an der Sarandadä, bei Vesäli. 
Auch da, Anando, hab’ ich also zu dir ge- 
sprochen. 

»Nun aber hab’ ich dir, Anando, heute 
am Päväler Baumfrieden gesagt: >Schön ge- 
legen ist, Anando, Vesäli, schön gelegen der 
Udener Park, schön gelegen der. Garten der 
Gotamiden, schön gelegen der Siebenmango- 
hain, schön gelegen der Hügel mit dem Viel- 
blätterlaub, schön gelegen das Grabmal an der 
Sarandadä, schön gelegen der Päväler Baum- 
frieden. — Wer auch immer, Anando, die 
vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, 
ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durch- 
aus entrichtet hat, der könnte, Anando, wenn 
ihn danach verlangte, ein Weltalter durch- 
bestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der 


101 



Vollendete hat, Anando, die vier Machtgebiete 
geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, an- 
gewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet^ 
bei Verlangen danach, Anando, könnte der 
Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder 
bis zu Ende des Weltalters.< Ob dir gleich 
also, Anando, vom Vollendeten ein wichtiger 
Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, 
hast du es nicht zu merken vermocht, hast 
nicht den Vollendeten gebeten : ^Bestehn möge 
der Erhabene das Weltalter durch, bestehn 
möge der Willkommene das Weltalter durch, 
vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus 
Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle 
und Heile für Götter und Menschen.’ Hättest 
du, Anando, den Vollendeten gebeten, so 
hätte wohl zweimal deine Worte der Voll- 
endete abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen 
entsprochen. Darum aber, Anando, hast du 
eben hier es versehn, hast du eben hier es 
versäumt.*^ 


102 



»rtab’ ich denn das, Anando, nicht vorher 
schon verkündet, dass eben alles, was einem 
lieb und angenehm ist, verschieden werden, 
aus werden, anders werden muss? Woher 
könnte das hier, Anando, erlangt werden, dass 
was geboren, geworden, zusammengesetzt, 
dem Verfall unterworfen ist, da doch nicht 
verfallen sollte: das giebt es nicht. Weil nun 
aber, Änando, der Vollendete sich davon los- 
gemacht, entledigt, befreit, abgewandt, ent- 
äußert, den Dauergedanken entlassen hat, hat 
der Vollendete schlechthin gültig gesprochen: 
>Binnen kurzem wird es mit dem Vollendeten 
zur Erlöschung kommen: heute über drei 
Monate wird der Vollendete zur Erlöschung 
eingehn. < Dass aber der Vollendete dieses 
Wort, um am Leben zu bleiben, wieder zu- 
rücknehmen sollte: das giebt es nicht. — 
Lass’ uns, Anando, nach dem Großen Walde 
aufbrechen, zur Halle der Einsiedelei, dahin 
wollen wir gehn.« 


105 



»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
denn der Erhabene mit dem ehrwürdigen 
Anando nach dem Großen Walde, zur Halle 
der Einsiedelei hingewandert. Dort angelangt 
wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen 
Anando : 

»Gehe du, Anando : soviel da Mönche um 
Vesäli her sich aufhalten, alle die lass’ in der 
Halle des Vorhauses sich einfinden.« 

»Ja, o Herr«, sagte da gehorsam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen ^ und soviel 
der Mönche um Vesäli her sich aufhielten, alle 
die hieß er in der Halle des Vorhauses sich ein- 
finden, kehrte dann zum Erhabenen zurück, 
begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und stand 
beiseite. Beiseite stehend sprach nun der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen also: 

»Versammelt, o Herr, ist die Jüngerschaft : 
wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben 
mag.« 

104 



Da begab sich nun der Erhabene nach der 
Halle des \ orhauses hin und nahm, dort an- 
gelangt, auf dem angebotenen Sitze Platz. Dann 
wandte sich der Erhabene an die Mönche : 

»Darum aber, ihr Mönche, habt ihr die 
Dinge, die von mir zur Durchschauung euch 
aufgewiesen wurden, wohl zu bewahren, zu 
behüten, zu üben und zu pflegen, auf dass dieses 
Asketenthum seinen Lauf nehme, lange be- 
stehn kann, dass es vielen zum W ohle, vielen 
zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum 
Nutzen, Wohle und Heile für Götter und 
Menschen. Was sind das aber, ihr Mönche, für 
Dinge, die von mir zur Durchschauung euch 
aufgewiesen wurden, die ihr da wohl zu be- 
wahren, zu behüten, zu üben und zu pflegen 
habt, auf dass dieses Asketenthum seinen Lauf 
nehme, lange bestehn kann, dass es vielen zum 
Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen 
zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für 
Götter und Menschen? Als wie da sind: die 


105 



vier Pfeiler der Einsicht, die vier gewaltigen 
Kämpfe, die vier Machtgebiete, die fünf Fähig- 
keiten, die fünf Vermögen, die sieben Er- 
weckungen, der heilige achtfältige Weg. Das 
sind, ihr Mönche, die Dinge, die von mir zur 
Durchschauung euch aufgewiesen wurden, die 
ihr da wohl zu bewahren, zu behüten, zu üben 
und zu pflegen habt, auf dass dieses Asketen- 
thum seinen Lauf nehme, lange bestehn kann, 
dass es vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, 
aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle 
und Heile für Götter und Menschen. 

Dann hat der Erhabene zu den Mönchen 
gesagt: 

»Wohlan denn, ihr Mönche, lasst euch ge- 
sagt sein; schwinden muss jede Erscheinung, 
unermüdlich mögt ihr da kämpfen^ binnen 
kurzem wird es mit dem Vollendeten zur Er- 
löschung kommen: heute über drei Monate 
wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn.« 

Also sprach der Erhabene. Als der Will- 



kommene das gesagt hatte, sprach fernerhin 
also der Meister: 

»Zarte Jugend, rauhes Alter, 

Ob nun thöricht, oder weise, 

Ob es Arme sind, ob Reiche : 

Todesunterthan ist alles. 

»Wie des Hafners Töpferwaare, 

Vielgoformte l'hongefäße, 

Große Krüge, kleine Schaalen, 

Ob gebrannt schon, ungebrannt noch : 

Alle doch zerbrechen endlich ; 

Unser Dasein ist nicht anders.« 

Ferner aber sprach noch also der Meister: 

»Mein Tagewerk ist abgereift, 

Zur Neige senkt mein Leben sich: 

Von euch nun scheidend geh’ ich hin. 

In eigne Zuflucht eingekehrt. 

»Seid unermüdlich, klar bewusst, 

Ihr Mönche, tugendächt bewährt : 

Geeinigt innen, recht gesinnt, 

Lasst euch das Herz behütet sein. 


107 



)>In solcher Lehre, solcher Zucht 
Wer unermüdlich ausbeharrt: 
Geburtenvvandel bald entflohn 
Zu Ende wirkt er alles Weh.<( 


ENDE DES DRITTEN BERICHTES 



D a hat denn der Erhabene eines Morgens 
sich gerüstet, Mantel und Schaale ge- 
nommen und den W eg nach V esäli beschritten, 
um Almosenspeise. In der Stadt von Haus zu 
Haus tretend kehrte der Erhabene mit den 
erhaltenen Brocken zurück, nahm das Mahl 
ein, ließ einen Elephantenblick über Vesäli 
hingleiten und wandte sich nun an den ehr- 
würdigen Anando:^® 

»Dies wird, Anando, das letzte Gesicht des 
Vollendeten gegen Vesäli gewesen sein. Lass’ 
uns, Anando, nach dem Krämerdorfe auf- 
brechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach dem Krämerdorfe 



hingezogen. Bei dem Krämerdorfe hat dann 
der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte 
sich der Erhabene an die Mönche: 

»Weil da, ihr Mönche, vier Dinge nicht 
verstanden, nicht durchdrungen waren, ist 
eben diese lange Laufbahn um wandelt worden, 
umkreist worden, von mir sowie von euch : 
und welche vier ? W eil, ihr Mönche, heilige 
Tugend nicht verstanden, nicht durchdrungen 
war, ist eben diese lange Laufbahn um wandelt 
worden, umkreist worden, von mir sowie 
von euch; weil, ihr Mönche, heilige Vertie- 
fung nicht verstanden, nicht durchdrungen 
war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt 
worden, umkreist worden, von mir sowie von 
euch ; weil, ihr Mönche, heilige W eisheit nicht 
verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben 
diese lange Laufbahn umwandelt worden, 
umkreist worden, von mir sowie von euch; 
weil, ihr Mönche, heilige Freiheit nicht ver- 
standen, nicht durchdrungen war, ist eben 


110 



diese lange Laufbahn umwandelt worden, um- 
kreist worden, von mir sowie von euch. Da ist 
jetzt, ihr Mönche, heilige Tugend verstanden, 
durchdrungen, heilige Vertiefung verstan- 
den, durchdrungen, heilige W eisheit ver- 
standen, durchdrungen, heilige Freiheit 
verstanden, durchdrungen, abgeschnitten der 
Daseinsdurst, versiegt die Daseinsader, und 
nicht mehr giebt es Wiedersein.« 

Also sprach der Erhabene. Als der Will- 
kommene das gesagt hatte, sprach fernerhin 
also der Meister; 

»Die Tugend, Tiefe, Weisheit dann 
Und Freiheit, die zuhöchst besteht. 

Sie sind verstanden, Ding um Ding« : 

Vom Gotamiden, reich an Ruhm, 

Der so als Meister hat gezeigt 
Den Jüngern was zu wissen taugt. 

Der Leiden Tilger, auferwacht. 

Der Seher, selbst erloschen hin. — 


1 1 1 



Da hat denn noch der Erhabene, bei dem 
Krämerdorfe verweilend, also auch weiter- 
hin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten 

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist 
Weisheit^ in Tugend ausgediehene Vertie- 
fung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, 
in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht 
hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit 
ausgediehenes Herz wird eben von allem 
Wahne frei, und zwar vom Wunsch es wahn, 
vom Daseinswahn, vom Nichtwissens wahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei dem 
Krämerdorfe nach Belieben geweilt hatte, 
wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen 
Anando : 

»Lass’ uns, Anando, über Elephantendorf 
nach dem Mangodorfe gehn, und über Rosen- 
apfeldorf nach der Bhoger Burg aufbrechen, 
dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 


1 1 



nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach der Bhoger Burg 
hingezogen. Bei der Bhoger Burg hat dann 
der Erhabene Rast gehalten, am Steinmal der 
Anandiden. Dort wandte sich der Erhabene an 
die Mönche: 

»Vier wichtige Bezeugnisse will ich euch 
Mönchen hier aufweisen: das höret und achtet 
wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, ö Herr«, sagten da aufmerksam 
jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene 
sprach also: 

»Da mag wohl, ihr Mönche, ein Mönch etwa 
sagen : >Von Angesicht hab’ ich es, Brüder, vom 
Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: 
das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des 
Meisters Gebot.< Die Aussage eines solchen 
Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen 
noch abzuweisen ^ ohne sie gebilligt, ohne sie 
abgewiesen zu haben, hat man sich da die be- 
zeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und 



in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht 
ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber 
in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht 
ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun 
weder in den Reden ihre Bestätigung noch in 
der Zucht ihren Nachweis finden, so muss man 
dabei zu dem Schlüsse kommen: >Freilich ist 
das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern 
ist von diesem Mönche schlecht aufgefasst 
worden<^ so mögt ihr, Mönche, dieses dann 
verwerfen. Wenn man aber in den Reden 
ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis 
aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in 
den Reden ihre Bestätigung und auch in der 
Zucht ihren Nachweis finden, so muss man 
dabei zu dem Schlüsse kommen: >Freilich ist 
das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesem 
Mönche recht aufgefasst worden.< Das mögt 
ihr, Mönche, zum ersten als wichtiges Bezeug- 
niss verwahren. 

»Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch 


114 



etwa sagen : > An dem und dem Orte dort weilt 
eine Jüngergemeinde, mit einem Oberen, mit 
einem Vorstand j von dieser Jüngergemeinde 
hab’ ich es von Angesicht gehört, von Angesicht 
vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, 
das ist des Meisters Gebotx Die Aussage eines 
solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu 
billigen noch abzuweisen ^ ohne sie gebilligt, 
ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da 
die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken 
und in den Reden ihre Bestätigung, in der 
Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man 
aber in den Reden ihre Bestätigung, in der 
Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und 
sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung 
noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so 
muss man dabei zu dem Schlüsse kommen: 
>Freilich ist das eben nicht des Erhabenen 
Sprache, sondern ist von dieser Jüngergemeinde 
schlecht aufgefasst worden<^ so mögt ihr, 
Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man 


8 * 


115 



aber in den Reden ihre Bestätigung, in der 
Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und 
sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung 
und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, 
so muss man dabei zu dem Schlüsse kommen : 
>Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, 
ist von dieser Jüngergemeinde recht aufgefasst 
worden.< Das mögt ihr, Mönche, zum zweiten 
als wichtiges Bezeugniss verwahren. 

»Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch 
etwa sagen: >An dem und dem Orte weilt 
eine große Anzahl oberer Mönche, die viel er- 
fahren, gründliche Kunde erworben haben, 
Hüter der Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der 
Überlieferung sind^ von diesen Oberen hab’ 
ich es von Angesicht gehört, von Angesicht 
vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, 
das ist des Meisters Gebot.< Die Aussage eines 
solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu 
billigen noch abzuweisen 5 ohne sie gebilligt, 
ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da 

116 



die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken 
und in den Reden ihre Bestätigung, in der 
Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man 
aber in den Reden ihre Bestätigung, in der 
Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und 
sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung, 
noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so 
muss man dabei zu dem Schlüsse kommen: 
>Freilich ist das eben nicht des Erhabenen 
Sprache, sondern ist von diesen Oberen schlecht 
aufgefasst wordeiK^ so mögt ihr, Mönche, 
dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den 
Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren 
Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar 
wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch 
in der Zucht ihren Nachweis finden, so muss 
man dabei zu dem Schlüsse kommen : >Freilich 
ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von 
diesen Oberen recht aufgefasst worden.< Das 
mögt ihr, Mönche, zum dritten als wichtiges 
Bezeugniss verwahren. 


117 



»Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch 
etwa sagen: >An dem und dem Orte weilt 
ein einzelner alter Mönch, der viel erfahren, 
gründliche Kunde erworben hat, Hüter der 
Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der Überlie- 
ferung ist^ von diesem Alten hab’ ich es von 
Angesicht gehört, von Angesicht vernommen : 
das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des 
Meisters Gebot.< Die Aussage eines solchen 
Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen 
noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie 
abgewiesen zu haben, hat man sich da die be- 
zeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in 
den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren 
Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den 
Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren 
Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder 
in den Reden ihre Bestätigung noch in der 
Zucht ihren Nachweis finden, so muss man 
dabei zu dem Schlüsse kommen: >Freilich ist 
das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern 



ist von diesem Alten schlecht aufgefasst wor- 
den<^ so mögt ihr, Mönche, dieses dann ver- 
werfen. Wenn man aber in den Reden ihre 
Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis auf- 
zufinden sucht, und sie nun gar wohl in den 
Reden ihre Bestätigung und auch in der 
Zucht ihren Nachweis finden, so muss man 
dabei zu dem Schlüsse kommen: >Freilich ist 
das eben des Erhabenen vSprache, ist von diesem 
Alten recht aufgefasst worden.< Das mögt ihr, 
Mönche, zum vierten als wichtiges Bezeugniss 
verwahren. — Das sind, ihr Mönche, vier 
Bezeugnisse, die als wichtig verwahrt werden 
mögen.« 

Da hat denn noch der Erhabene, bei der 
Bhoger Burg verweilend, am Stein mal der 
Anandiden, also auch weiterhin den Mönchen 
lehrreiche Rede gehalten: 

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist 
Weisheit^ in Tugend ausgediehene Vertiefung 
verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Ver- 



tiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen 
Lohn^ hohe Förderung, in Weisheit ausge- 
diehenes Herz wird eben von allem Wahne 
frei, und zwar vom Wunsches wahn, vom Da- 
seinswahn, vom Nichtwissenswahn.« 

Nachdem nun der Erhabene bei der Bhoger 
Burg nach Belieben gew eilt hatte, wandte sich 
der Erhabene an den ehrwürdigen Anando; 

»Lass’ uns, Anando, nach Pävä auf brechen, 
dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, nach Pävä hingezogen. 
Bei Pävä hat dann der Erhabene Rast ge- 
halten, im Mangohaine bei Cuiido, dem Gold- 
schmidt.^^ 

Es vernahm aber Cundo der Goldschmidt: 
>Der Erhabene, heißt es, ist in Pävä ange- 
kommen, hält bei Pävä Rast, im Mangohaine 
bei mir!< Da begab sich denn Cundo der 


120 



Goldschinidt zum Erhabenen hin, begrüßte 
den Erhal)enen ehrerbietig und setzte sich 
beiseite nieder. Cundo der Goldschmidt, der 
da beiseite saß, wurde nun vom Erhabenen 
in lehrreichem Gespräche ermuntert, er- 
muthigt, erregt und erheitert. Als dann Cundo 
der Goldschmidt vom Erhabenen in lehr- 
reichem (jesprüche ermuntert, erinuthigt, 
erregt und erheitert war, sprach er zum Er- 
habenen also: 

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die 
Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir 
zu speisen!« 

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte. 

Nachdem nun Cundo der Goldschmidt der 
Zustimmung des Erhabenen gewiss war, stand 
er vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehr- 
erbietig, ging rechts herum und entfernte sich. 

Am nächsten Morgen dann ließ Cundo der 
Goldschmidt in seiner Behausung ausgewählte 
feste und flüssige Speise auftragen und reich- 


1 o, 1 



lieh dazu noch Ebermorcheln.^ Alsdann sandte 
er einen Boten an den Erhabenen mit der 
Meldung: >Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist 
bereit.< So begann denn der Erhabene vor 
Mittag sich zu rüsten, nahm Mantel und Al- 
mosenschaale und ging, von der Jüngerschaft 
begleitet, nach dem Hause, wo Cundo der 
Goldschmidt wohnte. Dort angelangt nahm 
der Erhabene auf dem angebotenen Sitze 
Platz. Alsbald nun wandte sich der Erhabene 
an Cundo den Goldschmidt: 

»Was du, Cundo, an Ebermorcheln vorbe- 
reitet hast, damit versorge mich : was aber an 
anderer fester und flüssiger Speise vorhanden 
ist, damit versorge die Jüngerschaft.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam Cundo 
der (jold^chmidt zum Erhabenen^ und was an 
Ebermorcheln vorbereitet war, damit versorgte 
er den Erhabenen, was aber an anderer fester 
und flüssiger Speise vorhanden war, damit ver- 
sorgte er die Jüngerschaft. Da hat denn der 


1 22 



Erhabene sich an Cundo den Goldschmidt ge- 
wandt : 

»Was dir, Cundo, an Ebermorcheln übrig- 
geblieben ist, das verscharr’ in der Grube: 
keinen seh’ icVi da, Cundo, in der Welt mit 
ihren Göttern, ihren bösen und heiligen (lei- 
stern, mit ihre^r Schaar von Priestern und 
Büßern, Göttern und Menschen, von dem 
das genossen und gänzlich verdaut werden 
könnte, den Vollendeten ausgenommen.« 

»Gut, o Herr«, sagte da gehorsam (äindo 
der Goldschmidt zum Erhabenen^ und was 
an Ebermorcheln noch übrior war, das ver- 
scharrte er in der Grube. Dann kehrte er zum 
Erhabenen zurück, verbeugte sich ehrerbietig 
vor dem Erhabenen und setzte sich beiseite 
nieder. Da hat denn noch der Erhabene (Aindo 
den Goldschmidt, der an der Seite saß, in lehr- 
reichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, er- 
regt und erheitert, ist sodann aufgestanden 
und von dannen geschritten. 


123 



Da hat nun den Erhabenen nach dem 
bei Cundo dem Goldschmidt eingenommenen 
Mahle eine heftige Krankheit befallen, blu- 
tiges Erbrechen mit starken Schmerzen stellte 
sich ein, lebensgefährlich. Auch diese hat denn 
der Erhabene klar und wohlbewusst erduldet, 
ohne sich verstören zu lassen. 

Alsbald nun wandte sich der Erhabene an 
den ehrwürdigen Anando: 

»Lass’ uns, Anando, nach Kusinärä auf- 
brechen, dahin wollen wir gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. 

Bei Cundo nach der Mahlzeit dann, 

Beim Goldschmidt, hat man mir erzählt, 

Erfuhr der Weise Krankheit bald, 

Mit starken Schmerzen, sterbesiech. 

Als wie bewirthet mit der Ebermorchel 
Befiel ein Übel arger Quaal den Meister da ; 
Geplagt von Schluchzen hat der Herr gesprochen : 
»Nach Kusinärä weiter will ich wandern hin.« 



Da ist denn der Erhabene vom Wege ab- 
gebogen, an den Fuß eines Baumes in der 
Nähe herangetreten und hat dann dem ehr- 
würdigen Anando gesagt: 

»Sei so lieb, Anando, und spreite mir den 
Mantel vierfach gefaltet auf : ich bin erschöpft, 
Anando, und werde mich niedersetzen.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen 5 und er 
spreitete den Mantel vierfach gefaltet auf. 

Es setzte sich der Erhabene auf den vorbe- 
reiteten Sitz. Dann wandte sich der Erhabene 
an den ehrwürdigen Anando: 

»Sei so lieb, Anando, und hole mir Wasser: 
ich bin durstig, Anando, und möchte trinken.« 

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige 
Anando zum Erhabenen also: 

»Es sind jetzt, o Herr, etwa fünfhundert 
Karren da hinübergefahren : von den Rädern 
durchschnitten läuft nun das Wasser seicht 
durcheinander, trübe geworden. Aber ganz 


125 



in der Nähe, o Herr, fließt die Kakudhä, 
mit klarem Wasser, frischem Wasser, kühlem 
Wasser, reinem Wasser, leicht zugänglich, 
schön gelegen: dort wird der Erhabene Was- 
ser trinken und auch die Glieder erquicken 
können.« 

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal 
hat der Erhabene sich also an den ehrwürdigen 
Anando gewandt; 

»Sei so lieb, Anando, und hole mir Wasser: 
ich bin durstig, Anando, und möchte trinken.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da beim dritten Mal 
gehorsam der ehrwürdige Anando zum Er- 
habenen ^ und mit der Schaale versehn stieg 
er zum Bache herab. Da war nun der Bach, 
dessen Wellen von den Rädern durchschnitten 
seicht durcheinander geflossen, trübe gewor- 
den waren, beim Herankommen des ehrwür- 
digen Anando klar, durchsichtig, hell anzu- 
schauen. Da gedachte nun der ehrwürdige 
Anando alsbald; >Ach wie erstaunlich, wie 


126 



doch so wunderbar ist des Vollendeten hohe 
Macht, hohe Gewalt ! Dieser Bach da vor mir, 
dessen Gewässer, von den Rädern durch- 
schnitten, seicht durcheinander geflossen, trübe 
geworden waren, der strömt nun bei meinem 
Herankommen klar, durchsichtig, hell dahinx 
Dann schöpfte er W asser in die Schaale, kehrte 
zum Erhabenen zurück und sprach also : 

»Staunen und Wunder, o Herr, über des 
Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt : eben 
zuvor, 0 Herr, war dieser Bach, von den Rädern 
durchschnitten, seicht durcheinander geflossen, 
trübe geworden, und ist bei meinem Heran- 
kommen klar, durchsichtig, hell anzuschauen! 
Trinken möge der Erhabene das Wasser, 
trinken möge der Willkommene das Wasser.« 

Da hat denn der Erhabene das Wasser ge- 
trunken. 

Um diese Zeit aber warPukkuso der Maller- 
prinz, ein Jünger des Aläro Kälämo, von 

127 



Kusinärä nach Pävä unterwegs und reiste die 
Landstraße entlang. Es sah nun Pukkuso der 
junge Maller den Erhabenen unter einem 
Baume sitzen. Als er den Erhabenen gesehn 
hatte, kam er heran, begrüßte den Erhabenen 
ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. 
Beiseite sitzend sprach nun Pukkuso der 
Mallerprinz zum Erhabenen also : 

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, 
o Herr, wie tief da, o Herr, der Frieden ist, 
in dem Pilger zu beharren vermögen. — Eines 
Tages einmal, o Herr, war Aläro Kälämo die 
Landstraße entlang gewandert, war dann vom 
Wege abgebogen und hatte sich in der Nähe 
unter einem Baume niedergesetzt, bis gegen 
Abend zu verweilen. Da sind nun, o Herr, 
an fünfhundert Karren gerade Aläro Kälämo 
gegenüber vorbeigefahren. Nun ist dann, o 
Herr, einer der Männer, den Spuren dieser 
Karrenkarawane immer nachfolgend, zu AJäro 
Kälämo herangekommen und hat also gefragt : 


128 



>Du hast wohlj o Herr, an fünfhundert Kar- 
ren vorbeifahren sehn?< — >Nichts hab’ ich, 
Bruder, gesehn.< — >Aber du hast doch, o 
Herr, den Lärm gehört ?< — >Nichts, Bruder, 
hab’ ich von Lärm gehört.< — >So hast du, 
o Herr, geschlafen ?< — >Nicht hab’ ich, 
Bruder, geschlafene — >Wie denn, o Herr: 
und du warst bewusst ?< — >Gewiss, Brudere 
— >So hast du, o Herr, bewusst und mit 
wachen Sinnen die fünfhundert Karren, die 
gerade gegenüber vorbeigefahren sind, weder 
gesehn noch auch den Lärm gehört: aber 
dein Mantel, o Herr, ist ja ganz mit Staub 
überdeckt !< — >Freilich, Bruder.< Da wurde 
nun, o Herr, jenem Manne also zumuthe; 
>Großartig ist es, unglaublich, in der That, 
wie tief da, fürwahr, der Frieden ist, in dem 
Pilger zu beharren vermögen; wo ja eben 
einer bewusst und mit wachen Sinnen fünf- 
hundert Karren, die gerade gegenüber vorbei- 
fahren, weder zu sehn noch auch den Lärm 


9 LT 


129 



zu hören braucht !< Und nachdem er so für 
AJäro Kälämo hohe Begeisterung erkennen 
hatte lassen, ging er weiter.« 

»Wie denkst du darüber, Pukkuso, was mag 
da wohl etwa schwieriger auszuführen, etwa 
schwieriger zu erwirken sein: dass einer be- 
wusst und mit wachen Sinnen fünfhundert 
Karren, die gerade gegenüber vorbeifahren, 
weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören 
vermöchte 5 oder dass einer bewusst und mit 
wachen Sinnen im Gewittersturm, im wir- 
belnden Wolkenbruch, während Blitze herab- 
zücken und der Donner krachend darein- 
schlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm 
zu hören vermöchte?« 

»Was gälten da freilich, o Herr, fünfhun- 
dert Karren oder sechshundert, siebenhundert 
Karren oder achthundert, neunhundert Karren 
oder tausend oder hunderttausend Karren : viel- 
mehr wäre das eben gar schwieriger auszu- 
führen und schwieriger zu erwirken, dass einer 


150 



bewusst und mit wachen Sinnen im Gewitter- 
sturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während 
Blitze herabzücken und der Donner krachend 
dareinschlägt, weder zu sehn noch auch den 
Lärm zu hören vermöchte !« 

»Es war einmal, Pukkuso, da bin ich bei 
Atumä geweilt, in einer Scheune. Um diese 
Zeit aber, bei einem Gewittersturm, im wir- 
belnden Wolkenbruch, während Blitze herab- 
zückten und der Donner krachend darein- 
schlug, wurden unweit der Scheune zwei 
Landbauern, Brüder, getroffen, und vier Zug- 
ochsen. Da ist denn, Pukkuso, aus Atumä 
eine große Menschenmenge herangekommen 
und um die beiden Landbauern, die er- 
schlagenen Brüder, und die vier Zugochsen 
herumgestanden. Doch war ich, Pukkuso, 
schon aus der Scheune hervorgetreten und 
ging vor der Tenne unter freiem Himmel 
auf und ab. Alsbald kam nun, Pukkuso, einer 
der Männer aus jener großen Menschen- 



menge auf mich zu^ verbeugte sich vor mir 
und stand beiseite. Den Mann aber, Pukkuso, 
der da beiseite stand, sprach ich also an: 
>Was ist denn da, Bruder, für eine große 
Menschenmenge zusammengekommen ?< — 
>Es sind jetzt, o Herr, im Wettersturm, im 
prasselnden Wolkengusse, unter flammenden 
Blitzen und krachendem Donnergetöse, zwei 
Landleute erschlagen worden, Brüder, und 
vier Pflugochsen : da ist denn nun diese große 
Menschenmenge zusammengelaufen 5 du aber, 
o Herr, bist wo gewesen ?< — >Hier eben, 
Bruder, bin ich gewesen.< — >Und hast es, 
o Herr, wohl gesehn?< — >Nichts hab’ ich, 
Bruder, gesehn.< — >Aber du hast doch, o 
Herr, den Lärm gehört ?< — >Nichts, Bruder, 
hab’ ich von Lärm gehört.< — >Dann hast 
du, o Herr, gar geschlafen ?< — >Nicht hab’ 
ich, Bruder, geschlafene — >Wie denn, o 
Herr: und du warst bewusst ?< — >Gewiss, 
Brudere — >So hast du, o Herr, bewusst 



und mit wachen Sinnen im Gewittersturm 
und wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze 
herabschossen und der Donner krachend dar- 
einschlug, weder gesehn noch auch den Lärm 
gehört ?< — >Freilich, Bruder.< Da wurde 
nun, Pukkuso, jenem Manne also zumuthe: 
>0 wie seltsam ist es, wie so wunderbar doch, 
wie tief da wirklich der Frieden sein muss, 
in dem Pilger verharren können : wo ja eben 
einer bewusst und mit wachen Sinnen im 
Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, 
während Blitze herabzücken und der Donner 
krachend dareinschlägt, weder zu sehn noch 
auch den Lärm zu hören braucht !< Und nach- 
dem er so hohe Begeisterung für mich gezeigt 
hatte, ging er rechts herum und entfernte 
sich.« 

Nach diesen Worten sprach Pukkuso der 
Mallerprinz zum Erhabenen also: 

»Da will ich nur, o Herr, die Begeisterung 
für AJäro Kälämo in den Sturmwind aussäen 


155 



oder den hurtigen Wellen des Flusses über- 
lassen. — Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o 
Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man 
Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes ent- 
hüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder 
Licht in die Finsterniss brächte: >Wer Augen 
hat wird die Dinge sehne ebenso auch, oHerr, 
ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach 
dargelegt worden. Und so nehm’ ich, o Herr, 
beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und 
bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich 
der Erhabene betrachten, von heute an zeit- 
lebens getreu.« 

Dann hat Pukkuso der Mallerprinz einem 
seiner Leute gewunken: 

»Ach bringe mir doch mal den goldfarbenen 
doppeltgewebten Schleier her.« 

»Sehr wohl, Herr«, sagte da gehorsam jener 
Mann zu Pukkuso dem Mallerprinzen ^ und 
er brachte den goldfarbenen doppeltgewebten 
Schleier herbei. Da hat denn Pukkuso der 


154 



Mallerprinz den goldfarbenen doppeltgeweb- 
ten Schleier dem Erhabenen dargereicht: 

»Das ist, o Herr, ein goldfarbener doppelt- 
gewebter Schleier: den möge, o Herr, der 
Erhabene von mir entgegennehmen, um 
Erbarmens willen!« 

»Wohlan denn, Pukkuso: in den einen magst 
du mich hüllen, in den anderen Anando.« 

»Gern, oHerr!« sagte da gehorsam Pukkuso 
der Mallerprinz zum Erhabenen^ und in den 
einen hüllte er den Erhabenen, in den anderen 
den ehrwürdigen Anando. 

Da hat denn noch der Erhabene Pukkuso 
den Mallerprinzen in lehrreichem Gespräche 
ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert. Als 
dann Pukkuso der Mallerprinz vom Erhabenen 
in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermu- 
thigt, erregt und erheitert worden war, stand 
er auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, 
ging rechts herum und zog weiter. 

Als nun der ehrwürdige Anando, nicht lange 


155 



nachdem Pukkuso der Mallerprinz gegangen 
war, den goldfarbenen doppeltgewebten Schleier 
dem Körper des Erhabenen gemäß richtete, 
hat es, dem Körper des Erhabenen gemäß ge- 
richtet, gänzlich wie glanzlos geschienen. Da 
hat nun der ehrwürdige Anando zum Erha- 
benen also gesprochen: 

»Erstaunlich, o Herr, wundersam ist es, o 
Herr, in welcher Klarheit, o Herr, des Vollen- 
deten Hautfarbe rings erschimmert! Da ist, o 
Herr, der goldfarbene doppeltgewebte Schleier, 
dem Körper des Erhabenen gemäß gerichtet, 
gänzlich wie glanzlos geworden.« 

»Also ist es, Anandoj zweimal, Anando, 
kommt es vor, dass der Körper des Vollendeten 
wie überklar wird und die Hautfarbe rings 
erschimmert: welche zweimal? Die Nacht, 
Anando, wann der Vollendete in der unver- 
gleichlichen vollkommenen Erwachung auf- 
erwacht, und die Nacht, wann der Vollendete 
in der ohne Hangen verbliebenen Art der Er- 

136 



löschung zu erlöschen kommt: diese zweimal, 
Anando, kommt es vor, dass der Körper des 
Vollendeten wie überklar wird und die Haut- 
farbe rings erschimmert. Heute aber, Anando, 
in den letzten Stunden der Nacht, auf Kusi- 
närer Landgebiet, im Kronbaumwalde der 
Maller, inmitten von ein paar Bäumen, wird 
der Vollendete zur Erlöschung eingehn. — 
Lass’ uns, Anando, zum Wasser der Kakudhä 
hinabsteigen, dahin wollen wir schreiten.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. 

Goldschimmerseide, doppelt fein, 

Pukkuso reichte gern sie dar: 

Der Meister, damit angethan, 

Erschien wie Mondesschimmer hell.33 

Alsbald ist nun der Erhabene, von einer 
zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem 
Bette der Kakudhä herabgestiegen und, dort 
angelangt, in die rauschenden Gewässer ein- 


157 



getaucht, hat gebadet und getrunken, ist dann 
wieder ans Ufer zurückgekehrt und nach einem 
Mangowäldchen hingegangen. Dort einge- 
treten hat der Erhabene sich an den ehrwür- 
digen Cundako gewandt: 

»Sei so lieb, Cundako, und spreite mir den 
Mantel vierfach gefaltet auf: ich bin müde, 
Cundako, und möchte mich hinlegen.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehr- 
würdige Cundako zum Erhabenen 5 und er 
spreitete den Mantel vierfach gefaltet auf. Da 
hat denn der Erhabene sich auf die rechte 
Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß 
über dem anderen, klar bewusst, der Zeit des 
Aufstehns gewärtig. Der ehrwürdige Cundako 
aber setzte sich ebenda vor den Erhabenen 
hin. 

Es kam der Wache zur Kakudher Wellenfluth, 

Wo frisch die Wasser blinken, bis zum Grunde klar : 
Hinab da stieg der Meister, schien ermüdet nicht. 
Vollendet in der Welt und ohnegleichen. 

158 



Nach Bad und Trunk von dannen schritt der Meister, 
Voran den Jünger schaaren rings im Zuge, 

Der Künder und Verkünder, Herr der Satzung hier. 
Den Mangohain betrat der hohe Seher : 

Cundako, sagt’ er zu dem Mönche, der so hieß. 
Vierfach gefaltet spreite mir das Lager. 

Da hat der Mönch dem Selbstgewalt’gen gern gedient 
Und alsogleich den Mantel vierfach glatt gestreift: 
Hin legte sich der Meister, schien ermüdet nicht, 
Cundako aber saß zuhäupten nieder. 

Da hat nun der Erhabene sich an den ehr- 
würdigen Anando gewandt; 

»Es könnte wohl sein, Anando, dass da je- 
mand Cundo dem Goldschmidt einen Vorwurf 
machen wollte: >Das ist dir, Bruder Cundo, 
übel gerathen, das hast du schlecht getroffen, 
dass bei dir der Vollendete den letzten Almosen^ 
bissen zu genießen bekam und dann erloschen 
ist.< Einem Vorwurfe nun, Anando, gegen 
Cundo den Goldschmidt muss also vorgebeugt 
werden : >Das ist dir, Bruder Cundo, gerathen, 


159 



das hast du recht getroffen, dass bei dir der 
Vollendete den letzten Almosenbissen zu ge- 
nießen bekam und dann erloschen ist. Von 
Angesicht hab’ ich es, Bruder Cundo, vom Er- 
habenen gehört, von Angesicht vernommen: 
^Zwei giebt es der Almosenbissen, beide gleich 
an Lohn, beide gleich an Entgelt, die gleichsam 
mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, 
hohe Förderung verleihen ; und welche zwei ? 
Der Almosenbissen, nach dessen Empfang- 
nahme der Vollendete in der unvergleichlichen 
vollkommenen Erwachung auferwacht, und 
der Almosenbissen, nach dessen Empfangnahme 
der Vollendete in der ohne Hangen verblie- 
benen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt : 
das sind die zwei Almosenbissen, beide gleich an 
Lohn, beide gleich an Entgelt, die gleichsam 
mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, 
hohe Förderung verleihen. Ein lebenverlän- 
gerndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich 
zubereitet, der Goldschmidt, ein Gesundheit 

140 



förderndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo 
sich zubereitet, der Goldschmidt, ein Wohlsein 
bewirkendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo 
sich zubereitet, der Goldschmidt, ein Ruhm ver- 
schaffendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo 
sich zubereitet, der Goldschmidt, ein himmel- 
gewinnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo 
sich zubereitet, der Goldschmidt, ein allver- 
söhnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo 
sich zubereitet, der Goldschmidt.’< Einem Vor- 
wurf, Anando, gegen Cundo den Goldschmidt 
muss also vorgebeugt werden.« 

Da hat nun der Erhabene, in solcher Hin- 
sicht eben dazumal tief aufathmend, dies ver- 
lauten lassen: 

»Der Gabenspender spart sich Verdienst, 

Der Insichgegangne greift keinen Grimm, 

Der Kimdige kehrt sich vom Bösen ab — 

Wer Gier, Hass und Irre verthan, dem ist wohl.« 


ENDE DES VIERTEN BERICHTES 



D a hat denn der Erhabene sich an den 
ehrwürdigen Anando gewandt; 

»Lass’ uns, Anando, nach den Gewässern der 
Hirannavati aufbrechen, ans andere Gestade 
hinüberziehn, auf Kusinärer Landgebiet, nach 
dem Kronwalde der Maller, dahin wollen wir 
gehn.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist 
nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jün- 
gerschaft begleitet, nach den Gewässern der 
Hirannavati, ans andere Gestade hinüberge- 
zogen, auf Kusinärer Landgebiet, zum Kron- 
walde der Maller gekommen. Dort angelangt 
hat der Erhabene sich an den ehrwürdigen 
Anando gewandt; 

»Sei so heb, Änando, und lasse mir zwischen 
142 



ein paar Bäumen eine Bahre mit dem Scheitel 
nach Norden aufstellen: ich bin müde, Anando, 
und möchte mich hinlegen.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der 
ehrwürdige Anando zum Erhabenen 5 und er 
ließ inmitten zweier Kronbäume eine Bahre 
mit dem Scheitel nach Norden aufstellen. Da 
hat denn der Erhabene sich auf die rechte 
Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß über 
dem anderen, klar bewusst. 

Damals nun waren die zwei Kronbäume 
in voller Knospenpracht aufgegangen, außer 
der Blüthezeit.^ Von denen wurde der Leib 
des Vollendeten bestreut, überstreut, über und 
über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. 
Und Blüthen vom himmlischen Korallenbaum 
flatterten aus den Lüften hernieder, auch davon 
wurde der Leib des Vollendeten bestreut, über- 
streut, über und über bestreut, dem Vollendeten 
zu Ehren, Und himmlischer Sandelstaub kam 
aus den Lüften herangeweht, auch davon wurde 

143 



der Leib des Vollendeten bestreut^ überstreut^ 
über und über bestreut, dem Vollendeten zu 
Ehren. Und himmlische Klangweisen ließen 
sich in den Lüften vernehmen, dem Vollen- 
deten zu Ehren, und himmlische Sangweisen 
gingen in den Lüften davor, dem Vollendeten 
zu Ehren. Da hat nun der Erhabene sich an 
den ehrwürdigen Anando gewandt: 

»In voller Knospenpracht sind, Anando, die 
zwei Kronbäume aufgegangen, außer der Blü- 
thezeit. Von ihnen wird der Leib des Vollen- 
deten bestreut, überstreut, über und über be- 
streut, dem Vollendeten zu Ehren. Und Blüthen 
vom himmlischen Korallenbaum flattern aus 
den Lüften hernieder, auch davon wird der 
Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über 
und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. 
Und himmlischer Sandelstaub kommt aus den 
Lüften herangeweht, auch davon wird der 
Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über 
und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. 

144 



Und himmlische Klangweisen lassen sich in 
den Lüften vernehmen, dem Vollendeten zu 
Ehren, und himmlische Sangweisen gehn in 
den Lüften da vor, dem Vollendeten zu Ehren. 
Aber nicht eben, Anando, insofern wird der 
Vollendete werthgehalten oder hochgeschätzt, 
geachtet oder geehrt und gefeiert. Wer da, 
Anando, als Mönch oder als Nonne, als An- 
hänger oder als Anhängerin, der Lehre lehr- 
gemäß nachfolgend ausharrt, auf dem geraden 
Pfade vorschreitend der Lehre gemäß wandelt : 
der werthet und schätzt, achtet und ehrt den 
Vollendeten mit der höchsten Ehre. Darum 
aber, Anando : >Der Lehre lehrgemäß nachfol- 
gend werden wir ausharren, auf dem geraden 
Pfade vorschreitend der Lehre gemäß wan- 
deln< : so habt ihr, Anando, euch wohl zu 
üben«.^ 

Während der Zeit nun war der ehrwürdige 
Upaväno vor dem Erhabenen gestanden und 
hatte dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Da 


lo LT 


145 



hat nun der Erhabene den ehrwürdigen Upa- 
väno abgewiesen : 

»Geh’ beiseite, Mönch, so dass du da nicht 
vor mir stehst.« 

Aber der ehrwürdige Anando gedachte nun 
hier: > Dieser ehrwürdige Upaväno ist seit 
langem des Erhabenen Aufwärter, ist dem 
näheren Kreise mit zugehörige und der Erha- 
bene weist nun in der letzten Stunde den ehr- 
würdigen Upaväno ab : ^Geh’ beiseite, Mönch, 
so dass du da nicht vor mir stehst.’ Was mag 
wohl der Anlass, was der Umstand sein, dass 
der Erhabene den ehrwürdigen Upaväno so 
abgewiesen hat?< Und der ehrwürdige Anando 
sprach nun zum Erhabenen also: 

»Dieser ehrwürdige Upaväno, o Herr, ist 
seit langem des Erhabenen Aufwärter, ist dem 
näheren Kreise mit zugehörige und der Erha- 
bene weist nun in der letzten Stunde den ehr- 
würdigen Upaväno ab: >Geh’ beiseite, Mönch, 
so dass du da nicht vor mir stehst.< Was mag 

146 



wohlj o Herr, der Anlass, was der Umstand 
sein, dass der Erhabene den ehrwürdigen Upa- 
väno so abgewiesen hat ?« 

»Immer mehr und mehr, Anando, strömen 
in den zehn Weltgegenden Gottheiten zu- 
sammen, den Vollendeten zu sehn. Soweit, 
Anando, als Kusinärer Landgebiet reicht, um 
den Kronwald der Maller zwölf Meilen in der 
Runde, ist keine Stelle auch nur mit der Spitze 
eines Haares betupfbar, die nicht von viel- 
mögenden Gottheiten erfüllt wäre. Gottheiten, 
Anando, seufzten da auf: > Weither gar sind 
wir herangezogen, den Vollendeten zu sehn: 
selten doch nur, irgend einmal, erscheint ein 
Vollendeter in der Welt, ein Heiliger, voll- 
kommen Erwachter! Heute aber, in den letzten 
Stunden der Nacht, wird der Vollendete zur 
Erlöschung eingehn: nun hat da ein vielmö- 
gender Mönch sich vor den Erhabenen hin- 
gestellt, ein Wehr bildend, und nicht ist uns 
gegönnt in der letzten Stunde der Anblick des 



VollendeteiK, so seufzten, Anando, da Gott- 
heiten auf.« 

»Wie beschaffen aber, o Herr, sind die Gott- 
heiten, die der Erhabene im Geiste bemerkt?« 

»Es sind, Anando, Gottheiten im Raume 
mit irdischen Gedanken, die raufen sich kla- 
gend das Haar, ringen klagend die Hände, wie 
gebrochenen Fußes stürzen sie nieder, schwan- 
ken heran und schwanken hinweg : > Allzu bald 
wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, 
allzu bald wird der Willkommene zur Erlö- 
schung eingehn, allzu bald wird das Auge 
der Welt dahingeschwunden sein!< Es sind, 
Anando, Gottheiten auf der Erde mit irdischen 
Gedanken, die raufen sich klagend das Haar, 
ringen klagend die Hände, wie gebrochenen 
Fußes stürzen sie nieder, schwanken heran 
und schwanken hinweg; > Allzu bald wird der 
Erhabene zur Erlöschung eingehn, allzu bald 
wird der Willkommene zur Erlöschung ein- 
gehn, allzu bald wird das Auge der W eit dahin- 

148 



geschwunden sein!< Die aber da Gottheiten 
sind von Verlangen genesen, die harren hierbei 
klar bewusst aus : >Erscheinung vergeht — wie 
wär’s auch anders möglich<.« — 

»Früher, o Herr, sind allerseits, nach ver- 
brachter Regenzeit, die Mönche hergekom- 
men, den Vollendeten zu sehn: da war uns 
gegönnt geistgewaltige Mönche zu sehn, ge- 
gönnt an ihrer Seite zu weilen. Nach dem 
Verscheiden, o Herr, des Erhabenen wird uns 
nun nicht mehr gegönnt sein geistgewaltige 
Mönche zu sehn, nicht gegönnt sein an ihrer 
Seite zu weilen!« 

»Vier Stätten sind es, Anando, die ein edler 
Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, 
wohl auf sich wirken lassen mag : und welche 
vier? >Hier ist der Vollendete geborene das 
ist, Anando, eine Stätte, die ein edler Sohn, 
der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl 
auf sich wirken lassen mag. >Hier ist der Voll- 
endete in der unvergleichlichen vollkommenen 


149 



Erwachung auferwacht< : das ist, Anando, eine 
Stätte, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, 
wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken 
lassen mag. >Hier hat der Vollendete das un- 
vergleichliche Reich der Wahrheit darge- 
stelltc das ist, Anando, eine Stätte, die ein 
edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen 
mag, wohl auf sich wirken lassen mag. >Hier 
ist der Vollendete in der ohne Hangen ver- 
bliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen ge- 
kommen< : das ist, Anando, eine Stätte, die ein 
edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen 
mag, wohl auf sich wirken lassen mag. Das 
sind, Anando, vier Stätten, die ein edler Sohn, 
der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl 
auf sich wirken lassen mag. — Herankommen 
werden, Anando, aus Zutrauen Mönche und 
Nonnen, Anhänger und Anhängerinen, ge- 
denkend: >Hier ist der Vollendete geboren<^ 
gedenkend; >Hier ist der Vollendete in der 
unvergleichlichen vollkommenen Erwachung 



auferwachu^ gedenkend: >Hier hat der Voll- 
endete das unvergleichliche Reich der Wahr- 
heit dargestellt<5 gedenkend: >Hier ist der Voll- 
endete in der ohne Hangen verbliebenen Art 
der Erlöschung zu erlöschen gekommen.< Die 
aber da, Änando, nach den Denkmalen wan- 
dernd wallfahrten und mit heiter gewordenem 
Herzen sterben werden, die werden alle, bei 
der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, 
auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt 
einkehren.« — 

»Wie sollen wir, o Herr, mit den Weibern 
uns verhalten?« 

»Nicht sehn, Anando.« 

»Und wenn. Erhabener, gesehn, soll man 
sich wie verhalten?« 

»Nicht ansprechen, Anando.« 

»Wenn aber eins anspricht, oHerr, soll man 
sich wie verhalten?« 

»Einsicht, Anando, bewahren.« — 



»Wie sollen wir, o Herr, mit dem Leichnam 
des Vollendeten uns betragen?« 

»Nicht sollt ihr, Anando, beschäftigt sein mit 
des Vollendeten Leichenfeier: lasst euch nur 
lieber, Anando, am eigenen Heile gelegen sein, 
am eigenen Heile weiterschaffen, am eigenen 
Heile unermüdlich, in heißem, innigem Ernste 
arbeiten. Es giebt, Anando, weise Fürsten, auch 
weise Priester, auch weise Bürger, die dem Voll- 
endeten freundhch ergeben sind : die werden 
dem Vollendeten die Leichenfeier entrichten.« 

»Wie aber, o Herr, hat man mit dem Leich- 
nam des Vollendeten zu verfahren?« 

»Wie man, Anando, mit dem Leichnam eines 
Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit dem 
Leichnam des Vollendeten zu verfahren.« ^ 

»Und wie geht man, o Herr, mit dem Leich- 
nam eines Kaiserkönigs um?« 

»Den Leichnam, Anando, eines Kaiserkönigs 
umwindet man mit ungebrauchtem Linnen j 
mit ungebrauchtem Linnen umwunden um- 


152 



windet man ihn mit ausgefaserter Baumwolle 5 
mit ausgefaserter Baumwolle umwunden um- 
windet man ihn mit ungebrauchtem Linnen : 
hat man auf diese Weise den Leichnam des 
Kaiserkönigs fünfhundertmal doppelt um- 
wunden, so versenkt man ihn in eine eherne 
Truhe mit Öl, verschließt sie mit ehernem 
Deckel^®, schichtet einen Scheiterhaufen aus 
allen würzigen Hölzern zusammen und lässt 
den Leichnam des Kaiserkönigs in Flammen 
aufgehn, errichtet wo vier Straßen sich kreuzen 
dem Kaiserkönig ein Kuppelmal. Also geht 
man, Anando, mit dem Leichnam eines Kaiser- 
königs um. Wie man nun, Anando, mit dem 
Leichnam eines Kaiserkönigs umgeht, so hat 
man mit dem Leichnam des Vollendeten um- 
zugehn, wo vier Straßen sich kreuzen dem 
Vollendeten ein Kuppelmal zu errichten. Die 
aber etwa dort einen Kranz oder eine Blume 
oder Sandei niederlegen, oder einen Gruß 
darbringen, oder das Herz heiter zuwenden 


155 



werden, denen wird das langehin zur Freude, 
zum Wohle gereichen. 

»Vier sind es, Anando, denen ein Kuppel- 
mal gebührt: und welche vier? Einem Voll- 
endeten, Heiligen, vollkommen Erwachten ge- 
bührt ein Kuppelmal, einem einzeln Erwachten 
gebührt ein Kuppelmal, einem Jünger des Voll- 
endeten gebührt ein Kuppelmal, einem Kaiser- 
könige gebührt ein Kuppelmal. Was für ein 
Umstand, Anando, begründet es aber, dass 
einem Vollendeten, Heiligen, vollkommen Er- 
wachten ein Kuppelmal gebührt ? >Das ist das 
Kuppelmal jenes Erhabenen, Heiligen, voll- 
kommen Erwachtenc so wenden, Anando, 
viele Leute das Herz heiter zu 5 und haben sie 
dort das Herz heiter zugewandt, so gelangen 
sie, bei der Auflösung des Körpers, nach dem 
Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in himm- 
lische Welt. Das ist, Anando, ein Umstand, der es 
begründet, dass einem Vollendeten, Heiligen, 
vollkommen Erwachten ein Kuppelmal ge- 


154 



bührt Was für ein Umstand, Anando, be- 
gründet es aber, dass einem einzeln Erwachten 
ein Kuppelmal gebührt? >Das ist das Kuppel- 
mal jenes einzeln Erwachtenc so wenden, 
Anando, viele Leute das Herz heiter zu^ und 
haben sie dort das Herz heiter zugewandt, so 
gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, 
nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr 
in himmlische Welt. Das ist, Anando, ein Um- 
stand, der es begründet, dass einem einzeln 
Erwachten ein Kuppelmal gebührt. Was für 
ein Umstand, Anando, begründet es aber, dass 
einem Jünger des Vollendeten ein Kuppelmal 
gebührt ? >Das ist das Kuppelmal des Jüngers 
jenes Erhabenen, Heiligen, vollkommen Er- 
wachten< : so wenden, Anando, viele Leute das 
Herz heiter zu 5 und haben sie dort das Herz 
heiter zugewandt, so gelangen sie, bei der Auf- 
lösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute 
Fährte, zur Einkehr in himmlische Welt. Das 
ist, Anando, ein Umstand, der es begründet. 



dass einem Jünger des Vollendeten ein Kuppel- 
mal gebührt. Was für ein Umstand, Anando, 
begründet es aber, dass einem Kaiserkönige ein 
Kuppelmal gebührt? >Das ist das Kuppelmal 
jenes gerechten, wahrhaftigen Königsc so 
wenden, Anando, viele Leute das Herz heiter zu 5 
und haben sie dort das Herz heiter zugewandt, 
so gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, 
nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr 
in himmlische Welt. Das ist, Anando, ein Um- 
stand, der es begründet, dass einem Kaiser könige 
ein Kuppelmal gebührt. Das sind, Anando, die 
Vier, denen ein Kuppelmal gebührt.« 

Da hat nun der ehrwürdige Anando das 
Schutzhaus betreten, den Thürkopf umklam- 
mert und ist weinend gestanden; >Wie muss 
ich kämpfen, ach, muss da noch ringen; und 
es geht mir der Meister nun zur Erlöschung 
hin, der sich meiner erbarmte !<® Alsbald aber 
wandte sich der Erhabene an die Mönche ; 


156 



»Wo ist wohl, ihr Mönche, Anando?« 

»Es ist, o Herr, der ehrwürdige Anando in 
das Schutzhaus getreten 5 den Thürkopf um- 
klammernd steht er weinend daran: >Wie 
muss ich kämpfen, ach, muss da noch ringen : 
und es geht mir der Meister nun zur Erlöschung 
hin, der sich meiner erbarmte !«< 

Da hat der Erhabene einen der Mönche be- 
auftragt : 

»Gehe du, Mönch, und sag’ in meinem 
Namen zu Anando: >Der Meister lässt dich, 
Bruder Anando, rufen<.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam jener 
Mönch zum Erhabenen 5 und er begab sich zum 
ehrwürdigen Anando hin und sprach also : »Der 
Meister lässt dich, Bruder Anando, rufen.« 

»Ich komme, Bruder«, entgegnete der ehr- 
würdige Anando jenem Mönche 5 und er kam 
zum Erhabenen heran, verbeugte sich ehrer- 
bietig vor dem Erhabenen und setzte sich 
beiseite nieder. Zum ehrwürdigen Anando, 


157 



der da beiseite saß, sprach nun der Erhabene 
also: 

»Genug, Anando, sei nicht traurig, lasse die 
Klage : hab’ ich denn das, Anando, nicht vorher 
schon verkündet, dass eben alles, was einem 
lieb und angenehm ist, verschieden werden, 
aus werden, anders werden muss? Woher 
könnte das hier, Anando, erlangt werden, dass 
was geboren, geworden, zusammengesetzt, dem 
Verfall unterworfen ist, da doch nicht ver- 
fallen sollte: das giebt es nicht. Lange hindurch 
hast du, Anando, dem Vollendeten mit liebe- 
voller That gedient, freundlich, zartfühlend, 
unverhohlen, unbegränzt, mit liebevollem 
Worte gedient, mit liebevollem Geiste gedient, 
freundlich, zartfühlend, unverhohlen, unbe- 
gränzt. Gutes gethan hast du, Anando 5 schaffe 
rüstig weiter; bald wirst du frei vom Wahne 
sein.« 

Dann wandte sich der Erhabene an die 
Mönche: 

158 



»Die da einst, ihr Mönche, in vergangenen 
Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, 
auch jene Erhabenen hatten nur solche un- 
übertreffliche Aufwärter, wie es Anando bei 
mir war. Und die einst, ihr Mönche, in künf- 
tigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte 
sein werden, auch jene Erhabenen werden nur 
solche unübertreffliche Aufwärter haben, wie 
es Anando bei mir war. Klug ist, ihr Mönche, 
Anando, er weiß: das ist die Zeit den Voll- 
endeten besuchen zu gehn für die Mönche, 
das ist die Zeit für die Nonnen, das ist die Zeit 
für die Anhänger, das ist die Zeit für die An- 
hängerinen, das ist die Zeit für den König und 
königliche Würdenträger, das ist die Zeit für 
Büßer und Büßergefolge. 

»Vier Dinge, ihr Mönche, erstaunlich und 
ungewöhnlich, finden sich bei Anando: und 
welche vier? Wenn da, ihr Mönche, eine Ver- 
sammlung von Mönchen Anando besuchen 
geht, gereicht ihr sein Anblick zur Freude 5 


159 



wenn dann Anando die Lehre verträgt, ge- 
reicht ihr auch sein Vortrag zur Freude ^ und 
immer noch lauschen, ihr Mönche, würde die 
Versammlung der Mönche: aber Anando hat 
beendet. Wenn da, ihr Mönche, eine Versamm- 
lung von Nonnen, eine Versammlung von An- 
hängern, eine Versammlung von Anhängeri- 
nen Anando besuchen geht, gereicht ihr sein 
Anblick zur Freude 5 wenn dann Anando die 
Lehre vorträgt, gereicht ihr auch sein Vortrag 
zur Freude 5 und immer noch lauschen, ihr 
Mönche, würde so eine Versammlung: aber 
Anando hat beendet. Das sind, ihr Mönche, 
vier erstaunliche, ungewöhnliche Dinge, die 
sich bei Anando finden. 

»Vier Dinge, ihr Mönche, erstaunlich und 
ungewöhnlich, finden sich bei einem Kaiser- 
könige: und welche vier? Wenn da, ihr Mön- 
che, eine Versammlung von Kriegern den 
Kaiserkönig besuchen geht, gereicht ihr sein 
Anblick zur Freude j wenn dann der Kaiser- 

160 



könig zu reden anhebt, gereicht ihr auch seine 
Rede zur Freude 5 und immer noch lauschen, 
ihr Mönche, würde die Versammlung der 
Krieger: aber der Kaiserkönig hat beendet. 
Wenn da, ihr Mönche, eine Versammlung von 
Priestern, eine Versammlung von Bürgern, 
eine Versammlung von Asketen den Kaiser- 
könig besuchen geht, gereicht ihr sein Anblick 
zur Freude 5 wenn dann der Kaiserkönig zu 
reden anhebt, gereicht ihr auch seine Rede 
zur Freude 5 und immer noch lauschen, ihr 
Mönche, würde so eine Versammlung: aber 
der Kaiserkönig hat beendet. Ebenso nun auch, 
ihr Mönche, finden sich bei Anando diese 
vier Dinge, die erstaunlich und ungewöhnlich 
sind.« 

Nach diesen Worten sprach der ehrwürdige 
Anando zum Erhabenen also: 

»Möge, o Herr, der Erhabene nicht an 
diesem unbedeutenden Orte, der in der Wild- 
niss gelegen ist, bei der kleinen Landstadt 

11 LT 161 



zur Erlöschung eingehn! Es giebt, o Herr, 
andere, große Städte, als wie etwa Campä, 
Räjagaham, Sävatthi, Säketam, Kosambi, Be- 
nares: dort geruhe der Erhabene erlöschen 
zu wollen, dort sind viele hochmögende Für- 
sten, hochmögende Priester, hochmögende 
Bürger dem Vollendeten freundlich ergeben, 
die werden dem Vollendeten die Leichenfeier 
entrichten.« 

»Sage das nicht, Anando, sage das nicht, 
Anando: ein unbedeutender Ort, in der Wild- 
niss gelegen, eine kleine Landstadt. Es war 
einmal, Anando, ein König gewesen, >Der 
große Herrliche< genannt, ein Kaiserkönig, ein 
gerechter und wahrer Herrscher, ein Sieger 
bis zur Mark der See, der seinem Reiche Sicher- 
heit schuf, mit den sieben Juwelen begabt war. 
Diesem König, Anando, dem großen Herr- 
lichen, war da Kusinärä, Kusävati geheißen, 
zur Königsburg eigen, ein Stadtgebiet von 
Ostennach Westen zwölf Meilen in die Länge, 


162 



von Norden nach Süden sieben Meilen in die 
Breite. Kvisävati, Anando, die Königsburg, war 
mächtig emporgediehen, volkreich, von Men- 
schen durchströmt, voller Überfluss. Gleich- 
wie etwa, Anando, bei den Göttern Alakaman- 
dä, wie man sagte, die Königsburg, mächtig 
emporgediehen war, volkreich, von Geistern 
durchströmt, voller Überfluss ebenso auch 
nun, Anando, war Kusävati die Königsburg 
mächtig emporgediehen, volkreich, von Men- 
schen durchströmt, voller Überfluss. Kusävati, 
Anando, die Königsburg, wurde vor zehn- 
fachem Lärmen nicht ruhig, weder bei Tag 
noch bei Nacht, und zwar vom Trompeten 
der Elephanten, vom Wiehern der Rosse, vom 
Rasseln der Wagen, von Paukenschall und 
Trommelwirbel, von Lautengefiedel und Lie- 
dergesang, von lustigem Schreien und Hände- 
klatschen und dem Rufe >Ergetzet euch, trinket 
und esset< als zehntem Lärm. — Geh’ hin, 
Anando, nach Kusinärä steige hinauf, und 



bringe den kusinärischen Maliern die Bot- 
schaft: >Heute, ihr Väsetther, in den letzten 
Stunden der Nacht, wird der Vollendete zur 
Erlöschung eingehn. Schreitet herbei, Väse- 
tther, schreitet herbei, Väsetther, auf dass ihr 
später nicht Reue empfindet: ^ßei uns, in un- 
serem Feldbereich, ist der Vollendete zur Er- 
löschung eingegangen — und wir haben in 
der letzten Stunde den Vollendeten nicht zu 
sehn bekommend.« 

»Wohl, o Herr«, sagte gehorsam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen^ und er 
rüstete sich, nahm Mantel und Schaale und 
stieg ohne Gefährten nach Kusinärä hinauf. 

Um diese Zeit nun waren die kusinärischen 
Maller im Herrenhause versammelt, irgend 
einer Angelegenheit wegen. Da begab sich denn 
der ehrwürdige Anando nach dem Herren- 
hause der kusinärischen Maller hin. Dort an- 
gelangt brachte er den kusinärischen Maliern 
die Botschaft: 


164 



»Heute, ihr Väsetther, in den letzten Stun- 
den der Nacht, wird der Vollendete zur Er- 
löschung eingehn. Schreitet herbei, Väsetther, 
schreitet herbei, Väsetther, auf dass ihr später 
nicht Reue empfindet: >Bei uns, in unserem 
Feldbereich, ist der Vollendete zur Erlöschung 
eingegangen — und wir haben in der letzten 
Stunde den Vollendeten nicht zu sehn be- 
kommen<.« 

Auf diese Meldung des ehrwürdigen Anando 
wurden die Maller und die Söhne der Mall er, die 
manischen Frauen und die mallischen Mütter 
betroffen, betrübt, von geistigem Schmerze er- 
füllt: und manche rauften sich klagend das 
Haar, rangen klagend die Hände, stürzten hin 
wie gebrochenen Fußes, schwankten heran 
und schwankten hinweg : > Allzu bald wird der 
Erhabene zur Erlöschung eingehn, allzu bald 
wird der Willkommene zur Erlöschung ein- 
gehn, allzu bald wird das Auge der Welt dahin- 
geschwunden sein!< 


165 



Da sind denn die Maller und die Söhne der 
Maller, die mallischen Frauen und die malli- 
schen Mütter, betroffen, betrübt, von geistigem 
Schmerze erfüllt, in die Landschaft hinabge- 
zogen, nach dem Kronwalde der Maller, zum 
ehrwürdigen Anando haben sie sich hinbe- 
geben. 

Aber der ehrwürdige Anando sagte sich nun: 
>Wenn ich die kusinärischen Maller je ein- 
zeln vor den Erhabenen zum Gruße hinführte, 
würde ja der Erhabene unbegrüßt von den 
kusinärischen Maliern bleiben, weil diese Nacht 
damit verbraucht würden wie, wenn ich nun 
die kusinärischen Maller von Stamm zu Stamm 
abgetheilt zum Gruße vor den Erhabenen hin- 
treten ließe: ^Der Maller so und so benannt, 
o Herr, kommt mit Kind und Gattin, Sippe 
und Gesinde zu Füßen des Erhabenen sich 
verbeugen’.< 

So hat denn der ehrwürdige Anando die 
kusinärischen Maller von Stamm zu Stamm 


166 



abgetheilt zum Gruße vor den Erhabenen hin- 
Ireten lassen: 

»Der Maller so und so benannt, o Herr, 
kommt mit Kind und Gattin, Sippe und Gesinde 
zu Füßen des Erhabenen sich verbeugen.« 

Auf diese Weise hatte nun der ehrwürdige 
Anando schon in den ersten Stunden der Nacht 
die kusinärischen Maller den Erhabenen be- 
grüßen lassen. 

Zur damaligen Zeit war aber ein Pilger, Su~ 
bhaddo mit Namen, in Kusinärä eingetroffen. 
Es hörte nun Subhaddo der Pilger reden: 
>Heute noch, heißt es, in den letzten Stunden 
der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Er- 
löschung eingehn !< Und Subhaddo der Pilger 
begann da nachzudenken: >Sagen hab' ich ja 
wohl hören davon, bei den altgewordenen, 
hochbejahrten Pilgern, bei den Meistern und 
Altmeistern, als sie unter einander sprachen: 
^Selten doch nur, irgend einmal, erscheinen 

167 



Vollendete in der Welt, Heilige, vollkommen 
Erwachte/ Heute aber, in den letzten Stunden 
der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Er- 
löschung eingehn. Nun ist mir da ein Zweifel 
über eine Sache aufgestiegen, und ich habe das 
Vertrauen zum Asketen Gotamo, der Asket Go- 
tamo vermöchte mir die Satzung soweit aufzu- 
weisen, dass ich da den Zweifel über jene Sache 
verlieren könnte.< Alsbald nun begab sich Su- 
bhaddo der Pilger auf das Land hinaus, nach 
dem Kronwalde der Maller, wo der ehrwür- 
dige Anando weilte, dahin schritt er. Dort ange- 
langt sprach er zum ehrwürdigen Anando also : 

»Sagen hab’ ich hören, werther Anando, bei 
den altgewordenen, hochbejahrten Pilgern, 
bei den Meistern und Altmeistern, als sie unter 
einander sprachen : >Selten doch nur, irgend 
einmal, erscheinen Vollendete in der Welt, 
Heihge, vollkommen Erwachte.^ Heute aber, 
in den letzten Stunden der Nacht, wird der 
Asket Gotamo zur Erlöschung eingehn. Nun 

168 



ist mir da ein Zweifel über eine Sache aufge- 
stiegen^, und ich habe das Vertrauen zum As- 
keten Gotamo, der Asket Gotamo vermöchte 
mir die Satzung soweit aufzuweisen, dass ich 
da den Zweifel über jene Sache verlieren 
könnte. Vielleicht darf es mir, werther Anando, 
vergönnt sein den Asketen Gotamo zu sehn.« 

Also angesprochen sagte der ehrwürdige 
Anando zu Subhaddo dem Pilger: 

»Genug, Bruder Subhaddo: lass’ den Voll- 
endeten ungeplagt, müde geworden ist der 
Erhabene.« 

Aber ein zweites Mal, und ein drittes Mal 
wandte sich Subhaddo der Pilger an den ehr- 
würdigen Anando mit den Worten: 

»Sagen hab’ ich hören, werther Anando, bei 
den altgewordenen, hochbejahrten Pilgern, 
bei den Meistern und Altmeistern, als sie unter 
einander sprachen: >Selten doch nur, irgend 
einmal, erscheinen Vollendete in der Welt, 
Heilige, vollkommen Erwachte.< Heute aber, 



latthaputto, Nigan^ho Näthaputto: haben alle 
die, wie ein jeder versichert, verstanden, oder 
haben alle eben nichts verstanden ? Oder aber 
haben die einen verstanden, und die anderen 
nichts verstanden?« 

»Genug, Subhaddo, lass’ es gut sein, ob alle 
die, wie ein jeder versichert, verstanden haben, 
oder ob alle eben nichts verstanden haben, oder 
ob etwa die einen verstanden haben, und die 
anderen nichts verstanden haben. Die Satzung, 
Subhaddo, werd’ ich dir aufweisen: höre zu 
und achte wohl auf meine Rede.« 

»Gewiss, o Herr«, sagte da aufmerksam 
Subhaddo der Pilger zum Erhabenen. Der Er- 
habene sprach also: 

»Wo da, Subhaddo, in einer Lehre und 
Zucht der heilige achtfältige Weg nicht zu 
finden ist, da ist auch der Asketenstand nicht 
zu finden, da ist auch der zweite Asketenstand 
nicht zu finden, da ist auch der dritte Asketen- 
stand nicht zu finden, da ist auch der vierte 


172 



Asketenstand nicht zu finden. Wo aber da, 
Subhaddo, in einer Lehre und Zucht der hei- 
lige achtfältige Weg zu finden ist, da ist auch 
der Asketenstand zu finden, da ist auch der 
zweite Asketenstand zu finden, da ist auch 
der dritte Asketenstand zu finden, da ist auch 
der vierte Asketenstand zu finden. Da ist nun, 
Subhaddo, in dieser Lehre und Zucht der hei- 
lige achtfältige Weg zu finden, und eben hier, 
Subhaddo, der Asketenstand, hier der zweite 
Asketenstand, hier der dritte ^sketenstand, hier 
der vierte Asketenstand, ohne Verlangen nach 
Zank und Streit mit anderen Asketen. Wenn 
nun, Subhaddo, diese Mönche im Rechten ver- 
blieben, würde die Welt nicht leer an Heiligen. 

»Ein Jahr bevor ich dreißig war, Subhaddo, 
Gepilgert bin ich fort um Heil zu suchen: 

Der Jahre sind es fünfzig und darüber. 

Seitdem ich als ein Pilger bin gewandert, 

Die ächte Satzung Ort um Ort erweisend; 

Auf andre Art Asket noch sein, das geht nicht. 


173 



Und geht nicht als zweiter Asket, und geht 
nicht als dritter Asket, und geht nicht als 
vierter Asket, ohne Verlangen nach Zank und 
Streit mit anderen Asketen. Wenn nun, Su- 
bhaddo, diese Mönche im Rechten verblieben, 
würde die Welt nicht leer an Heiligen.« 

Nach diesen Worten hat Subhaddo der Pilger 
zum Erhabenen also gesprochen; 

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! 
Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umge- 
stürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, 
oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht 
in die Finsterniss hielte: >Wer Augen hat 
wird die Dinge sehne ebenso auch hat der 
Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und 
so nehm’ ich, o Herr, beim Erhabenen Zu- 
flucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft : 
möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme 
gewähren, die Ordens weihe ertheilen!« 

»Wer da, Subhaddo, erst einem anderen 
Orden angehört hat und in diese Löhre und 


174 



Zucht aufgenommen werden, die Weihe er- 
halten will, der bleibt vier Monate bei uns^ 
und nach Verlauf von vier Monaten wird er, 
wenn er also verblieben ist, von innig erfah- 
renen Mönchen aufgenommen und einge- 
weiht in das Mönchthum : denn ich habe hier 
manche Veränderlichkeit erfahren.« 

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger 
anderer Orden, welche in diese Lehre und 
Zucht aufgenommen werden, die Weihe er- 
halten wollen, vier Monate bleiben, und nach 
Verlauf von vier Monaten, wenn sie also ver- 
blieben sind, von innig erfahrenen Mönchen 
aufgenommen und eingeweiht werden in das 
Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben: 
und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, 
wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene 
Mönche aufnehmen und einweihen in das 
Mönchthum.« 

Da wandte sich denn der Erhabene an den 
ehrwürdigen Anando: 


^75 



»Wohlan^ Anando, so nehmt Subhaddo den 
Pilger auf.« 

»Gern, o Herr«, sagte da gehorsam der ehr- 
würdige Anando zum Erhabenen. Aber Su- 
bhaddo der Pilger sprach nun also zum ehr- 
würdigen Anando : 

»Gesegnet bist du, Bruder Anando, hochge- 
segnet bist du, Bruder Anando, der du hier irn 
Angesichte des Meisters mit gesalbter Nähe 
gesalbt bist!« 

Es wurde Subhaddo der Pilger beim Erha- 
benen aufgenommen, wurde mit der Ordens- 
weihe belehnt. 

Nicht lange aber war der ehrwürdige Su- 
bhaddo in den Orden aufgenommen, da hatte er, 
einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, 
innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänz- 
lich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, 
jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei 
Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht 
und errungen. > Versiegt ist die Geburt, voll- 

176 



endet das Asketenthum^ gewirkt das Werk, 
nicht mehr ist diese Welt< verstand er da. 
Auch einer war nun der ehrwürdige Subhaddo 
der Heiligen geworden. 

Er ist des Erhabenen letzter persönliche 
Jünger gewesen. 


ENDEDES fünften BERICHTES 


12 LT 



D a hat nun der Erhabene sich an den ehr- 
würdigen Anando gewandt: 

»Es mag wohl sein, Anando, dass ihr etwa 
gedächtet: >Dahin ist die Unterweisung des 
Meisters, wir haben keinen Meister mehr.< 
Doch man darf das, Anando, nicht also an- 
sehn. Was ich euch, Anando, als Lehre und 
als Zucht aufgewiesen und angegeben habe, 
das ist nach meinem Verscheiden euer Meister. 
Wie aber nun, Anando, die Mönche jetzt einer 
den anderen mit dem Worte Bruder anspre- 
chen, so soll es nicht mehr nach meinem Ver- 
scheiden von euch gehalten sein. Von einem 
älteren Mönche, Anando, ist ein jüngerer 
Mönch mit dem Vornamen oder dem Zu- 
namen oder mit dem Bruderworte anzuspre- 
chen, von einem jüngeren Mönche soll ein 

178 • 



älterer Mönch als Herr oder als Ehrwürdiger 
angesprochen werden. Wenn man es ver- 
langt, Anando, soll die Jüngerschaft nach 
meinem Verscheiden die minderen Verord- 
nungen und was damit zusammenhängt auf- 
heben. — Über Channo,^ Anando, den Mönch, 
ist nach meinem Verscheiden die geistliche 
Strafe zu verhängen.«"^ 

»Was ist das aber, o Herr, die geistliche 
Strafe ?« 

»Channo, Anando, der Mönch, mag sagen 
was ihm beliebt und soll da von den Mönchen 
weder angeredet noch ermahnt und zurecht- 
gewiesen werden.« 

Und nun wandte sich der Erhabene an die 
Mönche : 

»Es mag wohl, ihr Mönche, wenn auch nur 
ein Mönch vielleicht in Zweifel oder in Be- 
denken sein über den Erwachten oder über die 
Lehre oder über die Jüngerschaft oder über 
den Weg oder über dieSchrittej fragt nur, ihr 



Mönche, auf dass ihr später nicht Reue em- 
pfindet: >Vor Augen gewesen war uns der 
Meister, und wir vermochten nicht den Er- 
habenen von Angesicht zu fragen<.« 

Also gemahnt blieben jene Mönche still. 

Aber ein zweites Mal, und ein drittes Mal 
wandte sich der Erhabene an die Mönche: 

»Es mag wohl, ihr Mönche, wenn auch nur 
ein Mönch vielleicht in Zweifel oder in Be- 
denken sein über den Erwachten oder über 
die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über 
den Weg oder über die Schritte $ fragt nur, ihr 
Mönche, auf dass ihr später nicht Reue em- 
pfindet: >Vor Augen gewesen war uns der 
Meister, und wir vermochten nicht den Er- 
habenen von Angesicht zu fragen<.« 

Zum dritten Mal aber blieben jene Mönche 
still. Und der Erhabene wandte sich nun an 
die Mönche: 

»Es könnte wohl sein, ihr Mönche, dass ihr 
etwa aus Ehrfurcht vor dem Meister nicht 



fragen mochtet^ so soll es der Freund, ihr 
Mönche, dem Freunde vermelden.« 

Also gemahnt bheben jene Mönche still. 
Da hat nun der ehrwürdige Anando zum Er- 
habenen also gesprochen: 

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, 
o Herr ! Solchen Glauben hab’ ich, o Herr, zu 
dieser Jüngerschaar: es giebt in dieser Jünger- 
schaar auch nicht einen Mönch, der in Zweifel 
oder in Bedenken wäre über den Erwachten 
oder über die Lehre oder über die Jüngerschaft 
oder über den Weg oder über die Schritte.« 

»Aus Glauben hast du, Anando, gesprochen: 
Wissen aber hat eben hier, Anando, der Voll- 
endete: es giebt in dieser Jüngerschaar auch 
nicht einen Mönch, der in Zweifel oder in Be- 
denken wäre über den Erwachten oder über 
die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über 
den Weg oder über die Schritte. Denn wer 
auch, Anando, unter diesen fünfhundert Mön- 
chen der geringste sei: er ist zur Hörerschaft 



gelangt, dem Verderben entronnen, eilt ziel- 
bewusst der vollen Erwachung entgegen.« 

Dann hat nun der Erhabene sich an die 
Mönche gewandt: 

»Wohlan denn, ihr Mönche, lasst euch ge- 
sagt sein: schwinden muss jede Erscheinung, 
unermüdlich mögt ihr da kämpfen.« 

Das war des Vollendeten letztes Wort. 

Da ist denn der Erhabene in die erste Schau- 
ung eingegangen, aus der ersten Schauung 
emporgekommen in die zweite Schauung ein- 
gegangen, aus der zweiten Schauung emporge- 
kommen in die dritte Schauung eingegangen, 
aus der dritten Schauung emporgekommen in 
die vierte Schauung eingegangen, aus der 
vierten Schauung emporgekommen in das 
Reich des unbegränzten Raumes eingegangen, 
aus dem Bereiche des unbegränzten Raumes 
emporgekommen in das Reich des unbe- 
gränzten Bewusstseins eingegangen, aus dem 
Bereiche des unbegränzten Bewusstseins em- 


182 



porgekommen in das Reich des Nichtdaseins 
eingegangen, aus dem Bereiche des Nicht- 
daseins emporgekommen in das Reich der 
Gränze möglicher Wahrnehmung eingegan- 
gen, aus dem Bereiche der Gränzscheide mög- 
licher Wahrnehmung emporgekommen in 
die Auflösung der Wahrnehmbarkeit einge- 
gangen. 

Alsbald aber hat der ehrwürdige Anando 
zum ehrwürdigen Anuruddho gesagt: 

»Zur Erlöschung gekommen, o Herr, ist der 
Erhabene !« 

»Nicht, Bruder Anando, ist der Erhabene 
zur Erlöschung gekommen, ist in die Auflösung 
der Wahrnehmbarkeit eingegangen.« 

Da ist denn der Erhabene aus dem Bereiche 
der aufgelösten Wahrnehmbarkeit emporge- 
kommen in das Reich der Gränze möglicher 
W ahrnehmung eingegangen, aus dem Bereiche 
der Gränzscheide möghcher Wahrnehmung 
emporgekommen in das Reich des Nichtda- 

185 



Seins eingegangen, aus dem Bereiche des Nicht- 
daseins emporgekommen in das Reich des un- 
begränzten Bewusstseins eingegangen, aus dem 
Bereiche des unbegränzten Bewusstseins em- 
porgekommen in das Reich des unbegränzten 
Raumes eingegangen, aus dem Bereiche des 
unbegränzten Raumes emporgekommen in die 
vierte Schauung eingegangen, aus der vier- 
ten Schauung emporgekommen in die dritte 
Schauung eingegangen, aus der dritten Schau- 
ung emporgekommen in die zweite Schauung 
eingegangen, aus der zweiten Schauung em- 
porgekommen in die erste Schauung einge- 
gangen, aus der ersten Schauung emporge- 
kommen in die zweite Schauung eingegangen, 
aus der zweiten Schauung emporgekommen 
in die dritte Schauung eingegangen, aus der 
dritten Schauung emporgekommen in die 
vierte Schauung eingegangen, aus der vierten 
Schauung emporgekommen ist der Erhabene 
ganz unmittelbar erloschen. 

184 



Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit 
der Erlöschung, war ein gewaltiges Zittern 
über die Erde gegangen, ein Erschauern und 
ein Erschaudern, und der Wolken rollende 
Donner dröhnten dahin. 

Als der Erhabene erloschen war, zugleich 
mit der Erlöschung, hat Brahma der Mächtige 
Herr diesen Sangspruch gesagt: 

»Gleich gilt es allen in der Welt: 
Geworden, muss der Leib zergehn, 

Sogar bei solchem Meister hier, 

Erhaben wie kein andrer je, 

Vollendet, in erworbner Kraft, 

Erwacht, und nun erloschen hin.« 


Als der Erhabene erloschen war, zugleich 
mit der Erlöschung, hat Sakko der Götter 
König diesen Sangspruch gesagt : 

»Vergänglich ist ja was erscheint. 

Nur Werden zum Gewesensein: 
Entstanden muss es untergehn; 

Ist Ruhe, reicht es salig aus.« 


185 



Als der Erhabene erloschen war, zugleich 
mit der Erlöschung, hat der ehrwürdige 
Anuruddho diese Sangsprüche gesagt : 

»Kein Athem zog mehr ein und aus; 
Vollendet, innig still gestaut, 

Unregbar, friedsam eingekehrt, 

Gestorben ist der Denker so. 

»Der ungebrochen, ungebeugt. 

Die Todesquaal erduldet hat: 

Gleichwie die Lampe sanft erlischt, 

Hat sanft sein Geist sich aufgelöst.« 

Als der Erhabene erloschen war, zugleich 
mit der Erlöschung, hat der ehrwürdige 
Anando diesen Sangspruch gesagt: 

»Es war ein Schauern um mich her, 

Es ging ein Schaudern durch die Welt, 

Als herrlich allzumal vollbracht 
Der Auferwachte da verlosch. «^3 

Als der Erhabene erloschen war, haben da 


186 



gar manche Mönche, von Verlangen nicht 
genesen, die Hände klagend gerungen, sind 
wie gebrochenen Fußes hingestürzt, heran- 
geschwankt und hinweggeschwankt: > Allzu 
bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, 
allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen 
gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt 
dahingeschwunden !< Die aber da Mönche 
waren von Verlangen genesen, die haben 
hierbei klar bewusst ausgeharrt: >Erschei- 
nung vergeht — wie wär’s auch anders 
möglich.<'’'* 

Da hat nun der ehrwürdige Anuruddho 
sich an die Mönche gewandt: 

»Genug, ihr Brüder, seid nicht traurig, 
lasset die Klage : hat denn das nicht, ihr Brü- 
der, der Erhabene vorher schon verkündet, 
dass eben alles, was einem lieb und angenehm 
ist, verschieden werden, aus werden, anders 
werden muss? Woher könnte das hier, ihr 
Brüder, erlangt werden, dass was geboren, 

187 



geworden, zusammengesetzt, dem Verfall un- 
terworfen ist, da doch nicht verfallen sollte : 
das giebt es nicht. Gottheiten, ihr Brüder, 
seufzen da auf.« 

»Wie beschaffen aber, o Herr, sind die 
Gottheiten, die der ehrwürdige Anuruddho 
im Geiste bemerkt ?« 

»Es sind, Bruder Anando, Gottheiten im 
Raume mit irdischen Gedanken, die raufen 
sich klagend das Haar, ringen klagend die 
Hände, wie gebrochenen Fußes stürzen sie 
nieder, schwanken heran und schwanken 
hinweg: > Allzu bald ist der Erhabene zu er- 
löschen gekommen, allzu bald ist der Will- 
kommene zu erlöschen gekommen, allzu bald 
ist das Auge der Welt dahingeschwunden !< 
Es sind, Bruder Anando, Gottheiten auf der 
Erde mit irdischen Gedanken, die raufen sich 
klagend das Haar, ringen klagend die Hände, 
wie gebrochenen Fußes stürzen sie nieder, 
schwanken heran und schwanken hinweg: 


i88 



>Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen 
gekommen, allzu bald ist der Willkommene 
zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das 
Auge der Welt dahingeschwunden !< Die 
aber da Gottheiten sind von Verlangen ge- 
nesen, die harren hierbei klar bewusst aus: 
>Erscheinung vergeht — wie wär’s auch an- 
ders möglich<.« 

Dann hat nun der ehrwürdige Anuruddho 
mit dem ehrwürdigen Anando den Rest die- 
ser Nacht im Gespräche über die Lehre zu- 
gebracht, Daraufhin aber wandte sich der 

I 

ehrwürdige Anuruddho an den ehrwürdigen 
Anando : 

»Geh’ hin, Bruder Anando, nach Kusinärä 
steige hinauf, und bringe den kusinSrischen 
Maliern die Botschaft: >Zu erlöschen ge- 
kommen, Väsetther, ist der Erhabene : wie es 
euch nun belieben mag<.« 

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der 
ehrwürdige Anando zum ehrwürdigen Anu- 

189 



ruddho. Und er rüstete sich frühmorgens, 
nahm Mantel und Schaale und stieg ohne 
Gefährten nach Kusinärä hinauf.^^ 

Zu der Zeit nun waren die kusinärischen 
Maller im Herrenhause versammelt, um eben- 
dieser Angelegenheit willen. Da begab sich 
denn der ehrwürdige Änando nach dem Her- 
renhause der kusinärischen Maller hin. Dort 
angelangt brachte er den kusinärischen Mal- 
iern die Botschaft: 

»Zu erlöschen gekommen, Väsetther, ist der 
Erhabene: wie es euch nun belieben mag.«"*“^ 

Auf diese Meldung des ehrwürdigen Anan- 
do wurden die Maller und die Söhne der 
Maller, die mallischen Frauen und die malli- 
schen Mütter betroffen, betrübt, von geistigem 
Schmerze erfüllt: und manche rauften sich 
klagend das Haar, rangen klagend die Hände, 
stürzten hin wie gebrochenen Fußes, schwank- 
ten heran und schwankten hinweg: > Allzu 
bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, 

190 



allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen 
gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt 
dahingeschwunden !< 

Alsbald nun haben die kusinärischen Mal- 
ler ihren Leuten befohlen : 

»So macht euch nur eilig auf und lasst in 
Kusinärä Blumen, Weihrauch und die ganze 
festliche Ausrüstung herrichten.« 

Da sind denn die kusinärischen Maller mit 
Blumen, Weihrauch und der ganzen festli- 
chen Ausrüstung, sammt fünfhundert doppel- 
ten Tüchern in die Landschaft hinabgezogen, 
nach dem Kronwalde der Maller, wo des Er- 
habenen Leichnam war, haben sie sich hin- 
begeben. Dort angelangt haben sie dem 
Leichnam des Erhabenen mit Tanz und Ge- 
sang und Musikspiel, mit Weihrauch und 
Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und 
Verehrung bezeugt, haben Wimpel und flat- 
ternde Fahnen aufgewunden, Gezelte und 
Baldachine errichtet und ako diesen Tag zuge- 



bracht. So haben denn die kusinärischen Maller 
sich gesagt: 

»Zu spät ist’s heute geworden, den Leich- 
nam des Erhabenen zu verbrennen: morgen 
dann werden wir den Leichnam des Erhabe- 
nen verbrennen lassen.« 

Nun haben da die kusinärischen Maller, 
dem Leichnam des Erhabenen mit Tanz und 
Gesang und Musikspiel, mit Weihrauch und 
Blumen huldigend, Ergebenheit, Achtung 
und Verehrung bezeugend, Wimpel und 
flatternde Fahnen aufwindend, Gezelte und 
Baldachine errichtend, auch den zweiten Tag 
damit zugebracht 5 auch den dritten, vierten 
imd fünften Tag, auch den sechsten Tag da- 
mit zugebracht. Am siebenten Tag aber haben 
sich die kusinärischen Maller dann gesagt: 

»Wir haben dem Leichnam des Erhabenen 
mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit 
Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergeben- 
heit, Achtung und Verehrung bezeugt: wir 


19a 



werden den Leichnam des Erhabenen von 
Süden durch die untere Seite der Stadt führen 
und über die äußere Seite herum und gegen 
Süden der Stadt verbrennen.« 

Eben um diese Zeit nun waren acht Maller 
aus den ersten Geschlechtern über den Scheitel 
gebadet worden, in ungebrauchte Gewänder 
gekleidet. Die sagten : >Wir werden den Leich- 
nam des Erhabenen empornehmen< : aber sie 
vermochten nicht anzuheben. Da haben denn 
die kusinärischen Maller den ehrwürdigen 
Anuruddho gefragt: 

»Was ist wohl, Herr Anuruddho, der Anlass, 
was ist der Umstand, dass diese acht Maller 
aus den ersten Geschlechtern, die über den 
Scheitel gebadet worden, in ungebrauchte Ge- 
wänder gekleidet sind, wie sie da den Leich- 
nam des Erhabenen empornehmen wollen, 
nicht imstande sind anzuheben?« 

»Anders ist, ihr Väsefther, bei euch die Ab- 
sicht, anders die Absicht bei den Gottheiten.« 


13 LT 


195 



»Wie aber ist, o Herr, bei den Gottheiten 
die Absicht?« 

»Ihr habt, Väsetther, die Absicht: >Wir 
werden, nachdem wir dem Leichnam des Er- 
habenen mit Tanz und Gesang und Musikspiel, 
mit Weihrauch und Blumen gehuldigt, Er- 
gebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt 
haben, von Süden durch die untere Seite der 
Stadt den Leichnam des Erhabenen führen 
und über die äußere Seite herumgelangt gegen 
Süden der Stadt verbrennend Die Gottheiten 
haben, Väsefther, die Absicht: >Wir werden, 
nachdem wir dem Leichnam des Erhabenen 
mit himmlischem Tanz und Gesang und 
Musikspiel, Weihrauch und Blumen gehuldigt, 
Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt 
haben, von Norden durch die obere Seite der 
Stadt den Leichnam des Erhabenen führen, 
durch das nördliche Thor gelangt in der Mitte 
durch die mittlere Stadt führen, durch das 
östliche Thor hinausziehn und gegen Osten 


194 



der Stadt, am Giebeldamm, wie der Ririgwall 
dort heißt, verbrennen<.«*^ 

»Wie es, o Herr, der Gottheiten Absicht ist, 
so soll es sein.« 

Gerade zu der Zeit aber war Kusinärä bis 
an den Rinnstein sammt Müll- und Kericht- 
häufen beinahe kniehoch mit Korallenbaura- 
blüthen überstreut worden. Da haben denn die 
Gottheiten und die kusinärischen Maller dem 
Leichnam des Erhabenen mit himmlischem 
und mit irdischem Tanz und Gesang und 
Musikspiel, W eihrauch und Blumen gehuldigt, 
Ergebenheit, Achtung und V erehrung bezeugt, 
von Norden durch die obere Seite der Stadt den 
Leichnam des Erhabenen geführt, durch das 
nördliche Thor gelangt in der Mitte durch die 
mittlere Stadt geführt, sind durch das östliche 
Thor hinausgezogen und haben gegen Osten 
der Stadt, am Giebeldamm, wie der Ringwall 
dort heißt, den Leichnam des Erhabenen 
niedergestellt. Alsbald haben nun die kusi- 


13 * 


195 



närischen Maller an den ehrwürdigen Änando 
die Frage gerichtet: 

»Wie haben wir, Herr Anando, mit dem 
Leichnam des Vollendeten zu verfahren?« 

»Wie man, Väset^her, mit dem Leichnam 
eines Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit 
dem Leichnam des Vollendeten zu verfahren.« 

»Wie aber geht man, Herr Anando, mit 
dem Leichnam eines Kaiserkönigs um?« 

»Den Leichnam, Väsetther, eines Kaiser- 
königs umwindet man mit ungebrauchtem 
Linnen 5 mit ungebrauchtem Linnen umwun- 
den umwindet man ihn mit ausgefaserter 
Baumwolle 5 mit ausgefaserter Baumwolle um- 
wunden umwindet man ihn mit ungebrauch- 
tem Linnen: hat man auf diese Weise den 
Leichnam des Kaiserkönigs fünfhundertmal 
doppelt umwunden, so versenkt man ihn in 
eine eherne Truhe mit Öl, verschließt sie mit 
ehernem Deckel, schichtet einen Scheiter- 
haufen aus allen würzigen Hölzern zusammen 

196 



und lässt den Leichnam des Kaiserkönigs in 
Flammen aufgehn, errichtet wo vier Straßen 
sich kreuzen dem Kaiserkönig ein Kuppelmal. 
Also geht man, Väsetther, mit dem Leichnam 
eines Kaiserkönigs um. Wie man nun, Väse- 
tther, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs 
umgeht, so hat man mit dem Leichnam des 
Vollendeten umzugehn, wo vier Straßen sich 
kreuzen dem Vollendeten ein Kuppelmal zu 
errichten. Die aber etwa dort einen Kranz 
oder eine Blume oder Sandei niederlegen, oder 
einen Gruß darbringen, oder das Herz heiter 
zuwenden werden, denen wird das langehin 
zur Freude, zum Wohle gereichen.«^ 

Da haben denn die kusinärischen Maller 
ihren Leuten befohlen: 

»So macht euch nur eilig auf und schafft 
den Maliern ausgefaserte Baumwolle herbei.« 

Alsbald haben nun die kusinärischen Maller 
den Leichnam des Erhabenen mit ungebrauch- 
tem Linnen umwunden 5 mit ungebrauchtem 


197 



Linnen umwunden sodann mit ausgefaserter 
Baumwolle umwunden 5 mit ausgefaserter 
Baumwolle umwunden sodann mit unge- 
brauchtem Linnen umwunden: haben auf 
diese Weise den Leichnam des Erhabenen fünf- 
hundertmal doppelt umwunden, alsogleich in 
eine eherne Truhe mit Öl versenkt, diese mit 
ehernem Deckel verschlossen, haben einen 
Scheiterhaufen aus allen würzigen Hölzern 
zusammengeschichtet und den Leichnam des 
Erhabenen auf den Holzstoß gebracht. 

Um diese Zeit aber war der ehrwürdige Ma- 
häkassapo von Pävä nach Kusinärä unterwegs 
und zog die Landstraße entlang, von einer 
zahlreichen Jüngerschaft begleitet, mit etwa 
fünfhundert Mönchen. Da war denn der ehr- 
würdige Mahäkassapo vom Wege abgebogen 
und hatte sich unter einem der Bäume nieder- 
gesetzt. Damals nun war ein gewisser Nackter 
Büßer, der in Kusinärä eine Korallenbaum- 



blüthe aufgelesen hatte, auf der Wanderung 
nach Pävä unterwegs. Es sah aber der ehr- 
würdige Mahäkassapo wie jener Nackte Büßer 
von ferne herankam, und sprach dann also zu 
ihm: 

»Hast du etwa, Bruder, von unserem Meister 
gehört ?« 

»Ja freilich, Bruder, hab’ ich gehört: heute 
sind es sieben Tage, dass der Asket Gotamo 
erloschen ist 5 von dorther hab’ ich diese Ko- 
rallenbaumblüthe mitgebracht.« 

Da haben nun gar manche Mönche, von 
Verlangen nicht genesen, die Hände klagend 
gerungen, sind wie gebrochenen Fußes hin- 
gestürzt, herangeschwankt und hinwegge- 
schwankt: > Allzu bald ist der Erhabene zu 
erlöschen gekommen, allzu bald ist der Will- 
kommene zu erlöschen gekommen, allzu bald 
ist das Auge der Welt dahingeschwunden !< 
Die aber da Mönche waren von Verlangen ge- 
nesen, die haben hierbei klar bewusst ausge- 


199 



harrt; >Erscheinung vergeht — wie wär’s 
auch anders mögliche 
Damals ist aber ein greiser Pilger, Subhaddo 
mit Namen, in der Versammlung dort mit- 
gesessen. Da hat denn Subhaddo der greise 
Pilger zu jenen Mönchen also gesprochen ; 

»Genug, ihr Brüder, seid nicht traurig, lasset 
die Klage; erlöst sind wir endlich von jenem 
großen Asketen ! Heimgesucht waren wir 
immer von ^Das geziemt euch zu thun, das 
geziemt euch zu lassen’: jetzt aber werden 
wir thun was uns beliebt, und was uns nicht 
beliebt, das werden wir nicht thun!« 

Darauf hat der ehrwürdige Mahäkassapo 
sich an die Mönche gewandt: 

»Genug, ihr Brüder, seid nicht traurig, lasset 
die Klage: hat denn das nicht, ihr Brüder, der 
Erhabene vorher schon verkündet, dass eben 
alles, was einem lieb und angenehm ist, ver- 
schieden werden, aus werden, anders werden 
muss? Woher könnte das hier, ihr Brüder, er- 


200 



langt werden, dass was geboren, geworden, zu- 
sammengesetzt, dem Verfall unterworfen ist, da 
doch nicht verfallen sollte: das giebt es nicht.« 

Um eben diese Zeit waren vier der mallischen 
Edelleute, über den Scheitel gebadete, in un- 
gebrauchte Gewänder gekleidete, damit be- 
flissen: >Wir werden den Scheiterhaufen des 
Erhabenen aufflammen lassen< : aber sie ver- 
mochten keine Flamme zu entzünden. Da 
haben denn die kusinärischen Maller den ehr- 
würdigen Anuruddho gefragt: 

»Was ist wohl, Herr Anuruddho, der Anlass, 
was ist der Umstand, dass diese vier Maller aus 
den ersten Geschlechtern, über den Scheitel 
gebadete, in ungebrauchte Gewänder geklei- 
dete, wie sie da den Scheiterhaufen des Erha- 
benen entflammen wollen, nicht imstande sind 
Feuer zu entzünden?« 

»Anders ist, ihr Väsetther, die Absicht bei 
den Gottheiten.« 


201 



»Wie aber ist, o Herr, bei den Gottheiten 
die Absicht ?« 

»Die Gottheiten haben, Väsetther, die Ab- 
sicht: >Da ist der ehrwürdige Mahäkassapo 
von Pävä nach Kusinärä unterwegs und zieht 
die Landstraße entlang, von einer zahlreichen 
Jüngerschaft begleitet, mit etwa fünfhundert 
Mönchen: nicht eher soll der Scheiterhaufen 
des Erhabenen emporflammen, bis nicht der 
ehrwürdige Mahäkassapo dem Erhabenen zu 
Füßen Gruß entbieten kann<.« 

»Wie es, o Herr, der Gottheiten Absicht ist, 
so soll es sein,« 

Da ist denn der ehrwürdige Mahäkassapo 
nach Kusinärä, zum Giebeldamm am Ringwall 
der Maller, wo der Scheiterhaufen des Erha- 
benen war, hingezogen. Dort angelangt schlug 
er den Mantel um die eine Schulter, faltete 
die Hände zur Stirn, schritt rechts um den 
Scheiterhaufen dreimal herum und bot dem 


202 



Erhabenen zu Füßen den Gruß dar. Und auch 
jene fünfhundert Mönche schlugen den Mantel 
um die eine Schulter, falteten die Hände zur 
Stirn, schritten rechts um den Scheiterhaufen 
dreimal herum und boten dem Erhabenen zu 
Füßen den Gruß dar. 

Nach dem Gruß aber vom ehrwürdigen 
Mahäkassapo und von den fünfhundert Mön- 
chen ist der Scheiterhaufen des Erhabenen 
ganz von selbst emporgeflammt. 

Nachdem nun der Leichnam des Erhabenen 
in Flammen aufgegangen war, ist von dem, 
was da Haut war oder Gewebe war oder Fleisch 
war oder Sehne war oder Flüssigkeit war, 
keinerlei Asche zu bemerken gewesen oder 
Ruß: nur Knochenreste sind übriggeblieben. 
Gleichwie etwa wenn Milchrahm oder Sesamöl 
in Flammen aufgeht, keinerlei Asche zu be- 
merken ist oder Ruß: ebenso auch ist, nach- 
dem der Leichnam des Erhabenen in Flammen 
aufgegangen war, von dem, was da Haut war 


‘^. 0^1 



oder Gewebe war oder Fleisch war oder Sehne 
war oder Flüssigkeit war, keinerlei Asche zu 
bemerken gewesen oder Ruß, nur Knochen- 
reste sind übriggeblieben. 

Als dann der Leichnam des Erhabenen ver- 
brannt war, hat aus den Wolken ein Regen- 
strom sich ergossen und den Scheiterhaufen 
des Erhabenen zum Verlöschen gebracht, und 
Wasser ist auch von den Bäumen hinzu- 
geflossen und hat den Scheiterhaufen des 
Erhabenen zum Verlöschen gebracht, und 
auch die kusinärischen Maller haben mit 
allerhand wohlriechenden Wässern den Schei- 
terhaufen des Erhabenen zum Verlöschen ge- 
bracht. 

Dann aber haben die kusinärischen Maller 
den Überresten des Erhabenen eine Woche 
lang im Herrenhause ein Gitterwerk von 
Speeren errichtet, einen Wall von Bogen 
ringsum aufgepflanzt und mit Tanz und Ge- 
sang und Musikspiel, mit Kränzen und Weih- 


304 



rauch gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und 
Verehrung bezeugt.^^^ 

Es vernahm nun der König von Magadhs, 
Ajätasattu, der Sohn der Videherin: >Der Er- 
habene, heißt es, ist bei Kusinärä erloschen !< 
Da hat denn der König von Magadhä, Ajäta- 
sattu, der Sohn der Videherin, an die kusinäri- 
schen Maller einen Boten abgesandt: >Der 
Erhabene stammt von Kriegern ab, auch ich 
stamme von Kriegern ab : auch mir gebührt 
ein Theil der Überreste vom Erhabenen, auch 
ich werde den Überresten des Erhabenen ein 
Kuppelmal und eine Feier bereiten.< 

Es vernahmen da die Licchavier von VesäÜ: 
>Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinärä er- 
loschen !< Da haben denn die vesälischen Li- 
cchavier an die kusinärischen Maller einen 
Boten abgesandt: >Der Erhabene stammt von 
Kriegern ab, auch wir stammen von Kriegern 
ab : auch uns gebührt ein Theil der Überreste 
vom Erhabenen, auch wir werden den Über- 



resten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine 
Feier bereiten. < 

Es vernahmen da die Sakyer von Kapilava- 
tthu: >Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusi- 
närä erloschen !< Da haben denn die Sakyer 
von Kapilavatthu an die kusinärischen Maller 
einen Boten abgesandt: >Der Erhabene war der 
Höchste unserer Verwandtschaft : auch uns ge- 
bührt ein Theil der Überreste vom Erhabenen, 
auch wir werden den Überresten des Erha- 
benen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.< 

Es vernahmen da die Thulier von AUa- 
kappam : >Der Erhabene, heißt es, ist bei Ku- 
sinärä erloschen !< Da haben denn die Thülier 
von AUakappam an die kusinärischen Maller 
einen Boten abgesandt: >Der Erhabene stammt 
von Kriegern ab, auch wir stammen von Krie- 
gern ab: auch uns gebührt ein Theil der 
Überreste vom Erhabenen, auch wir werden 
den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal 
und eine Feier bereiten.< 



Es vernahmen da die Koliyer von Räma- 
gämo : >Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusi- 
närä erloschen !< Da haben denn die Koliyer 
von Rämagämo an die kusinärischen Maller 
einen Boten abgesandt: >Der Erhabene stammt 
von Kriegern ab, auch wir stammen von Krie- 
gern ab: auch uns gebührt ein Theil der 
Überreste vom Erhabenen, auch wir werden 
den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal 
und eine Feier bereiten.< 

Es vernahm da der Vethadiper Priester: 
>Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinärä er- 
loschen !< Da hat denn der Vethadiper Priester 
an die kusinärischen Maller einen Boten ab- 
gesandt: >Der Erhabene stammt von Kriegern 
ab, ich bin ein Priester: auch mir gebührt ein 
Theil der Überreste vom Erhabenen, auch 
ich werde den Überresten des Erhabenen ein 
Kuppelmal und eine Feier bereiten^ 

Es vernahmen da die Maller vonPävä: >Der 
Erhabene, heißt es, ist bei Kusinärä erloschen !< 


207 



Da haben denn die Maller von Pävä an die 
kusinärischen Maller einen Boten abgesandt: 
>Der Erhabene stammt von Kriegern ab^ auch 
wir stammen von Kriegern ab: auch uns 
gebührt ein Theil der Überreste vom Erha- 
benen, auch wir werden den Überresten des 
Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier be- 
reiten.< 

Auf diese Botschaften haben die kusinäri- 
schen Maller den versammelten Abgesandten 
dort also Bescheid gesagt: 

»Der Erhabene ist auf unserem Landgebiet 
erloschen: wir werden von den Überresten 
des Erhabenen keinen Theil hergeben.« 

Nach solchem Urtheil hat der Priester Do^o 
zu den versammelten Schaaren dort also ge- 
sprochen: 

»Erlaubt, ihr Lieben, dass ich Eines sage : 

Der unser Meister war empfahl uns Milde. 

So war’ es recht wohl nicht, dass um die Reste 

Des größten Mannes hier ein Kampf ergrimmte. 

do8 



»Wir alle können treulich uns vertragen, 
ln Güte theilen achtmal ein die Gabe : . 
Allseitig sei der Kuppelmale Vorblick, 

Um so zu küren vieles Volk dem Seher.« 

»Wohlan denn, Priester, so sollst du eben 
die Überreste des Erhabenen achtmal nach 
gleichem Maaße wohleingetheilt aiistheilen!« 

»Gut, ihr Herren, gut, ihr Herren«, sagte 
da gehorsam zu jenen versammelten Schaaren 
Dotio der Priester. Und er theilte die Über- 
reste des Erhabenen achtmal nach gleichem 
Maaße wohleingetheilt aus. Dann sprach er zu 
jenen versammelten Schaaren also : 

»Diese Urne mögen die Herren mir über- 
lassen: und ich werde der Urne ein Kuppelmal 
und eine Feier bereiten.« 

So überließen sie Do^o dem Priester die 
Urne. 

Es hörten nun die Morier von Pipphali- 
vanam reden: >Der Erhabene, heißt es, ist 


H LT 


20Q 



bei Kusinärä erloschen !< Da haben denn die 
Morier von Pipphalivanam an die kusinä- 
rischen Maller einen Boten abgesandt: >Der 
Erhabene stammt von Kriegern ab, auch wir 
stammen von Kriegern ab: auch uns ge- 
bührt ein Theil der Überreste vom Erha- 
benen, auch wir werden den Überresten des 
Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier 
bereiten.«^^ 

»Es giebt keine Überreste mehr vom Er- 
habenen, vertheilt schon sind des Erhabenen 
Überreste: aber nehmt von hier die Kohlen- 
asche mit.« 

Da haben denn diese die Kohlenasche über- 
nommen. 

Alsbald nun hat der König von Magadhä, 
Ajätasattu, der Sohn der Videherin, den Über- 
resten des Erhabenen bei Räjagaham ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet.®* 

Die Licchavier aber von Vesäli haben den 


210 



Überresten des Erhabenen bei Vesäli ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet.®^ 

Die Sakyer aber von Kapilavatthu haben 
den Überresten des Erhabenen bei Kapi- 
lavatthu ein Kuppelmal und eine Feier be- 
reitet.^^ 

Die Thulier aber von Allakappam haben den 
Überresten des Erhabenen bei Allakappam ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet. 

Die Koliyer aber von Rämagämo haben den 
Überresten des Erhabenen bei Rämagämo ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet.^^ 

Der Vethadiper Priester aber hat den Über- 
resten des Erhabenen bei Vethadipam ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet. 

Die Maller aber von Pävä haben den Über- 
resten des Erhabenen bei Pävä ein Kuppelmal 
und eine Feier bereitet. 

Die Maller aber von Kusinärä haben den 
Überresten des Erhabenen bei Kusinärä ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet. 



Do^io aber der Priester hat der Urne ein 
Kuppelmal und eine Feier bereitet.®® 

Die Morier aber von Pipphalivanam haben 
der Kohlenasche bei Pipphalivanam einKuppel- 
mal und eine Feier bereitet.®^ 

So sind es acht Kuppelmale der Überreste, 
ein neuntes Kuppelmal der Urne, ein zehntes 
Kuppelmal der Kohlenasche. 

Also ist es ehemals geschehn.®® 


ENDE DES GROSSEN VERHÖRS 
ÜBER DIE ERLÖSCHUNG 



ANMERKUNGEN 




^ Diese Art Eheschließung, der raksaso vidhih, 
war, neben mancher anderen, bei Kriegerstämmen 
gern der Brauch: vgl. Manus III 24 und 35. 

® Vergl. Mittlere Sammlung* III, S. 116; die 
Ausführung ebenda II, S. 29 — 30, auch 470. 

3 Mittlere Sammlung III, S. 190 — 194 eingehend 
ausgeführt. 

* Vergl. die Summe der Weisheit Michelangelos, 
am Ende seines Lebens und Schaffens, im Vermächt- 
niss an Vasari, Sonett 56, 2 i. f. : 

Ch’ errore e ci6 che l’uom quaggiü desia. 

5 Die Fördernisse eines Tüchtigen durch sein Ge- 
wöhnen an Tugend sind hier wie stets als die erste 
Staffel zum Aufstieg für den denkenden Menschen 
allgemein gültig aufgewiesen. Vergl. damit Bruch- 
stücke der Reden v. 898 Anm. die dort beigebrachte 
Stelle aus der Mittleren Sammlung; ferner die 
daselbst angeführte verwandte Erkenntniss Eckharts 

* 2. Auflage, München 1921 


215 



von der Tugend, die zwar im Menschen wesentlich 
geworden sein soll, jedoch so, dass der Mensch über 
ihr steht, d. h. dass sie nicht Zweck sondern Mittel 
sei. Dieser richtige Weg der praktischen Vernunft 
war, nadh Platon und zumal nach Aristoteles (cf. 
die Belege in der Längeren Sammlung 1 142 Anm. 1), 
bei Ra)rmundus Lullius der Grundlage nach gezeigt, 
in den einfachsten Grundriss gebracht; wobei zu- 
nächst ganz allgemein die spezifische Güte oder 
Eignung des Menschen, d. i. seine Tugend, eben wie 
bei uns oben der bestimmbaren Tüchtigkeit gleich 
gilt; In homine sua bonitas est ei ratio, quod agat bo- 
num specificum; homo quidemid quod agitpersuam 
speciem agit naturaliter, sive moraliter; Ars magna. 
De novem subiectis cap. XLIV. Während aber weder 
die Griechen noch die Scholastiker bei einer derar- 
tigen Untersuchung und Darlegung kaum je über 
das dürre Schema hinauskamen, war jdie gotamidische 
Begriffsfassung, knapp und modern ira besten Sinne, 
dem Leben und der Erfahrung wirklich angepasst. 

^ Vergl. die merkwürdig ähnliche Werkführung 
Fausts, V. 11 111 bis 11 126; 

Wohll ein Wunder ist’s gewesen! 

Lässt mich heut noch nicht in Ruh ; 



Denn es ging das ganze Wesen 
Nicht mit rechten Dingen zu. 


Tags u|nsonst die Knechte lärmten, 

Hark’ und Schaufel, Schlag um Schlag; 

Wo die Flämmchen nächtig schwärmten, 
Stand ein Damm den andern Tag. 

Cf. noch die von Potthapädo vorgetragene An- 
sicht über einflussreiche Geister, die da dem Men- 
schen eine Wahrnehmung auf drängen oder abdrän- 
gen; Längere Sammlung I, S. 228. 

7 Vergl, Sakkos Kampf und Burgbau zum Trutze 
gegen die Dämonen, das himmlische Siegesbanner- 
Schloss des Götterkönigs, Mittlere Sammlung I, 
S. 470: als Sage der Vorzeit oben von Gotamo 
gleichnissweise berührt. 

® Zu dem Gleichnisse von der Mutter gehören die 
schönen tiefen Ausführungen in den Bruchstücken 
der Reden v. 149 Anm. — »Was an ihnen göttlich 
war<, yä tattha devatä äsum, ist Hinweis auf 
die Wahnversiegung, cf. Bruchstücke v. 656 Anm. 
nebst den dort gegebenen Nachweisen, sowie auch 
De Lorenzo, India e Buddhismo antico, 2. Aufl. 


217 



Bari 1911, p. 224; lauter Andeutungen von leicht 
durchsichtiger symbolischer Art, die sich um den 
Kernspruch Gotamos über den Mönch, der die hei- 
ligste Stätte der Welt ist<c, diesen unübertrefflich 
scharf geprägten Stämpel gleichsam umrahmend, 
entsprechend anreihen: cf. später S. 52, Mittlere 
Sammlung I, S. 64, II, 181, III, 184, 270, Bruch- 
stücke der Reden v. 486, Lieder der Mönche v. 566. 

^akäliko, wörtlich von Asoko wiederholt, gegen 
Ende des 9. Felsenedikts, als zeitlose Lehre : ein Be- 
griff, der bei Gotamo zuerst erscheint und in Indien 
sonst nirgend vorkommt. — Dieser und der voran- 
gehende Satz unseres obigen Spiegels der Lehre ist 
in das erste der beiden goldenen Plattenbänder ein- 
graviert, die 1898 bei Maunggun in der Provinz 
Prome, Barma, bei der Grundlegung eines neuen 
Tempels ausgegraben wurden. Sie waren in einen 
Backstein eingeschlossen, der tief im Schutte der 
alten Fundamente verborgen lag. M. T. Nyein, der 
eine vorzügliche Kollotypie der beiden Goldbänder 
im V. Bande der Epigraphia Indica zu S. 101 ver- 
öffentlicht hat, giebt für das Alter der Schriftzeichen 
das 1 . Jahrhundert nach Chr. an, als das Königreich 
Prome, wie er sagt, im Zenith seiner Macht stand, 



eine Schätzung, die ich für allzu früh halte: der 
Charakter der Schrift weist etwa auf das 4. Jahr- 
hundert hin. Der Inhalt selbst ist in reinstem Pali, 
Silbe um Silbe mit unserem obigen Texte gleich- 
lautend, also mit immer gleicherprobter philo- 
logischer Genauigkeit überliefert, offenbar im Hin- 
blick darauf, dass es besonders wichtige eigene 
Aussprüche des Meisters sind. Altbsurma hat hier 
seine treue Kunde unvergänglich besiegelt. Auf der 
zweiten Goldplatte stehn jene Dinge verzeichnet, die 
GotEimo den Jüngern gegen Ende unseres dritten 
Berichtes empfohlen hat: s. S. 106. Das Plattenpaar 
wurde vom Gouverneur von Barma dem Britischen 
Museum in London überwiesen. 

Die vier Paare der Menschen, acht Arten von 
Menschen, sind vorher, S. 48 — 50, angegeben. Einem 
dieser Kreise von Jüngern oder Jüngerinen gehören 
Nachfolger, die wirklich beigetreten sind, an. Der 
unterste oder erste Stand ist die erlangte Hörerschaft, 
der zweite Stand kehrt nur einmal noch wieder, der 
dritte Stand kehrt nicht mehr zurück, der vierte und 
höchste Stand ist bei Lebzeiten erlöst. Diese je vier 
Stufen oder Stände der Jünger und Jüngerinen 
stellen natürlich keinen äußeren Kreis, sondern ein 


219 



inneres Erlebniss dar, und alle vier Stände können 
von einer Person auch in einem Leben, ja in einer 
Woche und noch kürzerer Frist durchlebt werden : 
siehe die Nachweise Lieder der Nonnen v. 41 Anm., 
und vergl. Mittlere Sammlung II, S. 471. Zum Be- 
griffe der Hörerschaft cf. ib. I Anm. 56, Lieder der 
Mönche v. 1027 Anm. Verwandte Stellen zum wei- 
teren Verständnisse noch Mittlere Sammlung II, 
S. 210 — 217, sowie Bruchstücke der Reden v.83 — 90. 
— Gotamos Ausdruck cattäri purisayugäni, 
vier Paare der Menschen, stellt, zum ersten Mal in 
Indien, Mann und Weib, auf einer höheren Stufe, 
einander gleich; nämlich im gleichen niveau an- 
gelangt, nicht mehr und nicht weniger: für jenen 
fernen Osten eine unerhörte Neuheit, und eben 
nur durch die »zeitlose Lehre<( überhaupt begreif- 
lich. In Griechenland ist diese Ansicht erst etwa 
100 Jahre später durch Antisthenes aufgekommen, 
avSpo; xai Yovatxo; "iS äutt) apsui, bei Diogenes Laert. 
VII 12. 

“ Prima ballerina am Hofe der Fürsten von Vesäli ; 
zu ganikä als etwa gleich iTocipa, courtisane, cf. 
Lieder der Nonnen v. 25 Anm. — Turnour in seiner 
ungemein sorgfältig ausgeführten, theils wörtlichen 


920 



theils paraphrasierenden Übersetzung, die für die 
damalige Zeit bewundernswürdig ist, bemerkt zur 
obigen Stelle : »a female of high rank, one of the 
accomplished courtesans ofW^sdli — a dass 
of persons of great influence at that period from 
their wealth and mental accomplishments« : Jour- 
nal of the Asiatic Society of Bengal, Calcutta 1838, 
p. 999 n. 3. Das beliebte Verschwistem mit der 
Maria von Magdala hat wenig äußere, bestenfalls 
innere Berechtigung. 

Eine Darstellung des indischen Wagens, der dem 
griechischen gleicht, auf dem prächtigen Pfeilerrelief 
zu Buddhagayä, aus dem 3. — 2. Jahrhundert v. Chr., 
wo der Sonnengott, S ü r y a s, mit vier Rossen empor- 
fährt; in Räjendralälamitras Monographie, Tafel 50, 
am besten photographiert. — Kleidung und Schmuck 
in gleichen oder doch nur abgestuften Farben, bei 
strenger Vermeidung etwa auffälliger Übergänge, 
entspricht dem vornehmen indischen Geschmack, 
der sich hierin bis auf die Gegenwart erhalten hat. 
Erst jüngsthin wurde gelegentlich der Krönung zu 
Delhi, im Dezember 1911, berichtet; »Staunenerre- 
gend und an alte Märchen erinnernd war die Pracht, 
mit der die Maharadschas und anderen indischen 





Großen sich zur Kaiserkrönung ausgerüstet hatten : 
allen voran der junge Nizam von Hyderabad, der erst 
vor kurzem die Regierung seines Landes antrat und 
der Anführer der indischen Fürsten beim Krönungs- 
fest war. Er hat nahe der Stadt für sein Gefolge ein 
ungeheueres Zeltlager mit Flaggen usw. aufschlagen 
lassen, und für sich selbst einen Palast errichten, der 
über und über mit Blumen geschmückt ist. Gelb ist 
die Farbe derer von Hyderabad. Und gelb leuchtet 
die ganze Zeltstadt. Gelb sind die Blumen, gelb sind 
die Teppiche und Flaggen, gelb sind die Automobile, 
gelb die seidenen Gewänder der Chauffeure, Diener 
usw. usw.<^ Analoges folgt dann über die Herrscher 
von Indore, Alwar, Bharatapur, Kolapur und die 
anderen, die also unseren versammelten Licchaviern 
nicht unähnlich gewesen sein mögen, 

^3 Die Szene dieser Schenkung des Mangohains 
durch Ambapäli ist auf einem Relief des kleinen 
Stupas von Sikri an der nordöstlichen Gebirgsgränze 
des Gebiets von Peschawar, dem alten Purusa- 
puram, sehr fein, mit innig ergreifendem Ausdruck, 
dargestellt worden, wie man es noch am erhaltenen 
Torso erkennen kann. Eine gute Phototypie davon 
hat Foucher veröffentlicht, Journal asiatique 1903, 





auf No. XI nach p. 530, und noch zwei ähnliche 
Darstellungen, heute im Museum zu Lahore, p. 290 
besprochen. Das daselbst mit No. 1109 bezeichnete 
Relief ist künstlerisch minderwerthig, das aus Nattu 
habe ich nicht gesehn; dagegen ist No. 191, ein 
viertes bei Grünwedel-Burgess, Buddhist Art, No. 97, 
überaus herrlich, ein Meisterwerk auch noch in 
seinen Trümmern : es stellt, meines Erachtens, die 
selbe Szene vor. — Über diese gandhärische Kunst 
im allgemeinen hat neuerdings J. H. Marshall, der- 
zeit oberster Leiter der indischen Ausgrabungen, 
einige Bemerkungen gemacht, die mir wie aus dem 
Herzen geschrieben sind. Nachdem er die noch 
immer beliebte Ansicht, jene Skulptur sei nicht viel 
mehr als ein Abklatsch griechischer Vorbilder, als 
ein gröbliches Verkennen indischer Eigenart und 
Schöpferkraft gekennzeichnet hat, zeigt er gründlich, 
wie die begabten indischen Bildner sich allerdings 
griechische Form und Technik in Baktrien ange- 
eignet hatten, also gewiss von den hellenistischen 
Lehrmeistern, die ja übrigens von alters her ihre 
Stammverwandten waren, tüchtig gelernt hatten und 
so ihr eigenes Ziel erst richtig ins Auge fassen 
konnten, um aber nunmehr ihren Weg selbständig zu 



beschreiten, mit heimischem Sinn und mit eigener 
Kraft auszugestalten : denn die Vergeistigung ihrer 
Typen ist eben das besondere Merkmal ihrer Kunst. 
Unter dem Einfluss hellenistischer Plastik haben sich 
die besten Muster buddhistischer Anschauung ent- 
wickelt, und den indischen Künstlern war es Vorbe- 
halten diese Bildwerke mit einheimischem Geist und 
Gehalt zu durchdringen. Man kann der indischen 
Kunst wahrhaftig keinen Vorwurf daraus machen, 
dass sie auf diese Weise imstainde war griechische 
Form und Bildung sich anzueignen; ganz im Gegen- 
theil war es ihr vorzügliches Verdienst, dass sie sich 
kräftig genug erwies, jene Form und Bildung derart 
vollkommen zum freien Gebrauch umzumodeln, 
ohne bei solcher Anpassung und Verquickung die 
natürliche Lebendigkeit und Eigenart zu verlieren : 
Journal of the Royal Asiatic Society 1911 S. 84s f. 
Vergl. hiermit noch die Ausführungen, die ich vor 
mehr als zehn Jahren schon gegeben habe. Mittlere 
Sammlung II Anm. 187, III Anm. 147 u. 183, die 
mit den neugewonnenen Ergebnissen vollständig 
übereinstimmen . 

upatthäkä die jeweilig Nahestehenden oder 
Aufwärter, wie etwa Änando, Nagito, Nägasamälo, 



Upaväno u. a. m.: Längere Sammlung No. 6 Anfang, 
Mittlere Sammlung No. 1 2 Ende, Längere Sammlung 
No. 29 Ende. 

Mystagogischer Hodegetik und scholastischer 
Stöchiometrie mag hier vielleicht ohne allzu große 
Kühnheit unsere zeitlos gemeinsame, oft besser erfah- 
rene Menschenkunde mit Goethe als Kommentator 
vorgezogen werden, der aus seinem eigenen Lehen 
ein Faktum erzählt: »wo ich«, sagt er zu Eckermann 
am 7. April 1829, »bloß durch einen entschiedenen 
Willen die Krankheit von mir abwehrte. Es ist un- 
glaublich, was in solchen Fällen der moralische 
Wille vermag. Er durchdringt gleichsam den Körper 
und setzt ihn in einen aktiven Zustand, der alle schäd- 
lichen Einflüsse zurückschlägt.« 

Ein vedischer Meister pflegt erst vor dem Ende 
dem Haupt jünger das Beste zu sagen. So hat es 
z. B. auch Yäjnavalkyas vor seinem Abschied 
von Maitreyi gehalten, in dem innig ergrei- 
fenden fünften Kapitel des vierten Buches der 
Brhadäranyakopani§at; eine Regel, die noch 
gegenwärtig von brähmanischen Gurus als strenges 
Geheimniss eingehalten wird: cf. Bumell, Vamsa- 
hrähmanam, Mangalore 1873, p. XIV, s. v. 


15 LT 


225 



upade^as. — Vergl. den Hinweis Lied. d. Mönche 
V. 86 : »offen in der Hand.« Auch Merswins Wort, 
Neun Felsen S. 143 : Wer Rede will haben, der gehe 
und höre offene Lehre. 

Ebenso hat achthundert Jahre später der Grün- 
der der abendländischen Asketik, der große Antonios, 
vor dem Verscheiden den Inbegriff seiner Lehre 
den Jüngern als Vermächtniss hinterlassen, mit den 
Worten : ?vi<TaT£ Trpoö-sj^ovTS^ eauTOtc, Jtat p.V7)t;.ovsuovTe; 
ü)v 7 ix.ou(TaTe :cap ep.ou TCapatveostov: »Suchen sollt ihr 
Zuflucht in euch selbst, und eingedenk bleiben der 
Rathschläge, die ihr von mir gehört habt«, vom 
Augen- und Ohrenzeugen Athanasios überliefert; 
cf. den Nachweis in der Mittleren Sammlung III 
Anm. 27, wo noch der letzte Gruß des Heiligen als 
mit dem letzten Ausspruche Gotamos gleichlautend 
bezeugt ist. 

Zum bösen Geiste, personifiziert als Maro, der 
Tod an sich, cf. Bruchstücke der Reden v. 449 Anm., 
wo er als von Gotamo selbst aus der Brhadära- 
nyakopanijatin allegorischer Darstellung über- 
nommen nachgewiesen ist. Die Anschauung ist in 
das Brhadäranyakam aus der ältesten vedischen 
Vergangenheit herab gedrungen, wie dies Oldenberg 


226 



in seinem »Buddha« vortrefflich geschildert und 
Windisch in seiner Studie »Mära und Buddha« 
an der Hand weiterer zahlreicher Belegstellen, 
S. 177 — 205, verständnissvoll dargethan hat. Bei 
uns hat ihr San Francesco eine sehr ähnliche Gestalt 
verliehen, mit dem Worte; Mors intrat ad animam. 
Vergl. Mittlere Sammlung III Anm. 91. Märo der 
*Tod wird sonst noch, an ein paeir Stellen, Namuci 
genannt, der Nichtlöser, s. v. a. der Zwingherr, so 
Bruchstücke der Reden v. 426, Lieder der Mönche 
V. 536, auf welche Bezeichnung, entsprechend dem 
Bilde von der Umgarnung wie oben und sonst 
vielfach, denn wirklich die Strophe 440 der Bruch- 
stücke mit m u n c a m deutlich genug anspielt : wo 
also, wenn nicht mit Namuci, der vedische Gürtel 
einmal nicht passt, den man auch hier, allzu ver- 
trauensvoll, als freilich auf den ersten Blick sehr 
verlockende muhjamekhalä dem Bösen zulegen 
und anlegen wollte. — Märo, als junger blühender 
Gott, im Gespräche mit Gotamo auf einem Relief 
des Tempels von Boro-Budur, bei Pleyte Fig. 80. 
Märo und Kämo, wie er sonst noch heißt, ist ja 
in der That die eine und selbe Person, Mors et 
Amor. Darum beginnt eben, lange vor unserem 

15 * 227 



Isoldentristan, die Liebeshymne des Dichters in MdI ; 

Fratelli, a un tempo stesso, Amore e Morte 

Ingenerö la sorte. 

Cose quaggiü si belle 

Altre il mondo non ha, non han le stelle. — 

Änandos Versaumniss der Bitte lehrt uns Parzivdls 
Unterlassung der Frage als verwandten Herzenszug, 
aus der fernen Vorzeit ererbt, in gleicher Art und 
Weise verstehn. Dies hat Roman Woerner im »Tag« 
bemerkt, Berlin 5. März 1912, Beilage. Mit herein 
blickt die Sphinx. 

bahu] ahnam mit S* zu lesen; von Asoko als 
bahune janasi bestätigt, auf dem 7. Säulen- 
edikt 2 1, wo unserem bahuj ahnam puthubhü- 
tam ein bahune janasi äyatä genau nach- 
kommt »unter vielem Volke eingesetzt«, wie Asoko 
seine Leute nennt, die er überallhin aussendet, auf 
dass auch sie die Lehre und ihr Gebot verkünden 
und verbreiten sollen, unter vielen hunderttausend 
Wesen. Denn was oben bei uns über die Verbreitung 
gesagt ist, über das mächtige Aufgedeihen, nach 
allen Seiten hin, unter vielem Volke, jedem zu- 

* S = Ausgabe des Königs von Siam, Bangkok 1894 


0.28 



gänglich, gerade das hat Asoko im Sinne gehabt und 
sich zum Ziele gesetzt: und erst er, mit seiner 
imperatorischen Macht, hat durch seine Edikte eine 
offiziell allgemeine Kenntniss der Lehre über ganz 
Indien verwirklichen können, von Peschawar bis 
Maisür und von Girnär bis Dhauli, hat also der vor 
ihm auf das Gebiet zwischen Vindhyer-Bergen und 
Ganges-Ebene beschränkten Lehre einen etwa fünf- 
fach weiteren Umkreis geschaffen. 

^ Die Maschen des Panzerhemdes entsprechen 
den ähnlich vielfach zusammengesetzten Theilchen 
des Leibes, woraus sich eben erst der Selbstbestand 
ergiebt. Das Gleichniss ist jenem berühmten anderen 
verwandt, wo das aus Ziegeln, Balken usw. erbaute 
Haus die Persönlichkeit darstellt, die der Mönch zer- 
reißt, »mit Pfahl und Pfosten umstürzt«, Lieder der 
Mönche v. 184, cf. auch v. 57 nebst Anm. : einzeln 
genau ausgeführt in der Mittleren Sammlung I S. 555 
und hier mit der feinen erkenntnisstheoretischen 
Untersuchung wunderbar an das selbe Gleichniss bei 
Kant erinnernd, wo er sagt: »Nun ist aber . . . das 
Haus gar kein Ding an sich selbst, sondern nur eine 
Erscheinung, d. i. Vorstellung, deren transscenden- 
taler Gegenstand unbekannt ist«, K. R. V.' 190 f. 


229 



Beide Gleichnisse, das vom Hause sowie das vom 
Panzerhemd, veranschaulichen sehr gut den nur 
bedingten Selbstbestand, oder wie es bei Goethe 
heißt: »Kein Lebendiges ist ein Eins, Immer ist’s 
ein Vieles«, während hinsichtlich der Persönlich- 
keit beim Selbstbestande Pascal trefflich erklärt: 
»c’est Tassemblage des qualites qui fait la personne«, 
Pensöes I 8 i8 i. f. In der nördlichen Überlieferung, 
z. B. in Nepal, war ein Verständniss für solche 
Gleichnisse natürlich längst geschwunden, für so 
zarte Dinge war dort kein günstiger Boden : daher 
sehn wir, an Überraschungen gewohnt, im D i v y ä- 
vadänam aus dem Panzerhemd eine — Eischaale 
werden, p. 203: weil man nämlich mit dem 
Maschennetz nichts anzufangen wusste, griff man 
dafür einfach ergänzend nach dem Gleichniss in der 
53. Rede der Mittleren Sammlung (II S. 31), das 
nun freilich in einem recht anderen Zusammen- 
hänge steht. 

Vergl. die Angaben über ähnliche Wirkungen 
Mittlere Sammlung II S. 65. — Die folgenden 
sechs Anlässe zu einem Erschauern der Erde stehn 
zu den ersten beiden Erschütterungen, nach indi- 
scher Erdbebenkunde, in verkehrter Proportion 


230 



mitinkommensurablen Werthen, Gedanke: That — 
= Mechanik : Dynamik; vgl. später Anm. 45. 

nibbänam steht hier natürlich ohne die Prä- 
position pari: wobei sich also zeigt, dass diese, 
wie eben stets in dergleichen Verbindung, nur syntak- 
tisch als »zu, bis, um« gebraucht werden konnte, 
nämlich auch in der Wendung parinibbänam 
»zur Erlöschung« ; ein Ausdruck, der bald genug 
von den Hierophanten und Scholastikern dahin miss- 
begriffen wurde, dass sie aus ihrem eigenen derben 
Verstandesschnitzer feine systematische Schnörkel 
herausdrechseln zu müssen glaubten. — Des Voll- 
endeten Erlöschung, nibbänam, war schon bei 
Lebzeiten ditthe’va dhamme, und zwar nach 
der Erwachung, sambodhi, ohne Hangen ver- 
blieben, anupädisesam: der Tod ändert daran 
nichts mehr, löst nur den Leib auf. Vergl. hiermit 
Längere Sammlung I 62. Aber die Erde erbebt noch 
einmal, bei dem letzten sichtbaren Ereigniss, in 
einem geistigen Schauer. Die nun erst gänzlich genau 
übereinstimmende Fassung dieser wichtigen Stelle 
verdanke ich einer Anregung meines lieben Freundes 
Roman Woerner. 

Die Siebenblätterlaub grotte, Sattapanna- 


2^1 



g u h a, ist kürzlich im Gebirge bei Räj agaham wieder- 
aufgefunden worden: cf. Archaeological Survey of 
India, Report for 1905 — 1906, Calcutta i909,p. loo. 

^ Vergl. Mittlere Sammlung No. 55. — Die Ge- 
häge, Haine und Gärten, die hier reichlich erwähnt 
werden, haben wohl nicht viel anders ausgesehn, 
als wie man sie noch heute auf dem indischen Flach- 
undHügellande allenthalben aufsuchen kann : es sind 
meist uralte Mangohaine, mit Steinaltaren, moosbe- 
wachsen, oft auch von hohen Akazien umstanden, 
mit dem Ausblick in die weite, stille, fruchtbare 
Ebene, wie etwa bei Särnäth, Benares ; auch wieder 
ein dichter Park mit hundertjährigen mächtigen 
Bäumen, im tiefen Schatten der Pappelfeigen, mit 
irgend einem längst vergessenen Steinkegel im 
Grunde, so zumal in der Umgebung von Faizabad, 
einst Ayodhyä, noch immer der »Bunten Kuh« im 
Kreise der Städte ; oder auch bewaldete Felsenhügel 
mit Terrassen und Stufen empor zu einem kleinen 
Säulengang und Tempel, der den Gipfel krönt, er- 
heiternde Aussicht rings umher auf die Wiesen und 
Felder gewährt, wie z. B. bei Gayä vom Rämaselam 
aus, fern unten der glitzernde Fluss in der Thalmulde, 
der die Landschaft belebt. Das alles gehört mit zum 


052 



Begriffe caityam, cetiyam, Hain, Park, Altar, 
Hügel. Gotamo war so ein halbes Jahrhundert lang 
über ganz Mittelindien und weiter nach Norden 
immer von Ort zu Ort gewandert, nur während der 
drei bis vier Monate der Regenzeit an einem Platze 
vei flireilend. Zur sehr beträchtlichen Ausdehnung 
(dieser Wanderungen, die ein Gebiet doppelt größer 
als Deutschland umfassten, cf. Bruchstücke der Reden 
v. 1015 Anm. Auf Gotamo passte der Titel, den er 
selbst geprägt hat, und der dann jedem seiner Jünger 
zukam: cätuddiso naro, Bürger der vier Welt- 
gegenden ; vergl. Längere Sammlung I S. 179 Anm. 
— Das Vielblätterlaub istbahuputtä, das Sieben- 
blätterlaub sattapannä(so S): beides schlanke 
dichtbelaubte Mimosenbäume. 

^ Der oben wiederholt vorgetragene mythische 
Gedanke, dass nämlich magischer Macht des Willens 
in der Natur unermessliche Wirkung zukomme, ist 
altes vedisches Erbe aus dem 5 ^k : vergl. Mittlere 
Sammlung II Anm. 183, auch noch Kau§ita- 
kyupanisatl2, Chändogyopanisatlll 11 2 
tena satyenädi. Von Gotamo selbst ist er immer 
nur mittelbar, zum hohen asketischen Ziele hin- 
leitend, angewandt worden ; die Entwicklung magi- 


^^55 



scher Kräfte soll da stets nur als fördernde Vorschule 
des Willens dienen, um diesen zu kräftigen, auszu- 
bilden, zu stählen und auch auf solche Art dahin zu 
bringen, die letzte Selbstvollendung und -Aufhebung 
zu erreichen: sehr klar dargelegt z. B. in der 77. Rede 
der Mittleren Sammlung, zu welcher die Ausführun- 
gen der 11g. Rede den weiteren Aufschluss geben. 
Gotamo hatte als Meister die Gewissheit erfahren, 
dass der Wille, im Herzen wurzelnd, jeden Augen- 
blick sich finden und fassen und, noch zwischen gut 
und böse unterscheidend, Schritt um Schritt allmälig 
zu einem anderen Pfade erziehen sich kann, ent- 
gegen einem gosälisch und auch neronisch freilich 
gültigen, allzumenschlichen veile non discitur. Diese 
veränderte Richtung, lehrt Gotamo, kann nun unver- 
gleichlich besser in diesem Leben als durch lange Irr- 
imd Umwege nach dem Tode erreicht werden, und 
die Erweckung der schlummernden Wunderkräfte, 
die Entwicklung der latenten gewaltigen Energien, 
von den unteren Graden der Athemübungen an 
immer höher je nach der Wirkensart, führt zu den 
tauglichen Stufen empor, wo man alsbald alle Fesseln 
und Schlacken persönlicher Beschränkung verlieren 
lernt, sodass der Mensch — natürlich nur der rüstige 


254 



Kämpfer — noch hier und heute im hinfälligen 
Leben, mit diesem Körper da, der acht Spannen hoch 
ist, zur Freiheit, zur ethischen Allmacht gelangt. So 
ist denn Gotamo allerdings nicht an dem ja richtigen, 
nur zu komisch bequemen Sumpf ergebniss »operari 
sequitur esse« schon stehn geblieben, hat vielmehr 
den Satz auf seiner hohen Warte umgekehrt betrach- 
ten und als wahr erweisen können, hat gezeigt, dass 
esse sequitur operari : was der Mensch betreibt, das 
wird er ; der Schauplatz des Handelns und Werdens 
ist in diesem Leben gelegen und nicht jenseit. Darum 
spricht er oft wie Mittlere Sammlung I S.232 : Was 
da ein Mönch lange erwägt und überlegt, dahin neigt 
sich der Sinn. — Jener nachwirkende vedische Ge- 
danke hat die ursprüngliche Willenskraft auf das be- 
gränzte Dasein mit anwenden wollen und darum dem 
Gespräch des Meisters mit seinem Jünger die obige, 
ohne Zweifel postume Wendung gegeben. Aber Go- 
tamos Willenslehre war nie nach außen gekehrt, 
zur Anweisung wie etwa Mirakel, Warzen-, Lahmen- 
oder Blindenheilungen imd dergl. mehr, gelingen 
könnten, mochten die auch noch so gewiss sein : der 
Wille, fern von jedem Wunsche in eine immer ver- 
gängliche, lächerlich unzulängliche, so durchaus 


^55 



trügerische und sieche Natur und Mortur zaubernd 
einzupfuschen, sollte vielmehr einzig die Entäuße- 
rung von seiner eigenthümlichen Beschränkung und 
die Auflösung der Persönlichkeit auf dem höchsten 
Geistesgipfel erschauen und verwirklichen lernen, 
wie dies Längere Sammlung I S. 248 ausgeführt ist. 
Gotamo hatte so, praktisch geschult, den Willen gar 
wohl ergründet, ungleich tiefer und umfassender als 
der hier noch scholastische und auch bloß alltäglich 
prüfende Schopenhauer, und erst bei ihm ist das voll- 
kommen gelungene Verständniss zu Jakob Böhmes 
Wort zu finden: Wille ist der Vater alles Wesens, 
ed. 1846, Bd. 6 S. 691, oder zu Jean Pauls Seher- 
ausspruch, in dessen Muthmaaßungen über einige 
Wunder des organischen Magnetismus § 8 : »Der 
Wille ist die dunkelste, einfachste, zeitloseste Urkraft 
der Seele, der geistige Abgrund der Natur ; — Der 
Wille bedarf, um sich zu steigern, nichts Äußeres, 
sondern nur sich, eine wahre Schöpferthat.« Die 
Schöpferthat, ein Weltalter durchzubestehn, hatzwar 
Gotamo, der vedischen samayakriyä nicht ent- 
sprechend, abgelehnt, und wohl schon darum, weil 
eben seine Macht nicht imstande gewesen wäre, die 
zeitlose Lehre nicht bis zu Ende des Weltalters in 


356 



dauernden Gedanken bestehn zu lassen ; doch konnte 
er den saligen Scheidegruß San Francescos »Ego quod 
meum est feci« schon siebzehn Jahrhunderte vorher 
vollendet bei sich anwenden : katamkaraniyam, 
gewirkt ist das Werk. Es bedurfte daher keiner per- 
sönlichen Zauberkraft und -Bethätigung. 

Das Wort vom »lange bestehn« hat Asoko am 
Schlüsse des 5. und 6. Felsen-, des- 2. sowie des 
7. Säulenedikts getreu angewandt, auch sonst noch 
zehnmal; und desgl, den Ausdruck »der Welt zum 
Wohle,' zum Heile«, so zu Anfang der 6. Stelitie, 
z. B. Radhia 14 f., in dieser kürzeren Fassung. 

*7 Vergl. die ähnlichen Strophen in den Bruch- 
stücken der Reden, v. 577 — 578. 

Ein Elephantenblick ist ein voller Blick, im 
Gegensatz zu einem nur seitlichen Hinblicken. — 
Vergl. Mittlere Sammlung I S. 61a. 

Weitaus das schönste uns erhaltene Bildniss 
eines lehrenden Meisters, im strengen reinen alt- 
indischen Stil des Siegers, jino, dargestellt, wie er 
heiter erhaben dasitzt, mit verschränkten Beinen, 
wie von einem Throne herabblickend, ist der etwa 
12 m hohe aus dem Felsen gemeißelte Buddho 
bei Ta-t’ong-fu in der Provinz Schan-si, aus dem 


^37 



5* Jahrh. v. Chr. : eine Gestalt, die an ursprüng- 
licher Herrlichkeit die an sich so bedeutenden kolos- 
salen Dai-Butsu in Japan um soviel überstrahlt als 
sie älter und besser überliefert ist. Eine Wiedergabe 
bei Foucher, Journal asiatique 1909 zu p. 54. In 
Indien selbst waren alle solchen Denkmale durch 
die muhammedanische Invasion längst in Trümmer 
gegangen. 

3 ® Aus der Darstellung dieser vier Bezeugnisse 
geht hervor wie trefflich es eingerichtet wurde, das 
Meisterwort rein zu überliefern, in tief bedachter 
Vorsorge, dass jedem einzelnen Jünger die Freiheit 
zustehn könne und solle zu prüfen und nach er- 
folgter und bestandener Prüfung als ächt überliefert 
weiterzugeben was eben gerade er selbst auf seiner 
mehr oder minder längeren Wanderschaft mit dem 
Meister oder mit wohl vertrauten Nachfolgern von 
Angesicht vernommen hatte. Nur auf solcher weit- 
herzig dargebotenen Grundlage konnte jene sichere 
Übereinstimmung erreicht werden, die uns über die 
Jahrtausende hin noch heute als Kennzeichen der 
alten Texte gelten darf. Daher hat denn jeder Jünger 
seinen Bericht mit dem von ihm persönlich ver- 
bürgten Worte eröffnet: )>Das hab’ ich gehört.« Den 

338 



vielen und mancherlei Jüngern war vieles und 
mancherlei gesagt worden, mitgetheilt worden, zu 
Ohren gekommen : die einen hatten Das gehört, die 
anderen Das. Jeder sagt nun was er selbst erfahren 
hat. Und die stets untersuchte Übereinstimmung 
aller mit allen, bei den einzelnen je nach Art und 
A^nlass unterschieden, doch im allgemeinen die eine 
und selbe : das ist die umfassende Lehre, die reiche 
gotamidische Satzung. Vergl. noch die Anmerkung 
S. 28 der Bruchstücke der Reden. Eine entsprechende 
Stelle hat Oldenberg, Buddha 5. Aufl. S. 401, sogar 
aus dem Vinayapitakam, dieser dürren späten 
Kasuistik, herangezogen, wenn auch recht unglück- 
lich übersetzt; wo nach CullavaggoXI 1 n der 
Jünger Puräno die Berichte der anderen Ordens- 
brüder zwar billigt, dabei aber erklärt, dass ihm auch 
was er eben selbst vom Meister gehört, von Ange- 
sicht vernommen, als gleichwichtig zu gelten habe, 
tatheväham dhäressämi. Kurz, wie schon ge- 
zeigt : andere haben das gehört, ich habe das gehört ; 
stimmt es überein, ist beides ächt. 

3 ^ Zu kammäraputto = Goldschmidt cf. Sut- 
tanipäto v. 48 suvannassa pabhassaräni 
kammäraputtena sunitthitäni; wozu der 


359 



Cülaniddeso, ed. Siam. p. 268, bemerkt: kam- 
märaputto vuccati suvannakaro. Vergl. 
auch die vielgepriesene Subhä, des Goldschmidts 
Töchterlein, kammäradhitaram, Lieder der 
Nonnen v. 338 — 365. Cundo der Goldschmidt ist 
ein wohlhabender, wenn nicht reicher, Bürger ge- 
wesen. So kommt unter den Stiftern der alten Felsen- 
tempel im Maharä§tram nebst Fürsten, Kaufherren, 
Werkmeistern eben auch ein solcher suvannakaro 
mit einer Spende vor, desgl. in den buddhistischen 
Felsengrotten von Kanheri, sowie in Junnar, Ar- 
chaeolog. Survey of Western India IV p. 94 Nr. 15 
T. XI, IX. Schon Turnour hatte übrigens den »gold- 
smith« richtig erkannt, was aber ganz unbeachtet 
blieb; Journal Asiatic Society Bengal 1838 p. 1003. 
Turnour ist auch, nebenbei gesagt, der Erste gewesen, 
der die korrekte Form Gotamo Buddho übernommen 
und konsequent beibehalten hat. Das ist aber längst 
vergessen, und überall spricht und schreibt einer dem 
anderen den ungehörigen Vokativ auf -a nach, auch 
wenn er es wohl besser weiß. Hatte doch vor nun bald 
hundert Jahren A. W. v. Schlegel die Wiedergabe der 
Eigennamen durch den Nominativ wissenschaft- 
lich begründet und, wie er sagt, abweichend von der 


240 



gewöhnlichen (d. i. falschen) Schreibung »geflissent- 
lich durchgeführt« : s. die ausgezeichnete kurze Dar- 
legung dieser nicht ganz unwichtigen Frage in seiner 
Indischen Bibliothek, i.Bd. Bonn, 1820 S. 46 — 48. 
Während also vor dem großen Bahnbrecher auch auf 
unserem Gebiete ganz allgemein — und längst in 
beliebter Barbarei wieder überall — durch rein 
mechanischen Ersatz der bloßen Stammform anstelle 
des wirklichen Nominativs bei den insgemein auf 
Vokale auslautenden Namen die männlichen nicht 
von den weiblichen und beide nicht von den säch- 
lichen zu unterscheiden sind, hat Schlegel dem 
Zeichen des Nominativs im Samskrt, das meistens 
ein s ist, zu seinem Rechte verhelfen und sagt daher 
stets: Rämas, Vischnus usw. Wenn sich nun freilich 
bei den äußerst vielseitigen und feinen Wohllaut- 
gesetzen des Samskrt eine gewisse Schwerfälligkeit 
hierbei nicht vermeiden lässt, ist hingegen im Päli 
die strenge Durchführung dieser Regel die einzig 
natürliche und angemessene, weil man nach dem 
Schema -o als nom. masc., -ä als nom. fern, und -am 
als nom. neutr. den ursprünglichen Textlaut und 
seine Form völlig unverkümmert wiedergeben kann 
und soll. 


i6 LT 


241 



3 * Die Ebermorchel, sükaramaddavam, ist 
ein wohlschmeckender Pilz, der an den Vorbergen 
des Himälayo, wo Päva gelegen war (wohl zu unter- 
scheiden von der gleichnamigen Stadt in Bihär, oben 
S. 24), auch heute noch, zusammen mit schwer 
unterscheidbaren giftigen Abarten, üppig gedeiht 
und von Keiler und Sau mit Vorliebe aufgesucht 
und vorzüglich ausgespürt wird, gleichwie auch die 
Keilertrüffel, varähakandas, und dergleichen 
Erdfrüchte mehr, eben den Wildschweinen die Be- 
nennung verdanken; vergl. Mittlere Sammlung I 
S. XXIX der Vorrede. Maddavamist also Morchel 
oder Maurache und keineswegs Sülze oder Pastete, da 
wir für letzteres Gericht die an sich recht genaue Be- 
zeichnung sükaramamsam haben, Eberfleisch, 
in der Angabe sampannakolakam sukara- 
m ams am, in Pfeffer eingemachtes Eberfleisch, das 
bei anderer Gelegenheit, von anderer Seite darge- 
reicht, gleichfalls unbesehn als Almosen angenom- 
men wurde: An guttaranikäyo, Pancakani- 
p ä t o No. 44. Der Meister und die Jünger bestimmen 
ja selbstverständlich nicht das mindeste über die 
Art der dargereichten Nahrung: Mittlere Sammlung 
55. Rede. — Jenes »Eberfleisch« nun könnte aller- 



dings, ganz wie unsere »Bärentatze«, zugleich auch 
wieder als Pilz und zwar geradezu als »Pfifferling« 
gelten, was umso wahrscheinlicher wird, als es dort 
in der Reihe der drei besten Gemüse namhaft gemacht 
ist; sukaramaddavam dagegen bedarf keiner 
solchen inneren Auslegung, weil es nur eindeutig 
von mrl gaudere, y as sa ta d, d. i. des Ebers, nicht 
vom Eber, als tatpurusam bestehn kann. Oben, 
in unserem Falle, gehört nun noch überdies Cundo, 
als Juwelier und Besitzer eines Landguts, dem reichen 
Handwerkerstande an : Wildbret, zumeist nur Speise 
der verachteten Jägerkaste, aufzutischen wäre ihm, 
dem vornehmen Bürger, wohl im Traume nicht ein- 
gefallen. In das reichliche Morchelgericht, das er als 
besonders erlesen noch hinzugethan hatte, waren 
eben nur leider schwer kennbare giftige Maurachen 
mithineingerathen. Gotamo hat die Gefährlichkeit 
der dargebotenen Schüssel, vielleicht durch feinen 
Geruch, sogleich gemerkt, die Gabe als solche aber 
nicht zurückgewiesen, nur entsprechende Anordnung 
getroffen. Er war übrigens lange schon vor dieser 
Mahlzeit sterbenskrank gewesen, wie es gegen Ende 
des zweiten Berichtes heißt, sodass die neuerliche 
Erkrankung überhaupt in keinem ursächlichen Zu- 



sammenhang mit der letzten Almosenspeise zu stehn 
braucht: wie dies ja auch die eigenen Äußerungen 
des Meisters klar anzeigen. — Die Entgegennahme 
der Speise war im Relief dargestellt worden, als 
sükaramaddavagahanam, nach Mahävamso 
50 V. 85 nebst all den anderen Szenen der letzten Tage 
auf dem Großen Kuppelmal zu Anurädhapuram 
prächtig ausgeführt, im 2. Jahrh. vor Chr., auf Befehl 
des mächtigsten Imperators der Insel, des Königs 
Dutthagämini, der heute noch in der Erinnerung 
des Volkes unvergessen weiterlebt. 

35 Vor Mondesschimmer verblasst Goldesglanz. — 
Die Szene wurde, nach Mahävamso 30 v. 85, von 
der bildenden Kunst überliefert. 

34 ' Der Kronbaum ist Vatica robusta, sälo, dem 
Wüchse nach einer Pinie ähnlich, aber zur Klasse 
der Dipterokarpazeen gehörig. Es ist ein vierzig bis 
fünfzig Meter hoher Baum, gerade, stark, majestätisch 
emporgewachsen, mit zahllosen, etwa primelgroßen 
hellgelben Blüthen. — Die zwei Kronbäume, mit 
der Bahre in der Mitte, sind auf einem Siegelabdruck 
aus der Zeit um 400 n. Chr. dargestellt, vor einigen 
Jahren bei Kasiä auf gefunden : vergl. später in der 
47. Anmerk, den Nachweis. 



^ Die vier Arten von Jüngern oder Versamm- 
lungen, i) Mönche, 2) Nonnen, 3) Anhänger, 4) An- 
hängerinen, sind desgleichen auf der ältesten bisher 
bekannten kubanischen Inschrift, aus dem 3. Jahre 
Kaniskas, d. i. nach Fleet etwa 55 vor Chr., an- 
gegeben : Epigraphia Indica VIII zu p. 176; wo sich 
aber diese vierfache Gemeinde als Stifterin eines 
Standbildes in Benares bekennt, die Hauptspender 
mit Namen anführt und, meines Wissens zum ersten 
Mal, den Titel trepitako, Kenner des Dreikorbs, 
und trepitakä. Kennerin des Dreikorbs, für den 
Mönch Balo und die Nonne Buddhamiträ gebraucht, 
eine Bezeichnung, die also erst um diese Zeit, etwa 
200 Jahre nach Asoko, aufgekommen ist, als die 
Kenntniss der Meisterworte in dem Grade abgenom- 
men hatte, dass man als Ersatz dafür einen dritten 
scholastischen Korb aufstellen mochte. Der einstige 
Ehrentitel pancanekäyiko, Kenner der fünf 
Sammlungen (des einen ächten Korbes) war nun 
vergessen, und auch Nonnen konnten als Trägerinen 
der hybriden drei Körbe gelten : sie, denen man in 
der klassischen Zeit kaum das Behalten einer ein- 
zigen Meisterrede zutraute, wie das die Mittlere 
Sammlung III S. 478 schön bezeugt. Man kann ge- 


245 



trost sagen: der Verfall des Ordens beginnt um die 
Zeit, wo der Titel tripitakam auftaucht: der aber 
ist vor Kaniskas epigraphisch unbekannt. Dagegen 
entspricht unserem obigen Texte ganz vortrefQich 
ein Titel, der sich auf einer bedeutend späteren In- 
schrift noch erhalten hat, aus der Zeit Bhavadevas 
von Ratnapuram, 8.Jahrh. n. Chr., weit unten in 
Mittelindien, Östlich von Nägpur : der liksäpadi, 
der der Regel Schritt um Schritt nachfolgt, 5 an t ah, 
sakalaj anahitäbhyudy atah, von Kielhom 
nachgewiesen Journal Royal Asiatic Society 1905 
p.628 1.54. Auch hieran zeigt sich, dass der Verfall 
im Norden ungleich rascher gewesen sein muss, 
während der Süden die alte Überlieferung viel reiner 
bewahrt hat. 

3 ^ Die vier Stätten sind von der buddhistischen 
Skulptur gern dargestellt worden, in der Gandhärer 
Kunst sowie in Amarävati, ebenso auf einer neuer- 
lich ausgegrabenen Steinplatte im Hochrelief, die 
Marshall im Frühjahr 1907 in Sämäth gefunden 
hat, wo zugleich noch vier weitere bedeutende Orte 
zu sehn sind: cf. die Tafel zu p. 1000 Royal Asiatic 
Society 1907; größer und deutlicher im Journal 
asiatique 1909 zu p. 44, mit den ausführlichen Er- 

246 



Klärungen Fouchers, der auch auf eine wörtliche 
Parallele zu unserem Text im Divyävadänam 
p. 244 — jätir abhisambodhir dharmaca- 
krapravartanamparinirvänam — hinweist. 

37 Kaiserkönig, cakkavatti, s. v. a. Imperator, 
König Erderoberer; näher zu vergl. Bruchstücke 
der Reden v. 1002 Anm., wo dieser durchaus volks- 
und landesthümliche Begriff bis hoch in die alt* 
vedische Kultur nachgewiesen ist. In späteren Zeiten 
war dann die Vorstellung eines solchen Gipfels 
höchster Machtfülle derart beliebt geworden, dass 
Kälidäsas, um 390 nach Chr., das kühne Bild 
giricakravarti an wenden konnte, der Kaiserkönig 
der Berge, für den Himälayo. 

3 ® Fleet, der im Journal of the Royal Asiatic 
Society 1906 den obigen Text wiederholt ausführlich 
besprochen und übersetzt hat, glaubt, p. 66if., es 
sei an keine eherne oder eiserne Truhe zu denken, 
vielmehr an eine eisenfcirbig gestrichene Holztruhe, 
weil nur letztere brennen könne. Man darf aber den 
Text nicht willkürlich ändern oder deuten, sondern 
muss ehern lassen was ehern angegeben ist. Wie die 
Technik bei der Verbrennung gewesen, wissen wir 
freilich nicht; es ist jedoch wohl anzunehmen, dass 


247 



dieser metallene Sarkophag eben eigens zu dem Zweck 
eingerichtet war, etwa oben mit einem durchbro- 
chenen Roste versehn. Ebenso wenig wissen wir, wie 
die Einbalsamierung während der sieben Tage vor 
der Verbrennung des Leichnams durchgeführt wurde. 
Der Text spricht auch dort nur von Räucherwerk, 
Weihrauch. Das muss uns genügen. Der Scheiter- 
haufen selbst soll zumeist aus Sandelholz gewesen 
sein, sagt der Kommentar. Dieser Brauch gilt noch 
heute bis nach China und weiter, bei der Verbren- 
nung besonders ausgezeichneter Mönche : Sandelholz 
ist -der ideale Brennstoff, aber aus Sparsamkeit pflegt 
man in der Regel gewöhnliche Scheite zu ver- 
wenden, und Späne der kostbareren und würzigen 
Hölzer werden von Zeit zu Zeit in die Flammen 
geworfen ; die vollständige Einäscherung ist binnen 
6 — 12 Stunden beendet: nach Perceval Yetts’ Notes 
on the Disposal of Buddhist Dead in China, Journal 
Roy. Asiatic Soc. 1911 p. 705/6. 

39 V i h ä r o hier ein kleines Schutzhaus oder 
Obdach im Walde, wie dergleichen später auch Asoko 
entsprechend errichten ließ, Inschrift von Paderia 
Zeile 3; cf. Längere Sammlung I S. 179 Anm. 
und oben S. 47. — Der Thürkopf, kapisiso, 

248 



wörtlich Affenkopf, ist das Karnies, in das der Thür- 
pfosten endigt. Solche Rinnleisten haben, roh aus- 
gedrechselt, Ähnlichkeit mit Affenköpfen, werden 
auch als Löwenköpfe profiliert: die letzteren hat 
Asoko für seine Säulen, Thore u. s. w. gewählt. — 
Kapisisako, zum Thürkopf gehörig, daran be- 
findlich, terminus technicus der altindischen Bau- 
leute. 

^ mit S Älakamandä. — Ganz ähnlich 
sagt noch Kälidäsas: vasatir Alakä näma 
y ak§es varän äm, Meghadütam 7, der Smrti 
entsprechend wie oben. Es ist die himmlische Stadt 
des Überflusses für Geister vom Range des Wolken- 
boten gewesen : denn S giebt a h o s i an, nicht h o t i, 
als göttliche Vergangenheit, Sage der Vorzeit ; vergl. 
das ebenso bewandte Verhältniss oben S. 58 u. 
Anm. 7. Derselbe Götterkreis um Vessavano den 
Großen Herrscher ist, ächt indisch weitherzig, ander- 
seits auch als Gegenwart dargestellt, so in der 1 8. Rede 
der Längeren Sammlung, in der 37. der Mittleren 
Sammlung. Eine von den zahlreichen Felsengrotten 
am Berge des Aufgangs oder Lichtenstein, Udayagiri, 
in Orissa, die König Khäravelo im 2. Jahrhundert 
vor Chr. den Einsiedlern und Jüngern aus den vier 


2^49 



Weltgegenden gewidmet hat, in entzückender Lage 
an den dichtbewaldeten Schluchten und Abhängen 
der Khandagiri-Kämme, hat noch immer ihren alten 
Namen Alakäpuram bewahrt, der hier so viel als 
Sanssouci bedeutet. 

Die selbe bündige Zusammenfassung zeigt die 
Inschrift der Urne, in der, zugleich in krystallener 
Phiole verwahrt, ein Theil der Aschenreste Gotamos 
von den nächsten Stammverwandten, den Sakyern 
von Kapilavatthu, tief am Grunde eines Kuppelmals 
beigesetzt wurde ; eine Inschrift, deren Graphik und 
Sprachausdruck ebenso nüchtern als vollkommen mit 
der Zeit und Sitte des obigen Berichts übereinstimmt, 
entdeckt in dem nach 2400 Jahren ausgegrabenen 
Kuppelmal oder Thüpo bei Piprävä, an der Gränze 
von Nepal, im Januar 1898; vergl. die Nachweise 
Mittl. Sammlung III Anm. 1, 1 og. Die kusinärischen 
Maller waren die Reichsnachbarn der Sakyer von 
Kapilavatthu; daher auch ihre besondere Antheil- 
nähme. Der sakkische Herrensitz, Burg Kapilavatthu, 
lag noch etwa ein bis zwei Tagemärsche weiter nach 
Norden hinauf (heute eine sumpfige Wildniss) ; so 
weit war Gotamo auf der letzten Wanderung nicht 
mehr vorgedrungen : ohne Zweifel mit Vorbedacht. 


250 



^ Channo war ein Streitbold, aus dem Vinayo als 
ein zorniger Quaerulant nachweisbar und nicht zu 
verwechseln mit jenem anderen Channo der Mitt- 
leren Sammlung, 144. Rede, der durch Freitod endete, 
vitam evasit. Die geistliche Strafe soll, wie Culla- 
V a g g o XI i. f. berichtet wird, den Störenfried be- 
kehrt haben. 

^3 Zu diesem Erschauern und Erzittern cf. das Ende 
von No. 1 der Längeren Sammlung : »Während aber 
diese Darlegung stattgefunden hatte, war ein Beben 
durch das tausendfache Weltall gegangen.« Ein 
solches Beben der Welt ist demnach geistig aufzu- 
fassen ; ergriffen, fühlt sie tief das Ungeheure : wie 
man mit Faust sagen könnte. Es sollte damit nicht 
mehr und nicht weniger angedeutet sein, als dass 
der Gedanke des Menschen, d. i. hier die Macht des 
Vollendeten, über alle Sonnen und Himmel hinaus- 
reichen und das Unmögliche möglich machen kann : 
daher das Erschauern und Erschaudern der ganzen 
Natur, gleichsam in einer Katharsis. Diese Ansicht 
entspricht der zarten, feinen, verinnigten Naturan- 
schauung der alten Inder vollkommen ; erst spätere 
Ausleger haben dann, zumal bei den barbarischen 
Nachbarvölkern im Westen, wie aus so vielem 



anderen auch hier aus dem ahnenden Erdeheben ein 
quid pro quo, d. h. ein plumpes Schüttelrüttelbeben 
gemacht, welch letzteres denn auch richtig wahl- 
verwandt von den christlichen Evangelisten vorge- 
schoben wurde : ihnen kam es allein auf die rohe, 
schreckhafte Wirkung der widerwärtigen, grässlichen 
Folgeerscheinungen an, während bei unserem Er- 
zittern der Weltseele freilich nicht die leiseste Spur 
einer derartigen Angabe sich entdecken lässt. Ja das 
Mahävastu fügt noch ausdrücklich hinzu, I 207, 
II 10, dass dabei keinerlei Wesen, ob nun ortwech- 
selnd oder ortbeharrend, wie Pflanzen usw., irgend 
verstört werde, sie alle nur sanft, heiter, herrlich 
entzückt und beglückt seien, bei jenen so ganz anders 
als auf gewöhnliche Weise welterschütternden Er- 
eignissen. In der bildenden Kunst, die ein solches 
Beben natürlich nicht veranschaulichen kann, hat 
man dafür die Theilnahme der ganzen belebten 
Welt zu schildern versucht, namentlich später in 
China und Japan, wo fein ausgeführte Gemälde die 
huldigenden Götter, Menschen und Thiere zeigen, 
alles was da lebt und athmet, kriecht und fliegt, wilde 
und zahme Wesen, und sie insgesammt zur Bahre 
des Meisters heranströmen, um ihn noch einmal zu 

252 



schauen, klar bewusst oder in dunklem Instinkte zu 
preisen, dass er auch ihnen zum Heil erschienen 
ist. Weitere Bemerkungen bei De Lorenzo, India 
e Buddhismo antico, 2^ ediz. Bari 1911, p. 92/93* 
Zuständige Geister mögen noch prüfen, ob hier nicht 
etwa auch jenes Beben mit erwähnt werden darf, das 
gegen Ende des vierten Satzes der Neunten Sym- 
phonie, nach der bangen, schmerzlich ergreifenden 
Spannung, bei der Frage »Ahnest du den Schöpfer, 
Welt? — Über Sternen muss er wohnen«, von 
einem staccato pianissimo begleitet bis zum forte 
anschwillt und bei der verminderten Dezime, in ein 
tremolo-staccato verebbend, sich verliert: der tief- 
innige Schauer, der in dieser Ode an die Freude über 
alle Himmel hinausgezuckt ist, lässt da, wie mir 
scheint, mit ganz unvergleichlicher Kraft die schöpfe- 
rische Beschwichtigung und allversöhnende Auf- 
lösung in solchem Erbeben anklingen. — Dagegen 
sind die oben S. 81 zuerst beigebrachten zwei Erd- 
erschütterungen allerdings gewöhnliche postume 
Beben, ein »unleidlicher Verdruss« vonseiten eines 
gewaltigen Gottes oder polternden Seismos. 

^ Erscheinung, Unterscheidung, sankhäro, von 
samskar== zusammenstellen, ist wörtlich Synthesis, 


^55 



nämlich der Wahrnehmung, sahnä, die an sich 
nur Sinnesempfindung, aber keine Synthesis der 
Apperzeption giebt: daher ist sankhäro als das 
vermittelnde Glied zwischen der Wahrnehmung, 
sahnä, und dem Bewusstsein, v ihn an am, schlech- 
terdings die Unterscheidung, und zwar das aus der 
Waihrnehmung erst hervorgehende Zusammenfassen 
der Merkmale, ihr Eindruck (cf. sankhäro = väsa“ 
nä), der alsbald in Bewusstsein übergeht. Im weiteren 
Sinne, wie oben, ist dann sankhäro, pl. sankhärä, 
so viel als Erscheinung überhaupt, d. i. jede irgend 
mögliche Vorstellung eines Objekts für ein Subjekt. 
Näheres noch in meiner Buddhistischen Anthologie, 
Leiden 1892, p. XXIII— XXV. 

^ adutiyo mit S, wie oben S. 1 64. Er wollte 
keinen Begleiter. 

^ Diese Botschaft hat Änando, nach unserer Zeit- 
rechnung, am Morgen des 14. Oktober 483 v. Chr. den 
Mallem überbracht ; wenn nämlich die sehr wohl 
möglichen astronomischen Berechnungen zutreffen, 
die Fleet mit großem Scharfsinn in Gemeinschaft 
anderer Forscher aufgestellt hat, J. R. A. S. 1909 
p. 1 — 34, namentlich p. 22; das Ereigniss selbst hätte 
demnach in der vollen Mondnacht des 13. Oktober, 


354 



in der Kärttifci rätri, stattgefunden. Die Lotus- 
ziegel um die Aschenurne, vom Grunde der Kuppel- 
male hei Nigliva (Letzte Tage ^ T. IV), deuten nach 
der Art Asokos, mit unverkennbar zarter Innigkeit, 
auf jene Mondnacht zurück, da Kärttiki = Kau- 
mud i, das ist : die volle Mondnacht der Oktoberlotus- 
blüthe; nebenbei die schönste des Jahres, vergl. 
Mittl. Samml. III 183. 

Der Leichenzug durch das nördliche Thor gilt 
für Todte aus der Kriegerkaste : dies hatten die Maller 
nicht beachtet, daher sie an diese alte Sitte — die 
übrigens noch heute eingehalten wird — zu erinnern 
waren. Der Westen ist dem Priester, der Osten dem 
Bürger, der Süden dem Bauer bestimmt. Vergl. 
Colebrooke, On the Religious Ceremonies of the 
Hindus, Miscellaneous Essays ist ed. 1 157. — Die 
richtige namentliche Überlieferung des Platzes ist 
uns durch ein Siegel gewährleistet, von dem ein 
Thonabdruck 1 go6 bei den Ausgrabungen um Kasiä, 
eben in unserem Landgebiet oben, gefunden wurde. 
Vogel hat im Journal of the Royal Asiatic Society 
^907 P* 365 L eine ausgezeichnet gelungene Photo- 
typie davon und zugleich von dem anderen, in der 
34* Anm. erwähnten, gegeben und die Inschrift er- 


»55 



klärt. Das Siegel ist oval, 5 ; 3 cm ; im Mittelfelde 
sieht man auf einem Scheiterhaufen die Truhe in 
Form eines umrahmten Rechtecks: von der oberen 
Kante steigen sieben mächtige Feuergarben empor, 
während an beiden Seiten des Holzstoßes je eine 
sitzende Gestalt mit edlen feinen Zügen noch erkenn- 
bar ist ; darunter steht in Schriftzeichen von etwa 
400 n. Chr. S rimakut ab andhe samgha[h], 
»Die Jüngerschaft am Hochgiebeldamm«. Solche 
Siegel wurden vielfach als Briefverschluss damals ge- 
braucht und vom Kloster, das also am Giebeldamm 
zur Erinnerung errichtet worden war, auf diese 
Weise nach auswärts und so auch nach dem nahen 
Kasiä gesandt, wo der Abdruck jetzt, mit über 500 
anderen, wieder zutage kam. Fleets Meinung, im 
Bande R. A. S. 1906 p. 160, Makutabandhanam 
sei der Krönungstempel der Maller gewesen, ist un- 
haltbar, weil in einem Tempel kein Scheiterhaufen 
verbrannt werden konnte, zumal ein solcher von 
55 m Höhe, wie der Kommentar angiebt : es muss ein 
weiter offener Platz gewesen sein, wie dies durch die 
näheren Angaben unseres Textes, ja schon durch die 
Kennzeichnung alscetiyam (siehe Anmerkung 24) 
sichergestellt ist. Das Siegel beweist, dass der Ort 

»56 



noch etwa 900 Jahre später in lebendigem Anden- 
ken war. Auch I-tsing, der bekannte chinesische 
Forscher, liat ihn Ende des siebenten Jahrhunderts 
n. Chr. aufgesucht und darüber berichtet. Spätere, 
ebenda gefundene Siegel, die noch 200 Jahre weiter 
lierabreichen, weisen inschriftlich nur mehr all- 
gemeiner auf die Stätte der Erlöschung hin. Uass 
übrigens der Orden zu einer Zeit, wo man sich 
hriefe schrieb und sic mit eleganten Siegeln ver- 
scliloss, nicht mehr der Schatten von einst war, ver- 
steht sich : dem Archäologen ist aber dieser Wech- 
sel der Sitten sehr zustatten gekommen. 

Der Gedanke, auf solche Weise ein sichtbares 
\Vahrzeichen für das Volk zu errichten, von Änando 
hier den Maliern treulich vermeldet, ist später über 
ganz Indien verwirklicht worden und viele Jahr- 
hunderte in Geltung geblieben. Zu dieser zwar nur 
äußerlichen, aber nicht ganz zu verachtenden Be- 
glaubigung unserer alten Texte hat der gründliche 
Kenner der indischen Inschriften, Alterthümer und 
Geschichte, R. G. Bhandarkar in Püna, eine klassi- 
sche Arbeit geliefert, in seinem Peep into the Early 
History of India, im XX. Bande des Bombay Brauch 
of the Ro3"al Asiatic Society, 1902. Er zieht darin 


17 l.T 


^57 



die Summe seiner Forschungen, die er ein langes 
Leben hindurch in der glücklichsten Weise bewahrt 
sah, und zeigt uns Schritt um Schritt auf Grund- 
lage der numismatischen und epigraphischen Belege 
und Urkunden, wie Indien von Beginn des zweiten 
vorchristlichen Jalirhunderts bis zum vierten n. Chr. 
ein großes allgemein buddhistisches Reich wurde, 
nachdem ganz Mittelindien, zumal seit Asoko, es 
schon längst geworden wiir. Er sagt da p. 386 ff. : 
»Düring this period it is the religion of Buddha 
alone that has left prominent traces, and was pro- 
fessed by the majority of the people. The vestiges 
of the time are Stupas or hemispherical structures 
purpoiling to contain a relic of Buddha or of saints, 
and monasteries, and temples containing smallcr 
Stupas or Chaityas, These Stupas or Chaityas were 
the objects of worship amongst the Buddhists. And 
wherever thcre is a stupendous Stupa, we find sculp- 
tures representing Buddhistic sacred objects, such 
as the Bodhi or Pippala and other trees under which 
^äkyamuni and the previous Buddhas attained per* 
fection, wheels representing, metaphorically, the 
Dh armachakra, orwheel of righteousness, which 
Buddha turned, and so forth. — Now, the remains 


358 



of Vihäras, Chaityagrihas, and Stupas are found in 
all parts of the country, including Afghanistan.« 
Er bespricht mm die großartigen Baudenkmale von 
Barähat und Sähci, 5. Jahrh. v. Chr., die F'eJsen- 
tempel im Mahärästram, 1. Jahrh. v. Chr., die herr- 
lichen Grotten von Karle, Näsik — denen man 
auch die kürzlich von Zugmayer entdeckten paar 
hundert buddhistischenb'elsengrotten und -Kammern 
am Gondrani-Pass, 17 km NW von Bela in Belu- 
tschistan, würdig anreihen darf, cf. Petermanns 
Geogr. Mitteilungen 1911 (H) Tafel 12/13 — 
kommt dann zum Schlüsse; »The period that 
we have been speaking of has left no trace of a 
biiilding or sculpture devoted to tlie use of the 
Brahmanic religion. Of course, Brahmanism existed, 
and it was probably, during the period, being deve- 
loped into the form which it assumed in later 
times. — But the religion certainly does not occupy 
a prominent position, and Buddhism was followed 
by the large mass of the people from princes down 
to the humble workman. Another peculiarity of 
the period was the use of the Päli or the current 
Präkrit language in inscriptions. Even the Brahma- 
nie inscription at Nänäghät and those in the south 


17 * 


259 



just noticed are composed in this dialect.« Das Er- 
gebniss der Untersuchungen des weitschaucndcn 
einheimischen Gelehrten, die Rhys Davids in seinem 
Buddhist India, London 1905 p. 150, mit Recht 
strikingly suggestive nennt, ist mir umso erfreu- 
licher als es, sogar mit gleichen Worten, bestätigt, 
was ich einige Jahre früher schon, in der V orrede zum 
zweiten Bande der Mittlei*en Sammlung (1. Aufl.) 
p. XII — Xltt dargelegt hatte, auf anderen Wegen 
wandernd, mehr im iiordöstllchen Indien bekannt, 
und den Blick bis auf die letzterreichbaren buddhi- 
stischen Denkmale einer noch tausend Jahre spä- 
teren Zeit gerichtet ; so dass nun der Kreis der 
historischen Betrachtung wohlgeschlossen sich zeigt, 
immer gemäfl der Maxime Gopal Bhandarkars 
»Nothing but dry truthsX, und eben also zur »er- 
liuhtunge der inwendigen ougen« geeignet. 

Dieser alte Subhaddo ist von dem früher, gegen 
Ende des fünften Berichtes, erwähnten Namens- 
vetter wohl zu unterscheiden. Subhaddo — Felix, 
Makarios, Fortunato, Bonaveiitura, gern gegebener 
Name. 

Alle diese Szenen vom Tode des Meisters: das 
Sterbelager mit den trauernden Göttern und Meir 



schell, die Umhüllung des Leichnams mit den 
'J uchbinden, die Bestattung in der ehernen Truhe, 
die huldigenden Mallfn% die Ankunft Kassapos, die 
Verbrennung auf dem Scheiterhaufen, die Über- 
führung nach Kusinärä durch das Stadtthor, die 
liihrenwache bei den Überresten; ferner sodann 
die Vertheilung der Reliquien in acht Urnen, der 
Abzug der Fürsten und die Errichtung der Kuppel- 
niale: alle diese Vorgänge sind uns in einer Fülle 
verschiedenartiger künstlerischer Gestaltung und 
Ausgestaltung auf den Reliefen von den nördlichen 
Stüpäs, zumal aus dem Gebiete um Peschawar, in 
zahllosen Darstellungen aus dem ersten Jahrhundert 
vor Christus noch leidlich erhalten, wenn auch frei- 
lich nur in fragmentarischem Zustande. Die besten 
Phototypien und Erläuterungen hat uns der reich- 
versorgte Forscher und Reisende Foucher gegeben, 
in seinem grundlegenden Werke L’art greco-boud- 
dhique du Gandhära, tome i«»-, Paris 1905, p. 554 
bis 599. 

Aus dem Fürstengeschlecht der Morier, 
Samskrt: Mauryas, ist später Candagutto, 
Candr agupt a s, der Sandrakottos des Mega- 
sthenes, hervorgegangen, ein glänzender Imperator, 


2bl 



der die griechischen Herrscher aus Indien vertrieb 
und ein mächtiges einheitliches Reich mit der 
Hauptstadt Pätaliputtam schuf ; sein noch berühm- 
terer Enkel ist unser Asoko gewesen. Auch die 
Morier betrachteten sich als »sonnenverwandt«, 
zum Sonnengeschlechte gehörig, gleichwie die 
Sakyer und noch andere Fürsten. Asoko war dem- 
nach mit Gotamo auch genealogisch verbunden, 
nach vedischem Wappen. 

Dieses Kuppelmal stand auf der Felsenburg 
bei Räjagaham, dem Giribbajam, und dürfte später 
zumal von Asoko verehrt worden sein ; wie Fleet 
im Journal Royal Asiatic Society 1907 p. 359 — 363, 
gestützt auf chinesische Reiseberichte, vortrefflich 
nachweist. Da der Islam südlich vom Ganges am 
schlimmsten gehaust hat, ist uns auf diesem Ge- 
biete keine dergleichen epigi*aphische Kunde er- 
halten geblieben, doch Spuren. 

53 Von Hiuen-tsiang besucht : Fleet 1 . c. p. 358 f. ; 
cf. Anm. 55. 

5 ^ Bei Piprävä im Januar 1898 aufgefunden: 
vergl. oben Anmerkimg 41. Die Inschrift um die 
kleine Aschenurne, worin sich der Antheil der 
Sakyer an den Überresten befand, lautet: 

262 



iyam salilanidhane budhasa bhagavato (1) 
sakiyanam sukiti bhatinam sabhaginikanam 

saputadalanam (II) 

Das ist ein Leichenschrein des Erwachten, 

Erhabenen : 

Der Sakyer Stiftung, der Brüder mit Schwestern, 
mit Kindern und Frauen. 

Fleets wiederholter Versuch, im Journal of the 
Royal Asiatic Society 1906 und 1907, die Inschrift 
auf die Familienangehörigen, die sich hier selber 
ein Denkmal gesetzt hätten, zu beziehn, ist be- 
dauerlich verfehlt, schon dai'um, weil der klare 
Wortlaut eine solche Deutung ausschließt, da er ja 
nicht, wie Fleet gethan, willkürlich zerrissen und 
verstellt werden darf ; dann aber, weil die Inder 
durchaus keinerlei Familiengräber kannten, am 
allerwenigsten aber ein Kuppelmal dazu verwendet 
hätten, insofern ein solches Denkmal stets nur 
einem einzigen großen Manne gewidmet wurde, sei 
er nun ein Welteroberer oder ein Weltüberwinder 
gewesen; und endlich noch, aus einem an sich 
schon augenfälligen Grunde, weil nämlich die 
spärliche handvoll Staubreste, die da in Piprävä 



vorgefunden wurde, zu dem in unserem Bericht 
oben angegebenen achten Theil wohl vollkommen 
passt, keineswegs jedoch als Leichenrest aus einer 
b'amiliengruft von mindestens dreißig Fürsten mit 
Schwestern, Frauen und Kindern je auch nur ent- 
fernt gelten könnte. 

Von Fa-hian auf seiner Reise um 599 — 414 
gesehn, desgleichen noch von lliuen-tsiang um 
630 — 644: cf. Fleet 1. c. 350 f. und 1906 p. 902. 
Der Thurm, wie die Chinesen das Denkmal nennen, 
war zwischen Kusinärä und Kapilavatthu gelegen, 
also ganz oben an der Gränze von Nepal, bei 
Rämagämo. 

Durch Hiuen-tsiang bestätigt : Fleet 1. c. 1 907 

p- 355— 558- 

Auch dieses Kuppelmal wurde noch beiden 
chinesischen Reisenden gezeigt, Fleet 1. c. 1906 
p. 900, 1907 p. 350. 

5® Die prächtige Feuerbestattung auf dem thurm- 
hohen kostbar geschmückten Scheiterhaufen, die 
Beisetzung in der Urne, Errichtung des Grabmals 
als Wahrzeichen bis zu fernen Geschlechtern war 
bekanntlich bei den römischen Caesaren ebenso der 
Brauch ; gleichwie bei Alexander, der in Indien so- 



gar seinen Freunden, dem Demaratos, liephaistion 
und auch dem Asketen Kalaiios, die selbe Todten- 
feier bereitet hatte : und schon die Ilias führt uns 
zweimal ein solches Schauspiel vor, genau wie bei 
uns oben, Mitte des vorletzten und Ende des letzten 
(lesanges, als Erbtheil aus der Hünengräber- und 
Dolrnenzeit. Beiweitem das schönste Kuppelmal, 
das ich gesehen habe, ist der SähcithÜpo bei ßhilsa, 
an der südlichen Clränze von Mittelindien, in seiner 
ächten altindischen Kunst heute noch theil weise 
erhalten, vor allem aber durch die anniuthige 
Lage ausgezeichnet, am Gipfel eines Hügels, mit 
dem Rundblick über die stille blühende Landschaft, 
einer Aussicht bis zu den letzten sanften Halden 
und Gefilden am Horizont, die schimmernden Auen 
und Wälder ringsum beherrschend: hier merkt 
man bald, das ist Indien, das große weite Indien, 
und doch erscheint die Gegend wie wohlbekannt, 
wie heimathlich vertraut und lieb. Vergl. Mittlere 
Sammlung II Anm. 163. 

Unsere Kuppeln und KircheJi sind, wie inan 
längst weiß, eben daher auf dem Wege der alt- 
byzantinischen Kapellen Armeniens, die den bud- 
dhistischen Kuppelmalen der Gestalt nacli vollkom- 



men gleichen, zu Plan und Aufbau gelangt. Dies 
hatte bereits der Nestor der Indologie, Albrecht 
Weber, in einem Vortrag 1856 ausgesprochen, in 
seinen Indischen Skizzen, Berlin 1857, S. 58. Als 
jüngster Ausläufer eines Kuppelmals zum Geden- 
ken an den Cakkavatti oder Welteroberer grüßt 
der Dom von der Seine her, mit den Resten 
Napoleons, 

Candidus accenso qua redit orbe dies. 



REGISTER 




i-stp:llenlesr 


Acht Arien von Mensclien 
5 “ 

Alter 107 

Anders werden 105,158, 187 
Asketenstand ij'2 — 1"4 
Auflösung- 19, 185 
AusJiarren 18- 

ßezcugiiisse 1 j 5 

Dasein 25, 4(), 79, 107 
Durchscliauung- 105 
Durst 15, 46 

Eifrige Übung 69, 145 
Die vier Pfeiler der Einsicht 
28, 68 

Elend 19 

Ende machen 49, 108 
Erbarmen 105 — 106 
Erlösung 48 
Erwachte 48, 159 
Erwachung 28, 50, 55, 150, 
182 


Die sieben Erweckungen 

18, 28 

Farben 88 — 90 
Fesseln 50 
Fördernisse 55 — 55 
l 'ormen 90 
1 reiheil 1 1 1 

Geburt 46, 105, 108, 176 
Gespenst erreich 55 
Gränzenlos 91 
Gute J^älirle 151 

Eigenes Heil 152 
Heiligste Stätte der Well 32 
Hörerschaft 49, 181 

Xämpfen 106, 156, 182 
Die vier gewaltigen Kämpfe 
1 ob 

Klar 54; 64 
Kraft b.j, 



Lange Laufbahn 44, 110 
Leiden 44 

Leidensversiegiing 21 
Leuchte 67 
Löwenruf 24 

Nicht genügen lassen 16 
Nicht unvollkommen 2 
Nichtwissen 112 
Noch bei Lebzeiten 176 

Der gerade Pfad 75, 145 

Restlos rein 136, 150 
Ruhe 185 

Schauung 182 
Schön und unschön 87 
Selten 147, 168 
Spiegel der Lehre 51 

Thierheit 51 
Tod 107 

Tugend 34—35; 62, uif., 
11< 

Unermüdlich 106, 182 


Unvergessbare Dinge 

12 — 21 

Vergänglichkeit 19, 149, 189 
Verstehn und Nicht^rstehn 
172 

Verstorben 50 f. 

Vertiefung 68 ; 1 1 1 f. ; 119 
Vertraut 52 

Der Vollendete 67 ; 82 — 85 ; 

95, 106, 147; 185 f. 

Walin 22, 158 
Die vier heiligen Wahr- 
heiten 44 

Der lieilige achtfältige W eg 
106, 172 

Weiber 151 

In Weisheit ausgediehen 54 
Wiedersein 46, 111 
Wirren Geistes 55 
Wogen 43 
Wohlsein 67, 141 

^Zeitlos 52 
Das höchste Ziel 176 
Zuversicht 52 


270 



II -GLEICHNISSE 


Der Arni 45 
Die Faust 66 
Die Grä^zburg 27 
Die Hanfblüthe 88 
Der Karren 67 
Die Lampe 186 
Das Licht 1 54, 1 74 
Der Löwe 143 
Die Malveiirose 89 


Der Mond 157 
Der Morgenstern 90 
Most 65 
Die Mutter 41 
Das Panzerhemd 79 
Der Seidenstoff 88 
Sesamöl 203 
Töpferwaare 107 
Die Zimmtblüthe 88 


III- ORDENSZUCHT 


Kleidung 
Zeitig gerüstet 61 
Gewand und Almosen- 
schaale 55 

^Jährling 
Almosengaiig 70 
Brocken vertheilen 20 
Zur Mahlzeit geladen 59, 
57 » 121 

Aufenthalt 
Freundliche Orte 64 
Klause 65 


Aufentlialt 

Schutzhaus 156 
Leeres Gemach 36 
Scheune 151 
Waldige Öde 15 
Garten 61 

Schlaf 

Keine Freude am 
Schlafen 15 

Umgang 

Sprechen und Schweigen 56 
Liebevoll 20, 158 


271 



Umgang 

Ziisamnienkiaift 12 
Ansprache 178 
Ohne Zank und Streit 175 
Tiefer Frieden 155 

Die Salzung 
Vortrag 160 

Sorgfältig zu merken 1 15 
Gut erfassbar 75 
Zeitlos 52 

Jedem zugänglich 78 
Dem überlieferten Regel- 
pfade getreu 1 5 
Kein Innen und kein 
Außen 66 

ZweifeloderBedenkeii 181 

Der Tugendpfad 12 — 21 
Aus freiem Entschlüsse 6 
Unser Gebot 54 f. 

Die eigene Meist erschafl 
erwerben 75 


Der Tugendpfad 

Im Rechten verbleiben 1 75 
Die minderen Verord- 
nungen 179 ^ 

Die Jüngerschaft 

Eine zahlreiche 54, 65, 1 57 
Fünfhundert Mönclie 

181, 198, 20"^ 
Ordensweihe 176 
Vier Monate 175 
'Wohl vertraut 52 
Hüter der Ijchre 75 
iüUirer des Ordens 1 5 
Geist gewaltige Mönche 

Der heilige Jünger 53 
Auch einer der Heiligen 177 

Manche \ cränderlichkeit j 75 
Die geistliche Strafe 179 
Der greise Pilger 200 

Nonnen 76, 145, 160 


IV- ANHÄNGER 


Besuch 50, 159 
Gruß 59, 167 

272 


Beitritt 134 
Speisung 40 



Bedienung 40 
Gespräcli 57, 85, 155 
Namenstiftung 42 
Gabe 6^ 135 
MitgeliS)t 41 


P'ördernisse des Tüchtigen 55 
Hobe Begeisterung 133 
Heiter geworden 151, 154, 197 
Freundlich ergeben 162 
Freude 160 


V-GOTAMO 


Der Meister der Götter und 
Menschen 52 
Das Auge der Welt 148, 
165 

Vollkommen auf erwacht 
92 

Weislhum 25 
Der Leiden Tilger 1 1 1 
Des Erhabenen Sprache 
114 

Die höchste Ehre 145 

Selten doch nur 167 
Die vier Stätten 149 

Vom Kriegerstamme 

205 — 208 
Geburt des Erwachsamen 
82 


Der Meister der Götter imd 
Menschen 

Auferwacliung des Voll- 
endeten 82 

Des Bösen Anliegen 92 
Darstellung des Reichs 
der Walirheit 83 
Zum Nutzen, Wohle und 
Heile 105 

Der Asket Gotamo 199 

Im dreißigsten Jalire 175 
Im achtzigsten Jahre 67 
Fünfzig Jahre Pilger- 
schaft 175 

Der Elephantenblick 109 
Wie der Löwe gelegen 143 
Überklar wie Mondes- 
schimmer 137 


18 LT 


^273 



Der Meister der Götter und 
Menschen 

Der letzte Almosenbissen 

159 

Der klare Bach 1 26 
Bad und Trunk 159 

Entlassen des Dauerge- 
dankens 79, 85 
Nahestehende 64, 146, 

159 

Krankheit 64, 124 
Das letzte Wort 182 
Erlöschung 84, 184 


Der Meister der Götter und 
Menschen 

Klage der Götter und 
Menschen 187-— 188 
Huldigung der trÖtter 
und Menschen 195 
Blüthenschauer 143 

Leichenfeier 192 f. 
Beisetzung 197 f. 
Verbrennung 203 f. 
Ehren wacht 204 f. 
Vertheilung der Aschen- 
reste 209 


VI-VOLK UND SITTE 


Die vier Stände 

Krieger 35, 84, 152, 160 
Der Kaiserkönig 152, 
156, i6of. 

Der König 1 
Schirmherren 8 
Marschälle 1, 41 
Edelfrauen 7 
Das Herrenhaus 164, 

190, 204 


Die vier Stände 

Priester 33, 84, 152, 161 
Bürger 33, 84, 152, 161 
Das Gemeindehaus 30 
Bauern 131 

Die vier Versammlungen 
35, 84, 161 
Überlieferte alte Satzung 5 
Die Bejahrten im Lande 6 
Rühmliche Nachrede 34 


274 



Altarstätten 7 
Burgbau 56 — 57 
Kuppelmal 155, 205—212 
Kraijj, Blume, Sandei, 
Gruß 197 

Kleidung und Schmuck 57 f. 
Über den Scheitel gebadet 
193, 201 

Der goldfarbene Schleier 

154 

Wagen 3, 57 
Matten 50, 70 
Fuß Waschung 51 
Große Städte 162 
Steuern und Einnahmen 59 
Zehnfaches Lärmen 165 
Musikspiel 192 
Zehn Weltgegenden 147 
Altehrwürdiges Gebiet, 
Handelsstraßen 39 
Die Karawane 1 28 
Die Meile 162 

Erde, Wasser und Wind 81 
Gewittersturm 131 
Erzittern der Erde 80, 185, 
Anm. 43 


Meister und Altmeister 167 
Häupter der Schulen, ge- 
feierte Bahnbrecher 171 f. 
Büßer und Büßergefolge 

159 

Nackter Büßer i98f. 
Machtvoller Priester 81 
Asketen 33, 84, 101 

Kälidäsas Anm. 37, Anm. 40 

SAGE 

Sinnliche Götter 84 
Im Geiste bemerkt 148, 
188 

Tausende von Gott- 
heiten 56 

Spitze eines Haares 1 47 
Gottheiten im Raume 
148 

Gottheiten auf der 
Erde 148 

Ein hochmächtiger 
Gott 81 

Korallenbaumblüthen 

195 

Himmlischer Tanz imd 
Gesang 144, 195 


18^ 


275 



Sinnliche Götter 
Die Götter der vier 
Gegenden 84 
Aufseufzen 148 
Absicht 195, 201 

Die Dreiundreißig Götter 
37 ’ 59 

Alakamandä die Gei- 
sterstadt 165 


Sinnliche Götter 

Sakko der Götterkönig 
57, 185 

Sälige Gestalt 83#- 

Heilige Götter 84 
Gottheiten von Verlangen 
genesen 149, 189 
Brahma der Mächtige 
Herr 185 


VII- EIGENNAMEN 

I- PERSONEN 


Ajätasattu 1, 205, 210 
Ajito Kesakambalo 171 
Anuruddho 185, 186 
AmbapSli 56 
Änando 4, 158 
Äläro Kälämo 127 

Upaväno 145 

Kakudho 48 
Katissaho 48 
Kassapo, Mahäo 198 
Käralimbho 48 

376 


Kojiyer 207 

Gotamo 5, 168 

Cundako 158 
Cimdo 120, 159 

Channo 179 

Tut^o 48 

Thulier 206 
Doii.0 208 



Nandä 48 
Nikato 48 

Nigantlio Näthaputto ij2 

Pakiidho Kaccä>'ano 171 
Pukkuso 127 — 155 
Pürano Kassapo 1 7 1 

Bhato 48 

Makkhali Gosälo 17 t 
Maller 127, 164, 201 ff. 
Märo Anm. 18, p. 74, 92 
Morier 209, 212 

Ijicchavier 57, 205 

^’aijmcr 1 


Vassakäro 1, 56 
Väsetther 164 
Die Videherin 1, 205 
Vethadlpo 207 

Sakko 57 

Sakyer 206, 21 1 

Sanjayo Belattliaputlo 171 

Santiittlio 48 

Salho 48 

Säriput.to 24 

Sujätä 48 

Siidatto 48 

Sunldho 56 

Subhato 48 

Subhaddo (1) 167 — 177 
Siibhaddo (2) 200 


II -ÖRTER 


Allakappam 206 
Atumä 151 

Änandiden-Denkmal 115, 

119 

Alakarnandä 165 

Udener Park 71 
Uruvclä 92 

Kakudhä 157 


Kapilavatthu 206 
Kusävati 162 

Kusinära 124, 142, 162, 211 
Koti 44 
Kosambl 162 

Ganges 42 

Gotamidcn- Garten 71 
Gotamo-Fuxth 42 
Gotamo-Thorvveg 42 


277 



Camps 162 

Jivakos Mangoliain 100 

Tapodo-Aue 100 

Nädikä 47 
NälandS 23 
Neranjarä 92 

Pätali 29 
Pätaliputtam 39 
Pävä 24, 120, 208 
Päväler Baumfriedeii 70 
Pipphalivanam 209, 212 

Bilva-Weiler 63 
Benares 162 

Bhandagämo, Krämerdorf 
109 

Bhoger-Burg 112 
Magadhä 1 

Maller-Kronbavimwald 137, 
142 

Räjagaliam 1, 100, 162 
Rämagämo 207 

Vesäli 9, 54, 71, 109, 205 

Sarandada 9 

278 


Saketam 162 
Sävatthl 162 

HiraSnavati 142 

Der Hain der Ambapäll 56, 

62 

Der Bambuspark 100 
Der Brockenstein 100 
Elephantendorf 112 
Der Feigenbaum im Hirten- 
hain 112 

Der Feigenbaum der 
Ziegenhirten 92 
Der Geierkulm 1, 100 
Der Große Wald 105 
Die Halle der Einsiedelei 
105 

Der Hügel der Eich- 
hörnchen 100 
Der Giebeldamm 195 
Der Kühle Wald 100 
Mangodorf 112 
Mangohag 22 
Mango wald 24 
Das königliche Rasthaus 25 
Der Räubersprung 100 
Rosenapfeldorf 112 
Der Schlangenweiher 100 



Der Schwarze Fels loo Die Steinerne Einsiedelei 47 

Der Seherschlund 100 Die Stromgabel 59 

Die Siebenblätterlaubgrotte Der Vielblätterlaubhügel 71 

100 Der Wildgarten ober dem 

Der Sieb?nmangohain 71 Engpass 100 




INHALT 

^VORBEMERKUNG VH 

VORREDE Xm 

ZUR E R L Ö S C H U N 

ERSTER BERICHT i 

ZWEITER BERICHT 44. 

DRITTER BERICHT 70 

VIERTER BERICHT 109 

FÜNFTER BERICHT 142 

SECHSTER BERICHT 178 

ANMERKUNGEN 213 

REGISTER 2G7 

AUSSPRACHE 
DER PALI-WORTE: 


a, i, u, e, o sind lang, c wie tsch^ j wie dsch, v 
wie y wie;, h auch in Konsonant verbin düng 
hörbar tu sprechen. 




VON diesj:r vorzugsalsgabe wurden 

IIUNDERTFÜNFZ I G HANDSCHRIFTLICH 
numerierte EXEMPLARE AUF VAN 
GELIiER-BÜTTEN BET DER WALDIIEIM* 
EBERLE A G. IN WIEN UNTER DER LEITUNG 
VON JUSTINIAN FRISCH GEDRUCKT UND 
VON JOSEF BORDERAUX IN WIEN GEBUNDEN. 
DIESES EXEMPLAR TRÄGT DTE NUMMER: